LEXIKA
AUS: Austerlitz
AW: Die Ausgewanderten
BU: Beschreibung des Unglücks
CS: Campo Santo
LL: Logis in einem Landhaus
LK: Luftkrieg und Literatur
LW: Über das Land und das Wasser
NN: Nach der Natur
RS: Die Ringe des Saturn
SG: Schwindel.Gefühle
UH: Unheimliche Heimat
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
wgsebald.de       Lexikon A

Aargletscher [AW 25]
Gletschergruppe in den östlichen Berner Alpen am Finsteraarhorn.



Vier gewaltige Eisströme, die aus den Firnmulden der Finsteraarhorngruppe in den Hintergrund des Haslitals hinabsteigen; Oberaargletscher, dessen Abfluss die Aare bildet, die nach kurzem Lauf den Abfluss des Unteraargletschers aufnimmt. Der letztere Vereinigung zweier höher gelegener Eisströme, die von den Hochtälern am Schreckhorn herabsteigen und unter sich durch den Felsgrat der Lauteraarhörner getrennt, nämlich Lauteraargletscher und Finsteraargletschers, letzterer am Fuß des Finsteraarhorns vorbeiziehend.
Eine von Josef Hugi, Gletscherforscher, auf dem Aargletscher errichtete Hütte, Forschungsstation, verändert ihre Lage von 1827 bis 1830 um 100 m, bis 1836 um 724 m und bis 1842 um 1428 m.


Abel, Wolfgang [SG 154ff]
siehe Gruppe Ludwig


Abendstunde eines Einsiedlers [AW 89]
Erste bdeutende Arbeit Pestalozzis
Der Basler Ratsschreiber Isaak Iselin veröffentlicht das Werk 1780 in seiner ethisch-politischen Zeitschrift "Ephemeriden der Menschheit", nachdem Pestalozzi mit all seinen praktischen Unternehmungen in Landwirtschaft, Kindererziehung und -betreuung kläglich gescheitert ist.
Pestalozzi denkt der Schrift bewußt eine programmatische Funktion zu: "Sie ist Vorrede zu allem, was ich schreiben werde". Tatsächlich sind viele der tragenden Gedanken seiner späteren Werke im Ansatz vorhanden.
Pestalozzi sieht das individuelle und gesellschaftliche Leben des Menschen in fünf konzentrischen Kreisen, drei äußeren und zwei innerern. Der erste und zugleich wichtigste der äußeren Kreise ist die Familie. In den nähesten Lebensverhältnissen des Hauses und der Wohnstube erfährt der einzelne Mensch durch die Auseinandersetzung mit der dinglichen und personalen Umwelt sich selbst; hier entfalten sich seine Kräfte, hier bildet sich echter Wahrheitssinn, und hier findet er Erfüllung seines irdischen Daseins in der liebenden Begegnung mit seinen Angehörigen und durch den "stillen Genuss" des häuslichen Glücks und der inneren Ruhe.
Der nächste Kreis ist das Berufsleben. In der Sorge um das tägliche Brot nimmt der Einzelne Anteil an einem Bereich eines größeren gesellschaftlichen Zusammenhangs, ohne die Verwurzelung im engen Kreis aufzugeben.
Den äußersten Kreis bildet die Gesellschaft, bzw. der Staat. Auch er soll auf den engsten Kreis bezogen bleiben. Er soll nicht nur das häusliche Glück des Einzelnen sichern, er soll selbst eine Familie im Großen verkörpern: Fürst und Untertan sollen wie Vater und Kinder zueinander stehen. Pestalozzi schreibt die "Abendstunde" noch vor den Umwälzungen im Gefolge der Französischen Revolution, aber von der in dieser Schrift von seiner darin sichtbaren politischen Position eines aufgeklärten Absolutismus sollte sich Pestalozzi auch in den folgenden Jahren nur halbherzig lösen.
Der einzelne Mensch steht aber nicht nur im Zentrum dieser drei äußeren Lebenskreise, welche freilich ineinander fließen, sondern er begegnet zwei weiteren "Kreisen" in sich selber. Da ist er vorerst mit einer Welt von Trieben, Bedürfnissen, Instinkten und Anlagen konfrontiert, mit denen er durch die Auseinandersetzung mit den äußeren Kreisen in ein angemessenes Verhältnis kommen muss. Und im Innersten seines Wesens findet der Mensch zuletzt Gott. Darum ist in der Zeit der "Abendstunde" Gott "die nächste Beziehung der Menschheit", und darum darf jeder Mensch seinem "inneren Sinn" als einem "sicheren Leitstern" vertrauen. Der Glaube an Gott und an die Unsterblichkeit sind folglich dem Menschen natürlich, und die Sünde besteht im Nichthören auf die eigene innere Stimme. Der Unglaube ist somit das Unnatürliche.
Die Erziehung muß deshalb danach trachten, den Kindersinn des heranwachsenden Menschen zu erhalten, damit dieser als ein Kind seines Gottes seine künftigen Familien-, Berufs- und Staatspflichten erfüllt. Und insofern sich in der Familie das grundlegende Verhältnis zwischen Vater bzw. Gott und Menschen bzw. Kind widerspiegelt, wird sie zum Modell für den idealen Staat, in welchem der Fürst als Vater seine Regierungspflichten in liebender Verantwortung für seine Untertanen und sein Staatswesen wahrnimmt.
Nun kann der Einzelne allerdings nur dann zur inneren Ruhe kommen und damit zum Segen für seine Mitmenschen werden, wenn seine naturgegebenen Anlagen auf natürlichem Weg zu wahrer Menschenweisheit "emporgebildet" werden. Ausgangspunkte für die Entfaltung der menschlichen Anlagen sind dabei die liebende Beziehung zwischen Mutter und Kind und das konkrete Leben in den nähesten Verhältnissen der Familie. In der Auseinandersetzung mit dem, was dem heranwachsenden Menschen in der erlebten Wirklichkeit begegnet, findet er Wahrheit und bildet sich in ihm Kraft.
Die Schule, die bloß unverwertbares Vielwissen erzeugt, die leere Worthülsen statt Realkenntnisse vermittelt, die jede Einzelerscheinung in starre Systeme preßt und sie dadurch aus ihrem natürlichen Zusammenhang herausreißt, diese Schule führt den Menschen weg vom Weg der Natur und verkünstelt ihn. Was dem Menschen zum Wohle gereicht, ist eine natürliche Entwicklung seiner Möglichkeiten, er vervollkommnet sich in der Erhaltung und Entfaltung seiner Lebenssubstanz und nicht durch schulisches Lernen.
Im Ganzen ist der Grundton der "Abendstunde" optimistisch und wurzelt in Pestalozzis Sicht des Menschen als göttlichem Ebenbild. Das Böse wird hier aber nicht wie in der traditionellen Sicht des Christentums als Ausdruck einer Ur-Schuld oder als Verlockung des Teufels gesehen, sondern als Mangel des Guten, als störender Einfluß auf die natürliche Emporbildung der in der Menschennatur vorhandenen Anlagen. Entsprechend sind auch die pädagogischen Mittel: Wachsen lassen, behüten, ausbilden, nicht hemmen, nicht voreilen. Harmonistische Sicht des Menschen, die einerseits geprägt ist durch Pestalozzis pietistisch beeinflusste Lebenserfahrungen und andererseits durch Aufnahme rousseauschen Gedankenguts.


Abertridwr [AUS 75]



Abschied von den Eltern [CS 137ff]
siehe Peter Weiss


Absenz [LL 131]
veralt. Abwesenheit, im Schweizerischen und Österreichischen noch gebräuchlich


Abwehrreflex [CS 69]
nicht mehr gebräuchlicher Sammelbegriff für Schutzreaktionen von Individuen auf einen äußeren Reiz


acedia cordis [CS 168]
Acedia – (lat.) Faulheit, heißt eines der 7 Hauptlaster des Christentums: Acedia zugleich Trägheit des Herzens (cordis), Trübung des Willens, Verfinsterung des Gemüts und Verlust der Tatkraft. Faul herumzuliegen, Kennzeichen der Trägheit. Auf älteren bildlichen Darstellungen, die Laster der Faulheit anprangern, neben ihrem Pflug eingeschlafene Bauern oder am Spinnrocken eingenickte Frauen


Achatius [NN 9]
auch: Achaz, Akakios, † auf dem Ararat ca. 140
römischer Offizier und christlicher Märtyrer . Einer der vierzehn Nothelfer Dargestellt als Jäger mit einem Hirsch, in dessen Geweih ein Kreuz erscheint, mit glühendem Ofen, mit wilden Tieren. Patron der Förster, Jäger, Tuchhändler, Krämer, Klempner, bei traurigen Familienschicksalen, gegen Insektenplage.


Acheron [CS 129]
Siehe Charon


Achte Luftflotte [RS 54]
8th US Air Force (8. US-Luftflotte, Eighth Air Force, Spitzname „Mighty Eighth“) eine von zwei aktiven Luftflotten (Numbered Air Forces) (NAF) des Air Force Global Strike Command der United States Air Force. Im Zweiten Weltkrieg Teil der US-Luftstreitkräfte auf dem europäischen Kriegsschauplatz.
Unmittelbar nach Kriegseintritt der USA im Januar 1942 Aufstellung der 8. Air Force als Verband der United States Army Air Forces in Savannah, Georgia. Hauptquartier ab Mai High Wycombe, Buckinghamshire, England, wo auch Hauptquartier des RAF Bomber Command. Befehlshaber Generalmajor Carl A. Spaatz.
Den ersten Kampfeinsatz gegen Ziele in Europa fliegen Bomber der 15th Bombardment Group gemeinsam mit britischen Bombern am 4. Juli 1942, das Ziel deutsche Flugplätze in den Niederlanden. Erster Einsatz mit B-17-Bombern am 17. August 1942 gegen den Bahnhof von Rouen.
Im Februar 1944 wird 8th Air Force mit der in Italien stationierten 15th Air Force als United States Strategic Air Forces (USSTAF) zusammengefasst, Befehl übernimmt General Spaatz. Neuer Befehlshaber der 8. Luftflotte Lieutenant General James Harold Doolittle. Die 8th Air Force verfügt Mitte 1944 über rund 2000 schwere Bomber und 1000 Jagdflugzeuge, Personalstärke von über 200.000 Mann. 8th Air Force hat wesentlichen Anteil an der Erringung der Luftherrschaft über Europa und am Sieg der Alliierten über das Deutsche Reich.
Verluste:

  • B-17: 4.754
  • B-24: 2.112
  • P-47: 1.043
  • P-38: 451
  • P-51: 2,201
Insgesamt: 10.561 Maschinen

Wichtige Operationen im Zweiten Weltkrieg:
  • Operation Pointblank: Angriffe auf die deutsche Kriegsindustrie ab Juni 1943 (Tagangriffe der 8. Air Force und Nachtangriffe der RAF)
  • Operation Tidal Wave: Angriff auf die Erdölraffinerien von Ploiesti/Rumänien (1. August 1943)
  • Operation Double Strike: Angriff auf Schweinfurt und Regensburg (17. August 1943)
  • Operation Argument: Angriffe auf Werke der deutschen Flugzeugindustrie im Februar 1944 (siehe Big Week)
  • Operation Crossbow: Angriffe auf V1- und V2 Abschuss- und Produktionsanlagen ab August 1943
  • Operation Clarion: Angriff auf das deutsche Verkehrsnetz im Februar 1945
vgl. weiter
siehe auch Big Week


Adana [AW 201]

Forstsetzung der Route von Ambros und Cosmo: Konstantinopel - Jaffa
(erster Teil siehe Griechenland )


Adirondeck-Gebirge [AW 155]

Adirondack Mountains, Gebirge im NO des US-Bundesstaates New York. Am Ostende die Seen Lake Champlain und Lake George, am Südende Mohawk Valley, im W Black River; Teil des rund 24.000 km² großen Adirondack Park, unter Schutz gestellt.


Adjunkt [NN 43]
veraltete Bezeichnung für Gehilfen von Beamten.


Adler, Hans Günther [AUS 331ff]

1910 - 1988 österr. Schriftsteller, bekannt durch Studien über die Juden im KZ Theresienstadt, Standardwerk
Zusammen mit Frau und deren Eltern Anfang Februar 1942 in das Theresienstädter Ghetto deportiert. Kein einziger von As Angehörigen überlebt die Shoa im Zweiten Weltkrieg. Während der Gefangenschaft nimmt er sich vor, die Lagerwelt umfassend zu schildern. Mitte Oktober 1944 nach Auschwitz überstellt, Ende Oktober 1944 nach Niederorschel (Außenkommando des KZs Buchenwald), Mitte Februar 1945 in KZ Langenstein-Zwieberge, Mitte April 1945 befreit.
Nach dem Krieg Sozialarbeiter für jüdische und deutsche Kriegswaisen, untergebracht in konfiszierten Schlössern deutscher Adeliger in Böhmen. 1947 Flucht nach England, London. 1973 bis 1985 Präsident des P.E.N.-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland.
Werk: Theresienstadt. 1941-1945, siehe
Zitate







Adlernebel [AUS 167f]
Emissionsnebel, aus dem sich offener Sternhaufen bildet. Hauptsächlich aus Wasserstoff, 20 Lichtjahre groß, enthält Staubsäulen, bis zu 9,5 Lichtjahre lang, an ihrer Spitze neue Sterne, weshalb sie Pillars of Creation (Säulen der Schöpfung) heißen. Mittleres Alter der Sterne etwa 800.000 Jahre, jüngste Sterne 50.000 Jahre, also sehr jung. 1995 Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops, offenbaren faszinierende Strukturen. Erstmals detaillierte Einblicke in die Entstehungsprozesse von Sternen, aus diesem Blickwinkel nie zuvor beobachtet. Säulen ähneln von der Struktur her Greifvogel im Sturzflug, daher der Name



Adriaanszoon, Adriaan [RS 22]
+ Amsterdam 1632 alias Aris Kindt, gehenkter Räuber. Rembrandts Bild "Anatomievorlesung des Dr. Tulp" stellt Obduktion dar.


Adventsaltar [AW 53]
Advent (von lat.: adventus „Ankunft“) Vorbereitung der Christenheit auf das Fest der Geburt Christi. Damit beginnt in den katholischen Kirchen das Kirchenjahr . Liturgische Farbe der Adventszeit violett (lila Adventsaltar)


Aegidius [NN 9]
* Athen 7. Jht † Saint Gilles
Einsiedler in der Provençe, gründete Kloster an der Rhonemündung (Saint-Gilles), Abt .
Einer der vierzehn Nothelfer


Ägypten [NN 99]

Staat im nordöstlichen Afrika, über 80 Millionen Einw, hat als interkontinentaler Staat Landbrücke vom größeren afrikanischen Teil nach Asien, die Sinai-Halbinsel, allgemein zum asiatischen Kontinent gezählt
Kartenauschnitt: Alexanderschlacht Aldtdorfers


Äquinoktionastürme [RS 315]
Äquinoktien = Tag- und Nachtgleichen, Äquinoktialstürme = heftige Stürme, welche, oft von Regengüssen begleitet, vorzugsweise zwischen den Wendekreisen, aber auch in den gemäßigten Zonen um die Zeit der Frühlings- und Herbst-Tag- und Nachtgleiche einzutreten pflegen.


Ästhetik des Winderstands [CS 147f]
Dreibändiger Roman von Peter Weiss , in zehnjähriger Arbeit zwischen 1971 und 1981 entstanden ca. 1000 S. Versuch, die historischen und gesellschaftlichen Erfahrungen und die ästhetischen und politischen Erkenntnisse der Arbeiterbewegung in den Jahren des Widerstands gegen den Faschismus zum Leben zu erwecken und weiterzugeben. Zentraler Gedanke die zu erreichende Einheit zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten wie zwischen der künstlerischen Moderne und der Arbeiterbewegung.
Seitenstück: Weiss' Notizbücher 1971–1980, Auswahl vom Autor selbst mit der Absicht zusammengestellt, den Entstehungsprozess, die Quellen des Romans und die langdauernde Arbeit an seiner Fertigstellung zu dokumentieren


Affenberg [AUS 401]

siehe Bois de Vincennes


Affiche [SG. 13]
(frz) der Anschlag, Anschlagzettel, Aushang, das Plakat


Afghanistan [CS 245]
Staat an der Schnittstelle von Süd- zu Zentralasien, der an Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, die Volksrepublik China und Pakistan grenzt. Drei Viertel des Landes schwer zugängliche Gebirgsregionen.
Nach dem Einmarsch der Sowjetunion 1979 besiegen von den USA und Saudi-Arabien finanzierte Mudschaheddin die von der Sowjetunion gestützte Regierung. Fundamentalistisch islamisch ausgerichteten Taliban-Milizen kommen an die Macht, setzen radikale Interpretation des Islam und Scharia mit aller Härte durch. Nach Terroranschlägen am 11. September 2001 in USA wird Taliban-Regime, das Mitgliedern von Terrororganisationen Unterschlupf gewährt, im maßgeblich von den USA geführten Krieg gegen den Terror gestürzt. Seither Krieg in Afghanistan.


Agathonike, Heilige [RS 348]
siehe bei Carpus Gedenktag 13. April (Sebald schreibt - wohl fälschlich - Agathon)


Ahasver [LL 107]
Figur aus dem Volksbuch vom Ewigen Juden, (1602) beruhend auf einer Figur aus christlichen Volkssagen, 13. Jht., Erzählung von einem Menschen unbekannter Herkunft, der Jesus Christus auf dessen Weg zur Kreuzigung verspottet, dafür von diesem dazu verdammt wird, unsterblich durch die Welt zu wandern. Volksbuch macht aus der Figur einen Juden mit Namen Ahasveros (Ahasverus, Anspielung auf einen nichtjüdischen König), welche Variante sich in ganz Europa verbreitet.
Geht unter verschiedenen Namen (Cartaphilus, Buttadeus, Matathias und andere) in Volkssagen ein, in zahlreichen literarischen Werken, Kunst und Musik thematisiert, spielt im Antisemitismus und NS-Propaganda eine Rolle


Ahriman [NN 80]
Siehe bei Ormuzd
Zu Karl May: Die Schatten des Ahriman siehe


Aichinger, Ilse [CS 70]
* 1921 österreichische Schriftstellerin, bedeutende Repräsentantin der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur


Ain Jidy[AW 212f]

En Gedi, Stadt in Südpalästina. Wasserreiche Oase im nördlichen Teil der israelischen Wüste Negev am Westufer des Toten Meeres (heute Kibbuz und ausgedehntes Naturschutzgebiet). Die besondere Lage En-Gedis in der Senke des Toten Meeres begünstigt das Wachstum subtropischer Pflanzen, wie Palmen und Balsamsträucher, sowie verschiedener Früchte. Während die umgebende Wüstenlandschaft fast vegetationslos ist, bietet die Oase durch ihren Wasserreichtum die Voraussetzung für eine üppige Flora und viele Tierarten.
Biblisch: Nicht nur wegen der üppigen Vegetation, sondern auch wegen Unzugänglichkeit für den von Saul verfolgten David ideales Versteck. Die Bibel spricht daher von gewissen "schwer zugänglichen Orten in En-Gedi" (1. Samuel 23). Die Sulamitherin aus dem Hohenlied (Kapitel 1) spielt auf die Fruchtbarkeit der Gegend an.


Aitone, Hochwald von [CS 223]
Forêt d'Aïtone: einer der schönsten Wälder auf Korsika, hoch oben im Niolo zwischen Évisa und dem Col de Vergio. Der zwischen 850 und 1.710 m gelegene Aïtone-Wald ist für seine mächtigen Lariciokiefern bekannt; es finden sich aber auch Tannen und Fichten sowie vereinzelt Eichen und Buchen.
In seiner Novelle Un bandit corse beschreibt Guy de Maupassant den Wald mit folgenden Worten (frei): Nadelbäume von zyklopenhaften Ausmaßen bildeten über unseren Köpfen ein ächzendes Gewölbe (...) während ihre hochgewachsenen, geraden Stämme, einer Armee von Orgelpfeifen gleich, einen eintönigen Windgesang hervorzubringen schienen, der den Wipfeln entstieg. Hie und da breitete ein wenig abseits der übrigen Bäume eine Pinie die wie ein riesiger Sonnenschirm aufgespannte dunkelgrüne Kuppel ihrer Baumkrone aus ... .


Alaska [NN 51]
flächenmäßig größte (etwa 20 % der Gesamtfläche) nördlichste und westlichste Bundesstaat der USA sowie die größte Exklave. Teile Alaskas gleichzeitig auch geographisch östlichsten Gebiete der USA, da die zu den Aleuten gehörenden Rat Islands und Near Islands östlich der Datumsgrenze liegen.
USA erwerben das Gebiet 1867 vom Russischen Kaiserreich, Beinamen Last Frontier („Letzte Grenze“).
Erster Teil des amerikanischen Kontinents, der von Menschen besiedelt wird. Von Sibirien aus erreichen Nomaden die Gegend vor etwa 16.000 bis 12.000 Jahren über die damals bestehende Beringia, Landbrücke zwischen Asien und Nordamerika. Ende der Eiszeit hebt sich Meeresspiegel, vor rund 10.000 Jahren Kontinente durch die heutige Beringstraße getrennt.
Russische Entdecker Semjon Iwanowitsch Deschnjow umschifft 1648 die Tschuktschen-Halbinsel, widerlegt These, dass Amerika und Asien zusammenhängen.
1728 und 1729 scheitert der im Auftrag des Zaren segelnde Däne Vitus Bering bei dem Versuch, Alaska zu erreichen. 1741 gelingt es bei der Zweiten Kamtschatkaexpedition. Tschirikow, Kapitän der St. Paul, des zweiten Schiffs von Berings Expedition, sichtet am 25. Juli Land in der Nähe der Prince-of-Wales-Insel. Bering erreicht tags darauf die Küste rund 600 km weiter nördlich (die Schiffe im Sturm zuvor getrennt). Auf der Rückfahrt muss St. Peter, Schiff Berings, auf der später nach ihm benannten Insel anlanden, wo er am 19. Dezember 1741 stirbt. Der Rest der Besatzung kommt 1742 wieder im Ausgangshafen, Petropawlowsk auf Kamtschatka, an.
Von Bedeutung bei dieser Expedition Beobachtungen Georg Wilhelm Stellers , der einige amerikanische Tier- und Pflanzenarten erstmals beschreibt, darunter die nach ihm benannte (ausgerottete) Stellersche Seekuh.


Albert, Angelika [LK 122]
* 1906 Halbjüdin 1. Ehefrau Anderschs Heirat 1935 Scheidung 1943. Tochter: Susanne (1937-1988)


alchimia [NN 67]
Sebald bezieht sich hier - wie insgesamt bei Steller - auf Paracelsus "Das Buch Paragranum. Alchimia, der dritte Grund medicinae"


Alderney Street [AUS 170f, 236, 259, 324, 357, 410f]

wohl Alderney Road, Wohnung Austerlitz' in London East-End, angrenzend an die aschkenasische Begräbnisstätte (Alderney Street).



Sicher keine Zufall, dass A. in der Strasse dieses Namens Wohnung bezieht: Im 2. Weltkrieg besetzt die deutsche Wehrmacht die Insel Alderney von 1940 bis 1945 und betreibt dort neben Arbeitslagern ein KZ, das sogenannte Lager Sylt. KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter müssen Bunker und andere Befestigungsanlagen bauen (vgl. Doku Guernsey )
In Miles End bis 1955 großer jüdischer Bevölkerungsanteil



Alderney Road Cemetery, Mile End [AUS 410f]
Beisetzungsplatz der aschkenasischen Gemeinde, zur Großen Synagoge am Dukes Place gehörend, der zweitälteste Judenfriedhof Großbritanniens, der älteste aschkenasische, eröffnet 1697 erweitert 1749 geschlossen 1852. U.a. bekannte Rabbiner begraben - so auch der 'Baal Shem' von London Dr. Samuel Falk und der Oberrabbiner Rabbi David Tevele Schiff








siehe auch


Aleppo [AW 201]
Siehe Adana


Alexander [NN 98][CS 249]

Alexander der Große bzw. Alexander III. von Makedonien (356 - 323 v. Chr.), von 336 bis zu seinem Tod König von Makedonien und Hegemon des Korinthischen Bundes. Dehnt die Grenzen des Reiches durch den sogenannten Alexanderzug und die Eroberung des Achämenidenreichs bis an den indischen Subkontinent aus. Nach seinem Einmarsch in Ägypten dort als Pharao begrüßt, sein Leben beliebtes Motiv in Literatur und Kunst.
Mit Regierungsantritt Beginn Zeitalter des Hellenismus, in dem sich die griechische Kultur über weite Teile der damals bekannten Welt ausbreitet. Die kulturellen Prägungen durch die Hellenisierung überstehen den politischen Zusammenbruch des Alexanderreichs und seiner Nachfolgestaaten, wirken noch jahrhundertelang in Rom und Byzanz fort.
Schlacht bei Issos siehe bei Darius


Alexanderschlacht [CS 130]
Gemälde Albrecht Altdorfers, siehe dort und bei Peter Weiss


Alfermée [LW 98]

Tüscherz-Alfermée (frz. Daucher-Alfermée), Gemeinde im Bezirk Nidau des Kantons Bern/Schweiz
Bei A. wird die Asche Günter Eichs (1907 bis 1972, verheiratet mit Ilse Aichinger) verstreut (sein Wunsch, neben Bakunin bestattet zu werden, nicht erfüllt), in A. wohnt Heinz Schafroth, Herg. der Werke Eichs


Algernon [RS 6]
siehe Swinburne


Allarzried [NN 72]
Gemeint wohl Ollarzried


Allerheiligen [SG 76]
am 1. November Hochfest der römisch-katholischen Kirche, es wird aller Heiligen gedacht


Allerseelen [SG 76, 79] [AUS 89]
[LW 100]
2. November. Im Festjahr der römisch-katholischen Kirche der Tag, an dem durch Gebet, Almosen und Fürbitte die Leiden der Armen Seelen der Verstorbenen im Fegefeuer erleichtert werden und der Verstorbenen gedacht wird. Vor allem in den Alpenländern mit zahlreichen Volksbräuchen verbunden.


Allgäu [CS 243, 249]

Landschaft und Teilregion Oberschwabens, die sich über den südlichen Teil des bayerischen Regierungsbezirks Bayerisch-Schwaben, das äußerste südöstliche Baden-Württemberg sowie einige zu Österreich gehörende Grenzgebiete erstreckt, ohne streng definierte geographische Begrenzung, oft geht es fließend in die benachbarten Landschaften über, insbesondere in den Westen und Norden. Das Urallgäu liegt innerhalb der Linie Rohrsee, Riedlings, Diepoldshofen, Herlazhofen, Friesenhofen, Legau, Altusried, Ziegelberg, Ittelsburg, Schrattenbach, Wagegg, Immental, Günzach, Hochgreut, Westenried, Neuenried, Salenwang, Kaufbeuren, Mauerstetten, Ödwang, Ingenried und Hohenfurch.
Im Süden durch den Hauptkamm der Allgäuer Alpen relativ eindeutig abgegrenzt, nach Osten stellt der Lech die Grenze dar. In der Umgangssprache meint man mit Unterland den Bereich zwischen Immenstadt und Dietmannsried.
siehe


All Saints [RS 76]
"The Saints", Gruppe von Dörfern in Suffolk, zwischen den Flüssen Blyth und Waveney nahe an der Grenze zu Norfolk. Alle nach einem Heiligen (den ihrer Pfarrkirche) benannt und entweder South Elmham oder Ilketshall nach "Hall of Alfkethill" genannt. Bereich zwischen den kleinen Städten Halesworth, Harleston, Bungay und Beccles von den Einheimischen "up the Parishes" genannt. Während des WK II alle Wegweiser entfernt, weil viele US-Flieger Schwierigkeiten hatten, den Weg zurück zur RAF Bungay in Flixton und anderen lokalen Flughäfen einschließlich Metfield zu finden.
Der Name South Elmham kommt vom angelsächsischen "Dorf wo Ulmen wachsen" erstmals erwähnt in im Domesdaybook als 'Almeham'; North Elmham liegt 30 Meilen entfernt in Norfolkt.
The Saints:

  • All Saints, South Elmham
  • St Cross, South Elmham (oder Sancroft St George, Sancroft).
  • St James, South Elmham
  • St Margaret, South Elmham
  • St Mary, South Elmham (oder Homersfield)
  • St Michael, South Elmham
  • St Nicholas, South Elmham (Kirche nicht mehr vorhanden)
  • St Peter, South Elmham
  • St Andrew, Ilketshall
  • St John, Ilketshall
  • St Lawrence, Ilketshall (Stone Street)
  • St Margaret, Ilketshall
  • Flixton (gemeinhin auch zu den Saints gezählt)


Abgesehen von All Saints und St. Nikolaus (vereint zu All Saints) bildet jedesDorf eine Gemeinde, siehe auch


Altdorfer, Albrecht [NN 74f, 97]
* um 1580 + Regensburg 1538
Maler, Kupferstecher, Radierer, Holzschneider und Baumeister
Er erwarb 1505 das Regensburger Bürgerrecht, 1519 Mitglied des äußeren und 1526 Hausgerichtsassessor des inneren Rats und städtischer Baumeister. Hauptvertreter der sog. »Donauschule«, einer der ersten Radierer; neigte dem Luthertum zu.
Lot und seine Töchter, 1537,
Alexanderschlacht, 1529


Altenberg [SG 49]



Altenberg, Peter [UH 13f.][AW 86] [CS 197] [Auf ungeheuer dünnem Eis 45]
* Wien 1859 + ebda 1919
eigentlich Richard Engländer, österreichischer Schriftsteller. Kleine Prosastücke, Impressionist.
Sohn jüdischen Kaufmanns, zu Lebzeiten schon stadtbekannte Figur, um die sich die Legenden ranken. Arzt attestiert Unfähigkeit zur Berufsausübung wegen Überempfindlichkeit des Nervensystems. Seither Leben als Bohèmien, die meiste Zeit im Kaffeehaus. Trotz Erfolgs von Spenden abhängig, letzte zehn Lebensjahre zum Großteil in Alkoholentzugs- und Nervenheilanstalten.



Altes Rathaus Bamberg [LW 77]



Alute [RS 179]

Kaiserin Xiao Zhe Yi oder Jia Shun 1854 - 1875 Ehefrau von Tongzhi , Kaiser von China, eine der talentiertesten und tragischsten Kaiserinnen der Qing Dynastie. Hochbegabt in Dichtung, Literatur, Musik und Malen, aus einer hochgebildeten Familie stammend. Nach der Heirat favorisiert Kaiser Tongzhi Alute klar und ignoriert seine 4 anderen kaiserlichen Ehefrauen. Sie verbringen jede Nacht zusammen. Kaiserwitwe Cixi läßt sie schließlich trennen, damit sie ihre Ausbildung zu Herrschern getrennt fortsetzen. Tongzhi wird schwermütig. Wahrscheinlich drängt ein Palasteunuche ihn, Bordelle außerhalb der Verbotenen Stadt zu besuchen, er holt sich Syphilis. Cixi betrachet dies als entwürdigend, verwarnt die Ärzte. Diese lügen, der Kaiser habe Pocken und behandeln diese; er stirbt innnerhalb weniger Wochen (andere Versionen existieren ebenso). Cixi schiebt den Tod Alute in die Schuhe, sperrt ihr das Essen, Alute wendet sich hilfesuchend an ihren Vater, der nur zu antworten wagt: "Eure Kaiserliche Hoheit weiß, was zu tun ist". Alute begeht Selbstmord.


Amalienhöhe Marienbad [AUS 300]
Anhöhe in Marienbad, benannt nach Herzogin Amalie von Sachsen-Altenburg, Ehefrau Herzog Josephs von Sachsen, der ihr 1827 dort einen Tempel errichten lässt.


Amarcord [SG 263]
siehe Fellini


Amazon Comany [RS 156]
Peruvian Amazon Comany
"Die friedlichen Indianer am Putumayo mußten für die Angestellten der Gesellschaft Tag und Nacht arbeiten, unterernährt, ohne Kleidung, sie bekamen nur soviel (minderwertige) Nahrungsmittel, daß sie gerade am Leben bleiben konnten. Wenn sie den Gummi anlieferten, sahen sie ängstlich auf den Zeiger der Waage. Erreichte er nicht die vorgeschriebene Marke, warfen sie sich demütig mit dem Gesicht auf die Erde: Sie hatten Martern und Verstümmlungen zu erdulden. Sie wurden so unmenschlich gepeitscht, bis die Knochen hervortraten, bis sie von großen Wunden bedeckt waren, in denen später Fliegenmaden fraßen. Manchmal mußten Kautschuk-Sammelplätze vorübergehend verlegt werden, weil die Umgebung so stark nach menschlichen Leichen stank — obwohl Hunde darauf abgerichtet waren, die Körper in den Wald zu schleppen.
Man kreuzigte die Eingeborenen mit dem Kopf nach unten, benutzte sie als Schießscheiben, amüsierte sich, ihnen die Augen zu verbinden, sie mit Petroleum zu übergießen, anzuzünden. Man hieb ihnen die Arme und Beine ab. Kinder schlug man mit den Köpfen gegen Bäume, um sie zu töten. Die Frauen wurden den Indianern weggenommen, und mußten für die Gummisammler als Mätressen dienen; sobald man ihrer überdrüssig war, schlug man sie tot.
Spanier am Amazonas, denen gegenüber Hardenburg und andere Reisende vorsichtig ihren Abscheu ausdrückten, antworteten oft: „Son animales, Senor; no son gentes." (Sie sind Tiere, mein Herr, sie sind doch keine Menschen.)
Als Hardenburg seine Berichte in London veröffentlichen wollte, weigerten sich sämtliche Zeitungen, sie zu drucken. Sie glaubten die Greuel nicht, oder sie hatten Angst, in Schwierigkeiten mit der peruanischen Regierung oder mit den großen englischen Handelsgesellschaften zu geraten, die in Peru ihre Geschäfte betrieben. Gehör fand er endlich bei der Anti Slavery Society, der Gesellschaft gegen die Sklaverei, und im September 1909 veröffentlichte die Zeitung „Truth" die ersten Berichte, woraufhin auch die anderen englischen Tageszeitungen die Meldungen übernahmen. Der peruanische Botschafter in London schrieb Dementis, ebenso die Leitung der Peruvian Amazon Company.
Die Sache kam vors britische Parlament. Man entsandte den britischen Konsul Roger David Casement zu einer Untersuchung nach Iquitos, weil die Agenten der Gesellschaft dort Neger von Barbados gezwungen hatten, als Sklaventreiber tätig zu werden. Diese schwarzen Männer von der kleinen, am weitesten westlich gelegenen Antillen-Insel Barbados waren britische Untertanen und konnten lesen und schreiben, meistens im Gegensatz zu ihren peruanischen Vorgesetzten. Roger David Casement vernahm in Iquitos viele Zeugen und reiste selber umher. Die Berichte von Hardenburg und Perkins wurden durch ihn voll bestätigt, ja es kamen noch schlimmere Greueltaten ans Licht. Sir Casements Bericht wurde erst 1912 durch die britische Regierung veröffentlicht, weil man sich vorher in diplomatischen Verhandlungen zunächst vergeblich bemühte, die peruanische Regierung zur Beendigung dieser Quälerei zu bringen. Die britische Regierung hatte Casement nach Peru geschickt, weil er schon im Kongo ähnliche Untersuchungen gemacht hatte. Als er nämlich dort Konsul in Boma war, entdeckte er die später berühmt gewordenen „Kongogreuel" bei der Gummigewinnung am Oberlauf des Kongoflusses. Die internationale Untersuchung, die daraufhin einsetzte, führte zum Wechsel in der Regierung des Kongo.
Der Weltkrieg und was nachher folgte, ließ die Weltöffentlichkeit sehr rasch die Greuel am Putumayo und Amazonas vergessen."
Aus einem Artikel in "DIE ZEIT" 1967 von B.Grzimek



"Unter den großen Kautschuk-Gesellschaften galt die englische "Peruvian Amazon Company" als die dynamischste. Sie operierte an der ungenau festgelegten Nordwest-Grenze Brasiliens; dort konnte sie die Behörden Kolumbiens, Perus und Brasiliens gegeneinander ausspielen und ein furchterregendes Riesenreich der Ausbeutung und des Todes errichten.
Ein junger amerikanischer Ingenieur namens Walter Hardenburg verirrte sich einmal in das Territorium der Gesellschaft; er wurde sofort gefaßt und einige Tage lang in einem Gefängnis festgehalten. Dabei erfuhr er, was hier gespielt wurde. Mehrere tausend Huitoto-Indianer waren zu Sklaven gemacht worden. Auf dem Stützpunkt "El Encanto" (Der Zauber) sah Hardenburg die Kautschuk-Zapfer, die am Abend die gezapfte Latex-Menge heimbrachten. Ihre Körper waren mit großen, dicken Schwielen bedeckt, die von den Tapirfell-Peitschen der Aufseher herrührten. Wer sein Kautschuk-Soll erfüllt hatte, tanzte vor Freude; die weniger erfolgreichen Zapfer aber schienen völlig verängstigt zu sein. Hardenburg sah nicht, wie sie bestraft wurden. Später erfuhr er aber, daß sie mit einer Strafe von 100 Peitschenhieben rechnen mußten, wenn sie das Soll ein paarmal nicht erfüllt hatten -- eine Tortur, von der sie sich erst nach einem halben Jahr wieder erholten.
Bei der Tötung der Indianer spielte ein gewisses Wettbewerbselement mit. Einmal wurden 150 hoffnungslos untüchtige Arbeiter zusammengetrieben und von "Macheteiros" zerfetzt, die ein gräßliches ortsübliches Verfahren anwandten, das "Corte do bananeiro": Die Klinge der Machete schwingt vor und zurück und schlägt dabei zwei Köpfe auf einen Schlag ab. Bei dem "Corte malor" hingegen wird der Körper in zwei oder mehrere Stücke gerissen, bevor er zu Boden fallen kann.
Hohe Festtage krönten die Sklavenhalter mit sportlichen Veranstaltungen, bei denen einige der aktiveren und daher wertvolleren Zapfer zur Feier des Tages geopfert wurden. Man verband ihnen die Augen und feuerte sie an, um jeden Preis zu entfliehen; während sie davonliefen, schossen Aufseher und Gäste sie mit Gewehren nieder.
Die Peruvian Amazon Company warb britische Staatsbürger aus Barbados an, die wilde Indianer jagen sollten. Sie wurden auf zahlreiche Expeditionen in Gebiete geschickt, in denen die Gesellschaft neue Kautschuk-Vorkommen aufspüren wollte. Sie erhielten Akkordlohn und mußten die Köpfe ihrer Opfer sammeln und als Beleg für ihre Zahlungsforderungen vorlegen. In diesem Gebiet gab es "Zuchtfarmen", auf denen ausgewählte Indianermädchen für die Zeit nach der Ausrottung wilder Indianer Sklavenarbeiter gebaren.
Der britisch-irische Diplomat Sir Roger Casement deckte schließlich die Indianer-Greuel der Peruvian Amazon Company auf. Der weltweite Skandal traf allerdings zeitlich mit dem Niedergang des brasilianischen Kautschuk-Imperiums zusammen, das in den neuen malalischen Plantagen einen harten Konkurrenten erhalten hatte. Das Gewissen wurde wach, zudem erschreckt von der drohenden Gefahr einer wirtschaftlichen Katastrophe. Der unmittelbar darauf folgende Ruin von Manaus zog spektakuläre Ereignisse nach sich. Die Geldquellen versiegten plötzlich. Die Falschspieler, Abenteurer und Huren strömten in Scharen auf die Flußdampfer, um die Küste zu erreichen, und bezahlten die Passagen mit diamantenen Manschettenknöpfen und Solitärringen. Die Handeisfürsten, deren finanzielles Schicksal untrennbar an den Kautschuk gekettet war, begingen Selbstmord. Die berühmten elektrischen Straßenbahnen, die ersten ihrer Art in Lateinamerika, stellten den Betrieb ein, nachdem ihnen der Strom abgeschnitten worden war; tobende Insassen steckten die Wagen in Brand. Das Opernhaus in Manaus schloß und sollte sich nie wieder öffnen. Die zweite Welle der Indianerausrottung war verebbt." Aus einem Spiegel-Artikel 1969


Amazonien [RS 202]


oder Amazonasbecken, Einzugsgebiet des Amazonas, des Rio Anapu und des Rio Tocantins, bedeckt fast die gesamte nördliche Hälfte des Kontinents Südamerika. Größte Stromebene Südamerikas, eine äquatoriale Regenwald-Tiefebene, entspringt weitgehend den Anden, wo Hauptflussrichtung nach Norden weist und dann quer über den gesamten Kontinent nach Osten wechselt, weltweit die größte Wasserschüttung.
Entwaldung ist die weltweit stattfindende Umwandlung von Waldflächen hin zu anderen Landnutzungsformen. Das bestehende Ökosystem wird dabei zerstört, und durch ein anderes ersetzt. Damit einher geht ein Habitatverlust, und somit oft ein Schwund der Artenvielfalt in Pflanzen- und Tierwelt. Durch die Entwaldung sind die sozio-ökonomischen Funktionen des Waldes für die von diesen Funktionen abhängigen Menschen nicht länger gewährleistet. Traditionelle gesellschaftliche Strukturen destabilisiert. Gemeinsam mit der Verbrennung fossiler Brennstoffe eine der maßgeblichen Ursachen für die durch den Menschen verursachte globale Erwärmung. Derzeit verringert sich die Waldfläche weltweit um jährlich etwa 13 Millionen Hektar, also 130.000 km².
In Brasilien Entwaldung auf Wanderfeldbau, legale Umwandlungen zur Produktion von Soja, Viehzucht (besonders Rinder) und Infrastrukturmaßnahmen in großem Maßstab zurückzuführen. In den letzten fünf Monaten des Jahres 2007 gehen in Brasilien 323.500 Hektar verloren, alleine im Dezember 2007 94.800 Hektar. Nach drei aufeinander folgenden Jahren mit relativem Rückgang beschleunigt sich 2007 bis 2008 die Abholzung des Regenwaldes im Amazonasgebiet. In diesem Zeitraum 11.968 km² verloren, 4 % mehr als im Vorjahreszeitraum.


The American Adelphi [AW 132]

Hotel im Zentrum Saratoga Springs im viktorianischen Stil von 1877, als Saratoga Springs Amerikas "Queen of the Spa" war


Améry, Jean [UH 15][AUS 38][CS 149 ff][Auf ungeheuer dünnem Eis S. 83, 94, 106, 201, 255, 267f, 278]


* Wien 1912 (als Hans Chaim Mayer) † Salzburg 1978 österreichischer Schriftsteller. Sohn jüdischen Vaters und katholischer Mutter. Vater gefallen im WK I., im Salzkammergut aufgewachsen, katholisch erzogen, Buchhändlerlehre Wien, Dozent an der Volkshochschule.1938 nach Belgien emigriert. Als „feindlicher Ausländer“ 1940 festgenommen, im südfranzösischen Lager Gurs interniert, 1941 gelingt Flucht. Zurück nach Belgien. 1943 beim Verteilen antinazistischer Flugblätter verhaftet. Verlegt nach Fort Breendonk/Derloven , wo Gestapo ihn schwer foltert. In KZs Auschwitz, Buchenwald, Bergen-Belsen deportiert. Erlebnisse in Jenseits von Schuld und Sühne von 1966 verarbeitet. Innerste literarisch-sprachliche Intention im Roman. Literarischer Ehrgeiz, nicht „ewig nur als Essayist“ gelobt, sondern endlich auch als Romancier (trotz des übermächtigen Schattens Thomas Manns oder gar Prousts) in Deutschland anerkannt zu werden, richtet sich auf Lefeu oder der Abbruch, 1974 publiziert als Summe seiner Nachkriegserfahrungen (eines „Toten auf Urlaub“). Vor Resonanz auf diesen Essay-Roman missglückter Selbstmordversuch, Rettung empfindet er als besondere Demütigung. Negative Resonanz in „FAZ“ (M. Reich-Ranicki ) und „Zeit“ (Fritz J. Raddatz) Bestätigung seiner vorauseilenden Resignation. Verzweifelt und wütend zerreißt er „Lefeu“-Exemplar, äußerster Akt der „Selbstdemolation“.
Ahnend, daß auch seinem zweiten Roman Charles Bovary, Landarzt eine (auch gegen Sartres monumentale Flaubert-Ausschweifung des „Idioten der Familie“) versuchte humane Ehrenrettung des von Flaubert verhöhnten Ehemanns der romantischen Heldin , ebenso wenig den herbeigesehnten Durchbruch als Erzähler bringen würde, nimmt er sich kurz vor der Buchmesse 1978 in Salzburg das Leben. „Am Ende meiner Kräfte“, schreibt er im Abschiedsbrief an Maria Améry und fügt hinzu: “Ich kann meinem Niedergang, intellektuellen, physischen, psychischen, nicht zusehen“.
Schon erster unveröffentlichter Roman handelt vom Freitod, großes Essay Hand an sich legen. Ob ihm, selbst bei überwältigend positiver Resonanz für seine Romane, „auf Erden zu helfen gewesen“ wäre?
Sein essayistisches Werk nennt er „Revision in Permanenz“. Die Nachkriegsrealität in Deutschland und eigene Traumatisierung durch die Folter im Dritten Reich – „Wer der Folter erlag, kann nicht mehr heimisch werden in der Welt“ – schwer vereinbar.
Jenseits von Schuld und Sühne: Beleuchtet die Bedingungen des Intellektuellen im Lager, beobachtet die Erfahrung der Tortur und stellt bohrende Fragen über die Konditionen des Lebens. Essay "Bewältigungsversuch eines Überwältigten", die in der Tortur erlebten Grenzen des Körpers als Grenzen der Welt beschrieben. Entwurf einer Zeitbiografie die sechs ineinandergreifenden autobiografischen Essays unter dem Titel Unmeisterliche Wanderjahre.
Hörausschnitt
Und: In Höfers Frühschoppen fragt dieser Améry, ob die RAF im Hungerstreik „aufgeben und zur Besinnung kommen“ solle, er zögert und antwortet: „Nicht aufgeben!“ Ermittlungsverfahren gegen ihn als Sympathisanten angestrengt und drei Monate später - nach maximaler psychischer Lädierung - wieder eingestellt.
Sebald: Den Maßstab setzen für mich jene Autoren, die gewissermaßen von der anderen Seite her geschrieben haben, Autoren wie Peter Weiss, Jean Améry oder Paul Celan. Gerade der Fall Améry war für mich persönlich ein Wendepunkt: Ich kann mich genau an den Augenblick entsinnen, als ich bei ihm las, dass sein Großvater aus Hohenems bei Bregenz stammt, wo mein Großvater auch oft war. Da ist mir plötzlich aufgegangen, dass die Geschichte der Juden sich nicht nur in Berlin und Hamburg und Frankfurt abgespielt hat, sondern auch mitten in der Provinz, dort also, wo ich herkam. Und dass es da Geschichten gibt, die man sich anhören muss.


Amhares vom Lande [Auf ungeheuer dünnem Eis S. 254]
Weil sich die Pharisäer von der Bewegung der Chassidim abgesondert hatten, nannten sie sich selbst "peruschim" (die Abgesonderten, was über das Griechische zu Pharisäer wird). Eine andere mögliche Deutung ist, dass sich die Gruppe innerlich vom übrigen Volk getrennt hat. Die despektierliche Bezeichnung des Volkes als "amme-ha-arez" - d. h. Volk vom Land bzw. ungebildetes Volk - dürfte in pharisäischen Kreisen entstanden sein.
Englische Zitate: The Pharisees were the most visible and vociferous. Their origins traced back to the Hasidim, or "Pious Ones," who fought with Judas Maccabeus to liberate the Jewish people from oppression. Their name most likely means "separated ones," for they separated themselves from the amhares, the "people of the land," by their strict and legalistic rules of purity, tithing, Sabbath observance, etc.
AM HA-AREZ pl. 'amme ha-arez, (Lit., 'people of the land', 'country people'); the name given in Rabbinic literature to a person who through ignorance was careless in the observance of the laws of Levitical purity and of those relating to the priestly and Levitical gifts.

Sebald sagt in dem interview mit Uwe Prall, wo es um sein Sprachverhalten geht, er sei auf die Universität wie ein "Amhares vom Lande" gekkommen, der nicht genau weiß, wie man das Deutsche spricht oder schreibt. Er sei nicht im Zentrum Deutschlands sondern in einer Randzone aufgewachsen, in der ein Dialekt gesprochen wurde, der fast so extrem war wie das Schweizerdeutsche. Hochdeutsch sei von Anfang an eine Fremdsprache gewesen, die er sich später aneignen musste.


Amritsar, Massaker von [RS 349]

Am 13. April 1919 verüben in der nordindischen Stadt Amritsar britische Soldaten und Gurkhas an Sikhs, Muslimen und Hindus, die für die Unabhängigkeit Indiens protestieren, unter dem Befehl des Brigadegenerals Reginald Dyer ein Massaker, bei dem sie etwa 400 gewaltlose Demonstranten töten und 1200 verletzen.
Hohe britische Offiziere begrüßen die Niederschlagung dieser „indischen Meuterei“. Das britische Oberhaus stellt Dyer eine ausdrückliche Empfehlung aus die Tories zeichnen ihn mit einem edelsteinbehangenen Kreuz mit der Inschrift „Retter des Punjab“ aus, Morning Post sammelt £ 26.000 zur Unterstützung Dyers.
In Indien provoziert das Massaker kollektiven Zorn auf die Besatzer und beflügelt die indische Unabhängigkeitsbewegung im Punjab.


Amsterdamer Waagebouw [RS 22f]

eines der ältesten Gebäude der Stadt mit sieben Türmen und Schießscharten. Auffälliger Backsteinbau. 1488 errichtet als Stadttor (Sint Antoniuspoort), 1617 zur "Waag" umgebaut. Insbesondere die schweren Lasten der Handelsschiffe, etwa Anker, gewogen und geprüft.
In der oberen Etage der Waaggebouw Versammlungen der verschiedenen Zünfte. Rembrandt (siehe ) immer wieder unter den Zuhörern und Zuschauern im Vorlesungssaal des Theatrum Anatomicum, um Inspiration und Fachwissen für seine Gemälde zu sammeln. 1996 aufwändig restauriert (mit Restaurant)


Anachoret [NN 20]
(aus altgr. anachoreo = „ich ziehe mich zurück“), Vertreter einer der frühesten Formen des Christlichen Mönchtums. Die Berufung ist vergleichbar mit der des Eremiten. Im Gegensatz zu Koinobiten, die in klösterlichen Gemeinschaften leben, leben Anachoreten völlig abgeschieden und zurückgezogen. In der Wüste, im Gebirge oder im dichten Wald, manchmal auch auf küstennahen einsamen Inseln, versuchen sie, sich auf Gott und den Glauben zu besinnen. Als Gründer der christlichen Anachorese gilt Antonius der Große (der Einsiedler)


Analogie [RS 30]
in der Rhetorik ein Stilmittel, in welchem ähnliche Strukturen oder Zusammenhänge in einen Zusammenhang gestellt werden. Beispiel: „Viele Köche verderben den Brei“, gerne gebraucht, um gegen demokratische Entscheidungsstrukturen zu argumentieren


Anatomischer Atlas [RS 23]
Topographische Anatomie des Menschen.
„Pernkopf-Anatomieatlas“ des össterreichischen Anatoms Eduard Pernkopf (1888 - 1955) 1927 Professor der Anatomie in Wien. 1933 NSDAP-Beitritt, ab 1934 SA-Mitglied (Sturmbannführer). Von 1938 bis 1943 Dekan, ab 1943 Rektor der Universität. 1945 suspendiert, drei Jahre in alliierter Gefangenschaft. Von 1937 bis 1960 erschien von Pernkopf herausgegeben "Atlas der regionär-stratigraphischen Präparation" Setzt neue Maßstäbe in der grafischen Gestaltung anatomischer Lehrmaterialien. Noch heute finden viele der Zeichnungen des Atlas in den aktuellen Anatomielehrbüchern weltweit Anwendung. Es gilt als sicher, dass Präparate Hingerichteten verwendet wurden


Andalusia [RS 244]
(Mrs. De Soyres) Schwester von Edward FitzGerald , + 1879


Andersch, Alfred [LK 113ff]
[S. 83, 201, 255, 267f, 278]
[CS 70]

* München 1914 † Berzona bei Locarno 1980 deutscher Schriftsteller, Rundfunkredaktuer, Herausgeber literarischer Zeitschriften. Wichtiger Nachkriegsautor
Aus kleinbürgerlich-konservativem Elternhaus, mittlerer von drei Söhnen. Vom Wittelsbacher-Gymnasium München wegen schlechter Noten verwiesen; Direktor der Schule Joseph Gebhard Himmler, Vater der Nazi-Größe Heinrich Himmler Der Vater eines Mörders). 1929 stirbt 1920 in die NSDAP eingetretene Vater (Spätfolgen einer Verletzung als Offizier im WK I), Buchhändlerlehre, 1930 Beitritt KPD, arbeitslos, Organisationsleiter des kommunistischen Jugendverbandes von Südbayern; 1933 nach Reichstagsbrand inhaftiert, drei Monate im KZ Dachau, erneute Verhaftung, freigelassen. Depressive Phase, Stelle bei Verlagsbuchhandlung (die in vorderster Linie völkische Politik, Rassenkunde und -hygiene vertritt - "verlegerische Keimzelle und Brutstätte des Rassismus" ), 1934 Reise nach Italien mit Freundin Angelika Albert . Hochzeit 1935, ab 1937 Werbetexter Fotopapierfabrik Hamburg. Beginnt mit Schreiben. 1940 eingezogen, dient in Frankreich, lernt in Köln Gisela Groneuer kennen, Malerin und Lehrerin . 1941 wegen Ehe mit nach Nürnberger Gesetzen halbjüdischer Ehefrau aus Wehrmacht entlassen - Vorgang umstritten. Büroangestellter bei Kosmetikfirma in Frankfurt am Main, Liebesverhältnis mit Groneuer, die Kind bekommt. 6. März 1943 geschieden - ebenfalls umstritten, ob er er auf Trennung drängte, um publizieren zu können (Schwiegermutter 1942 nach Theresienstadt deportiert, geschiedene Frau und fünfjährige Tochter Susanne durch Scheidung erheblich gefährdet; 1946 nutzt Andersch diese Ehe als Argument gegenüber Amerikanern, um Rückkehr nach Deutschland zu beschleunigen).
1943 erneut eingezogen, in Dänemark und Oberitalien, Desertion 1944 an Arno-Front zu Amerikanern. 1944 bis 1945 Kriegsgefangener in Louisiana und Rhode Island; Redakteur bei Lagerzeitung "Der Ruf - Blätter für deutsche Kriegsgefangene". Rückkehr nach Deutschland, Redaktionsassistent Erich Kästners bei der Neuen Zeitung in München. Gibt mit Hans Werner Richter in amerikanischen Besatzungszone "Der Ruf" Monatsschrift heraus, Herausgeberschaft wegen "Nihilismus" entzogen. 1947 Organisation eines Literatentreffens, gilt als erstes der Gruppe 47.
1948 bis 1958 einflussreich werdender kulturell-literarischer Rundfunkredakteur im Hessischen und Süddeutschen Rundfunk. Herausgeber der Buchreihe "studio frankfurt" und der Zeitschrift "Texte und Zeichen", fördert Literatur, etwa die von Arno Schmidt. 1950 Heirat Groneuer. Ab 1958 im Valle Onsernone im Tessin (Nachbarn Max Frisch und Golo Mann). 1972 Schweizer Staatsbürgerschaft, erfolgreicher freier Schriftsteller, ausgedehnte Reisen, über die er schreibt. Einflussreiche Rolle in der deutschen Literaturszene. 1976 mit Gedicht "Artikel 3 (3)" Kritik am "Radikalenerlass", Formulierung von der Errichtung eines neuen KZs löst heftige Kontroversen aus.
Werke: Sansibar oder der letzte Grund (1957), Die Rote (Reich-Ranicki:"ungustiöses Gemisch von Lüge und Kitsch") (1960), Efraim (Kritiker:"prätentiöser Stuyevesant-Stil, Kitsch und Kolportage") (1967), Winterspelt (von Rolf Miachaelis verrissen, Reich-Ranicki: "verlohnt nicht die Mühe der Lektüre") (1974), Erzählungen, Hörspiele, Essays
Zur Causa Andersch:


Andersch, Martin Otto [LK 123ff]
1921-1993 Bruder Anderschs


Angel Alley [AUS 190]
fühere Straße in Bishopsgate


Angelusstunde [LW 70]
Abendzeit gegen 18 Uhr: Dreimal am Tag läutet die Glocke zum "Engel des Herrn" (lat. Engel) morgens, zur Mittagszeit und am Abend, die Arbeit ruht kurz, während man betet


Angouleme [AW 9]



Antoniter-Orden [NN 20]
Canonici Regulares Sancti Antonii (CRSAnt); auch Antoniusorden, Antoniter oder Antonianer, christlicher Hospital-Orden. 1095 als Laienbruderschaft in St-Didier-de-la-Motte in der Dauphiné in Südfrankreich gegründet und von Papst Urban II. im gleichen Jahr bestätigt. Benannt nach Antonius dem Großen , dem ersten christlichen Mönch. Aufgabe des Ordens Pflege und Behandlung am Antoniusfeuer Erkrankter, einer im Mittelalter in Europa weit verbreiteten Krankheit.
Stammkloster in St. Antoine (Dept. Isère, Frankreich ). Dort soll der französische Adlige Gaston den Orden als Dank für die Heilung seines Sohnes vom Antoniusfeuer mit Hilfe der dortigen wundertätigen Reliquien des Heiligen Antonius gestiftet haben. Ursprünglich der Pflege von heimkehrenden Pilgern gewidmet, konzentriert sich die Tätigkeit der Antoniter ab 1217 vor allem der Krankenpflege.
Ab 1247 leben Brüder nach den Ordensregeln des hl. Augustinus, 1298 wird Bruderschaft von Papst Bonifatius VIII. in Chorherrenorden umgewandelt. Durch seine Erfolge bei der Heilung des Antoniusfeuers breitet sich Orden über Frankreich hinaus aus. Im 15. Jahrhundert unterhalten Antoniter annähernd 370 Spitale in ganz Europa.
Mit Entdeckung des Zusammenhangs zwischen mit Mutterkornpilz befallenem Getreide und Antoniusfeuer sank Zahl der Erkrankungen merklich. Beeutung des Ordens geht stark zurück. Ordensgewand schwarzes Chorkleid, darüber schwarzer Mantel mit hellblauem T-Kreuz.
Den Isenheimer Altar schuf Matthias Grünewald für das Antoniterkloster in Isenheim ; zählt zu den bedeutendsten Kunstwerken des 16. Jahrhunderts


Antonius, Heiliger [NN 11, 20]
[SG 292]
[CS 197]
[Aufzeichnungen aus Korsika 142]
Antonius der Große, auch Antonius Abbas oder Antonius Eremita
* um 251 † 356, christlicher ägyptischer Mönch, Asket und Einsiedler, auch „Vater der Mönche“. Nachdem er gem. Matthäus 19,21 seinen Besitz verschenkt hatte, zog er sich in die Einsamkeit zurück. Währenddessen immer wieder von quälenden Visionen heimgesucht. Der Teufel soll ihm in verschiedener Gestalt erschienen sein, um ihn von seiner Enthaltsamkeit und seinem gottergebenen Leben abzubringen. Namenstag des Heiligen in allen christlichen Konfessionen 17. Januar


Antoniusfeuer [NN 20]
Ignis sacer - „heiliges Feuer“ oder Antoniusfeuer ist Ergotismus, Vergiftung durch Mutterkornalkaloide wie Ergotamin, Ergotoxin und Ergometrin. Tritt im Mittelalter als Folge des Verzehrs von Nahrungsmitteln auf, die mit Mutterkorn verunreinigt waren.
Im Mittelalter Erkrankung durch Konsum von mit Mutterkorn-Pilz (Claviceps purpurea) befallenem Roggen. Vor allem der Antoniter-Orden hatte es sich zur Aufgabe gemacht, am Antoniusfeuer Erkrankte zu behandeln und zu pflegen. Im 15. Jahrhundert in ganz Europa etwa 370 Spitale, in denen rund 4000 Erkrankte versorgt wurden. Eine Reduktion der Vergiftungsfälle erst im 17. Jahrhundert durch die Erkenntnis, dass das Krankheitsbild auf einer Vergiftung durch den Mutterkornpilz beruht.
Wer am Antoniusfeuer erkrankte, wurde vor Beginn der medizinischen Behandlung vor den Altar von Isenheim geführt in der Hoffnung, der hl. Antonius könne eine Wunderheilung vollbringen oder dem Kranken zumindest geistlichen Trost spenden.
Erkrankter


Antrim, County [CS 197]
irisch: Aontroim, eine der sechs historischen Grafschaften (counties) Nordirlands, mit 566.000 Einwohnern. Zwischen Lough Neagh, dem Fluss Bann und der Küste der Irischen See, dem North Channel. Den größten Teil der Grafschaft nehmen die Antrim Mountains im Nordwesten ein. Zu der Grafschaft gehört Ballymena, wo Roger Casement aufwuchs


Antwerpen [AUS 5]

Hafenstadt im Norden Belgiens in der Region Flandern, Hauptstadt der Provinz Antwerpen, größte Stadtgemeinde des Landes (470.000 Einw.) Stadtregion Antwerpen zweitgrößte (nach Brüssel). Zweitgrößter Seehafen Europas, weltweit wichtigstes Zentrum für Diamantenverarbeitung und -handel. An wichtiger europäischer Verkehrsachse von Amsterdam über Antwerpen und Brüssel nach Paris. Großstadtregionen Antwerpen und Brüssel gehen baulich direkt ineinander über, Bindeglied auf halbem Weg die Domstadt Mechelen. Die Großstädte durch eine der meistbefahrensten Eisenbahnstrecken Europas verbunden. Zusammen mit weiteren Stadtregion große Agglomeration Europas (5 Millionen Einw.)
Terror, Zerstörungen und Massaker durch Deutschland im 2. WK (unter anderem Einschläge von V2-Raketen auf belebte Kreuzungen, in der Innenstadt oder im „Rex"-Kino - 567 Menschen getötet) in bleibender Erinnerung, große jüdische Minderheit durch Holocaust besonders schwer getroffen, heute wieder großes Zentrum des orthodoxen Judentums in Europa


aper [SG. 8]
schneefrei, ohne Schnee als Gegenteil von schneebedeckt. Begriff aus dem Alpinismus bei Wege- und Zustandsbeschreibungen von Hochgebirgsregionen: apere Bergflanken, Gipfel oder Gletscher, in Fällen, wo die Ausaperung schon weit fortgeschritten ist, d. h. das Abschmelzen der Schnee- und Eisdecke ist so weit, dass der darunterliegende Boden ganz oder teilweise zu Tage tritt.


Aphroditos [LL 120]
männliche Form der Aphrodite


Apokryphen [LL 106]
von apokrypha (gr. Verborgenes), Texte, nicht in den biblischen Kanon aufgenommen, entweder aus inhaltlichen Gründen, weil sie damals nicht allgemein bekannt, oder religionspolitischen Gründen, weil sie erst nach Abschluss des Kanons entstanden, oder weil ihre Autorität nicht allgemein anerkannt


Appliquérosen [CS 218]
Applikationen (Kleidzusätze) aus Stickereiflecken mit Rosenmotiven



Apostase [CS 158]
theologisch: auch Apostasie = der Abfall vom wahren Glauben


Apostel [RS 108]
Traditionell geschlossener Kreis von 12 Aposteln nach im Neuen Testament anzutreffenden Konzeptionen zum Begriff der Apostel, der Jünger. Überzeugung, dass sie Missionsbefehl des auferstandenen Jesu getreu erfüllt schlägt sich bald in Legenden nieder. Später dringt auch Paulus in die Apostel-Listen ein, findet seinen Platz direkt neben Petrus. Neue Testament hat individuellere Züge höchstens von Petrus, Andreas und Johannes. Entsprechend einzelnen Martyriumstraditionen und Verehrung als Patrone und Schutzhelfer gewinnen die Apostel jeweils eigentümliche Zuständigkeiten und Kennzeichen, die sich in bildlichen Attributen, z. B. der Marterwerkzeuge, niederschlagen.
Simon Petrus
Attribute: gekreuzte Schlüssel, Buchrolle, Hahn
Darstellung: volles Haar kräftiger Bart, Kreuzigung mit Kopf nach unten
Schutzheiliger der Päpste
Andreas
Attribute: Schrägkreuz (wegen Martyriums durch Kreuzigung kopfüber)
Jakobus, Sohn des Zebedäus, genannt der Ältere
Attribute: Pilgerstab, Muschel, Wasserflasche
Schutzheiliger der Pilger (vgl. Wallfahrtsort Santiago de Compostella)
Johannes, Sohn des Zebedäus (der Lieblingsjünger, er starb der Tradition zufolge als einziger Apostel nach mehreren vergeblichen Tötungsversuchen eines natürlichen Todes)
Attribute: Kelch mit Giftschlange, Ölkessel (wegen wunderbarer Bewahrung bei Mordanschlägen), das Evangelistensymbol des Adlers
Philippus
Attribute: Kreuz oder Kreuzstab, Stein oder Schwert sowie Brotlaib mit Fischzeichen
Bartholomäus
Attribute: Schindmesser, da ihm bei lebendigem Leib die Haut abgezogen worden sein soll
Matthäus der Zöllner
Attribute: Geldbeutel oder Zählbrett (wegen seiner früheren Zöllnertätigkeit), Schwert oder Helebarde (wegen Martyriums), das Evangelistensymbol des Engels bzw. Menschen
Thomas
Attribute: Winkelmaß (er gilt als der Missionar Indiens, wo er der Baumeister von König Gundaphar gewesen sein soll), Lanze und Schwert (wegen Martyriums)
Darstellungen: In den Darstellungen überwiegt bei weitem die Szene des ungläubigen Thomas
Jakobus, Sohn des Alphäus, genannt der Jüngere
Attribute: Schriftrolle, Walkerstange und Säge (wegen Martyriums)
Simon der Kanaanäer bzw. der Eiferer
Attribute: Säge oder Keule (fast immer zusammen mit Judas Thaddäus dargestellt; beide gelten als Missionare Syriens, Mesopotamiens und Persiens, wo sie gemeinsam das Martyrium erlitten haben sollen)
Judas, Sohn des Jakobus, stets mit Thaddäus identifiziert
Attribute: Keule, Steine (wegen Martyriums)
Darstellungen: Auf Judas wird selten Bezug genommen, weil er leicht mit dem Verräter verwechselt werden konnte. In den Darstellungen nimmt er nur einen bescheidenen Raum ein, wenn überhaupt, dann in Verbindung mit Simon (z.B. abgerissener Dom in Goslar St. Simon und Judas). Manchmal wird er durch Paulus verdrängt
Matthias, der durch Los Nachgewählte
Attribute: Axt und Buch (Martyrium durch Enthauptung)



Aquaviva, Seraphine [Aufzeichnungen aus Korsika S. 137]
Name auf Grabstein in Piana/Korsika, siehe Aquaviva in CS


Aquinas [CS 146]
siehe Thomas von Aquin


Arboretum [SG 286]
das; Baumgarten, Parkanlage mit verschiedenartigen Baumarten zu Studienzwecken


Arc-et-Senans [AW 67]

Die Königliche Saline in Arc-et-Senans im französischen Département Doubs ist eine Manufaktur zur Salzgewinnung. 1779 fertig gestellt, vom Architekten Claude-Nicolas Ledoux geplant. Eines der bedeutendsten realisierten Bauprojekte der so genannten Revolutionsarchitektur. In späteren Gedankenspielen von Ledoux die tatsächlich realisierte Saline zu einer Idealstadt namens Chaux erweitert – Idealstadtprojekt nie umgesetzt, 1982 ins UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen
Ledoux errichtet in Chaux nicht nur eine einfache Fabrikanlage. Der Anspruch liegt höher. Neben der rationalen Aufgliederung in einzelne Funktionen in einer aufgelockerten Geometrie, der Aufwertung der zuvor als minderwertig empfundenen Bauaufgabe und der neuartigen Architektur mit ihren rustikalen Motiven im Detail und der durch einfache Körper geprägten Großform liegen der Saline auch gesellschaftliche und politische Vorstellungen zugrunde. Die Staatsform, der Absolutismus ist in der Anlage ablesbar, das Haus des Direktors im Zentrum stellt auch das uneingeschränkte Machtzentrum dar. In totalitärer Weise werden von hier sämtliche Abläufe koordiniert und überwacht, die Arbeiter als Untertanen unterliegen dem Direktoren als Herrscher nicht nur physisch, dürfen sie doch die Anlage nicht verlassen, sondern auch auf geistiger Ebene: Der Gottesdienst, eigentlich Feier und Stunde der Zuversicht, findet unter Aufsicht des Direktors, in seinem Haus und unter räumlich erniedrigenden Bedingungen statt. Nicht die Erkenntnis, Salz der Erde zu sein steht im Vordergrund, sondern Diener des Salzes.
Die abnehmend aufwendige Gestaltung der Portale legt eine Hierarchie der Teile der Saline dar: Direktor – Wache – Verwaltung – Produktion – Arbeiter.
Auf der anderen Seite bemüht sich Ledoux, jede Stufe der Gesellschaft gebührend zu würdigen. Das Leben der Arbeiter soll durch das Erleben der Gemeinschaft aufgewertet werden, dieses Leben nach den Gesetzen der Natur soll durch einen anspruchsvollen baulichen Rahmen sowohl der Wohnungen als auch der Arbeitsstätten möglich werden. Der ideale Anspruch und die unmenschliche Realität klaffen allerdings weit auseinander: Zimmer für vier Personen werden aus künstlerischen Gründen nur mit winzigen urnenförmigen Fenstern belichtet und belüftet, aus gleichen Gründen verzichtet Ledoux auf Schornsteine in den Salzsiederäumen, in denen die Arbeiter ihre Zwölfstundenschichten zu verrichten haben, was zu Atemwegserkrankungen und frühem Tod unter ihnen führt.
Die Französische Revolution beendet schlagartig das bauliche Schaffen von Claude-Nicolas Ledoux, war er doch Vertreter und Baumeister des Ancien Régime.
Haus des Direktors
Modell
Wache


Arena von Verona [SG 83ff]
siehe bei Arena von Verona


Archytas [LW 51]
Archytas von Tarent * ca. 425 † ca. 355 v. Chr. antiker griechischer Philosoph (Pythagoreer), Mathematiker, Musiktheoretiker, Physiker, Ingenieur, Staatsmann und Feldherr. Wirkt in seiner Heimatstadt Tarent (griechische Kolonie in Apulien/Süditalien). Aristoteles setzt sich intensiv (Schriften verloren) mit seiner Philosophie auseinander, u. a. Gegenüberstellung mit Platons Dialog Timaios


Arden [AUS 186]
Unbekannte Örtlichkeit


argivische Frauen [LL 120]
Einwohnerinnen der Argolis/Griechenland


arisieren [AUS 253]
Ausdruck der Nazs für eine bestimmte Form des Raubes an Eigentum und Besitz einer Minderheit, den Menschen jüdischen Glaubens oder Abkömmlingen von ihnen im Deutschen Reich 1933 bis 1945 und allen angeschlossenen und besetzten Ländern zu Gunsten einzelner Menschen, die sich als „arisch“ bezeichnen.
Teilweise parallel hierzu Beschlagnahme bzw. Konfiszierung jüdischen Eigentums zu Gunsten des Staates. Beide – Arisierung und Konfiszierung – Teile der Judenverfolgung, für beide Raubarten Gesetze und Verordnungen erlassen.
In einem erweiterten Sinn Vertreibung oder Vernichtung jüdischer Kulturschaffender und Wissenschaftler. Attraktive bzw. begehrte Positionen (z.B. Professorenstellen oder Stellen als Dirigent) mit Nichtjuden besetzt, nachdem der vorherige (jüdische) Stelleninhaber die Position nicht mehr innehatte (Kündigung, vorzeitige Versetzung in den Ruhestand oder anderes).


Aristoteles [Über das Land und das Wasser S. 51]
Aristoteles * Stageira/Chalkidike 384 † Chalkis/Insel Euboia 322 v. Chr. bekanntester und einflussreichster Philosoph. Zahlreiche Disziplinen selbst begründet oder beeinflusst, wie Logik, Biologie, Physik, Ethik, Dichtungstheorie und Staatslehre.


arkadisch [CS 185]
Arkadien in der Antike Berg- und Hochland in der Mitte der Peloponnes.
Arkadier gelten im Altertum als raues Hirtenvolk. In der Zeit des Hellenismus verklärt zum Ort des Goldenen Zeitalters, wo die Menschen unbelastet von mühsamer Arbeit und gesellschaftlichem Anpassungsdruck in idyllischen Natur als zufriedene und glückliche Hirten leben. Ideales Thema der antiken bukolischen Literatur (Hirtengedichte Vergils), aber auch der reichen bukolischen Literatur der europäischen Renaissance und des Barock sowie zahlloser Gemälde des 16. bis 18. Jahrhunderts.
Aus dem Mythos Arkadien wird Vorstellung, es sei Leben jenseits gesellschaftlicher Zwänge möglich. Wesentlicher Bestandteil dieses Traums von arkadischer Freiheit die Schäferideologie, ein vielfältig zusammengesetztes Ideensystem, deren Kern die Pastoralliteratur und deren Verarbeitung zu Motiven der dekorativen Künste seit dem 17. Jahrhundert ist. Adlige fliehen Adlige vor der unerträglich gewordenen Gesellschaft aufs Land, verkleiden sich dort als Schäfer und treten mit den dort wirkenden 'echten' Schäfern in Kontakt. Thema dieser Literatur-Schäfer oder Bücher-Hirten vor allem die Liebe.


Arlberg [NN 91]



Arnolfini, Giovanni [LL 187]

in späteren Jahren Giovanni di Nicolao Arnolfini
* um 1400 † nach 1452 italienischer Kaufmann aus Lucca in der Toskana. Man ruft ihn di Nicolao, um ihn von seinem Cousin Giovanni di Arrigo Arnolfini zu unterscheiden. Zieht schon früh mit seiner Familie nach Brügge, wo er mit Seide und anderen Gütern handelt. Vermutlich zweimal von Jan van Eyck portraitiert: Arnolfini-Hochzeit - die Eheschließung mit Giovanna Cenami (neuerdings: mit unbekannter Frau; Giovanna Cenami war wohl die Ehefrau seines Vetters (oder Bruders) und aus bestangesehenem Kaufmannsgeschlecht, mit ihr war keine morganatische Ehe zu schließen) und Bildnis aus späteren Jahren, s. o.
1434 Brügge (National Gallery/London)
Es handelt sich um eine morganatische Ehe ("Ehe zur linken Hand", nicht standesgemäß: Arnolfini reicht seiner Gattin die Linke).

Symbole:
Die Kerze vorn (über der Braut) ist soeben erloschen, sie raucht noch; das bedeuet, die Frau ist tot (das Bild hat van Eyck nach ihrem Tod vollendet).
Der Teppich neben dem Bett bedeutet Kindbett, die Frau ist nicht schwanger, aber sie starb im Kindbett. Leute der Oberklasse legten einen Teppich vor das Bett, wenn sie Kinder hatten, der Sessel im Raum ist ein weiteres gängiges Symbol, Leute setzen ihn nahe zur Gebärenden.
Reich ist der Haushalt, pelzbesetzten Kleidung, Glasfenster sog. Butzenscheiben, persische Teppiche, nichteuropäische Früchte (Orangen) auf dem Schrank vor der Fensterbank
Die brennende Kerze auf dem Lüster stellt den alles sehenden Christus dar, der Zeuge ist beim Ablegen des Ehegelöbnisses
Der Hund - ein Affenpinscher - Symbol für eheliche Treue (findet sich auch auf Grabsteinen von Eheleuten in dieser Zeit), er befindet sich nicht zufällig eher zu Füßen der Frau, denn nur von der Frau erwartet man unbedingte Treue.
Die scheinbar achtlos abgestellten Holzpantinen: „Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe aus von deinen Füßen, denn der Ort, darauf du stehst, ist ein heilig Land“ heißt es im Alten Testament der Bibel. Wenn zwei Brautleuten das Sakrament der Ehe gespendet wird, gilt auch ein simpler Dielenboden als „heilig Land“.

Im Bildhintergrund rechts (kaum zu erkennen neben dem an die Wand gehängten Besen) ist eine von der Frau halb verdeckte Stuhllehne mit einer geschnitzten Figur. Sie stellt die heilige Margarethe dar, die Schutzpatronin werdender Mütter. Für die Reinheit der Frau sprechen der glasklare Spiegel, die durchsichtigen Perlen der Gebetskette (Vorläufer des Rosenkranzes, links neben dem Spiegel hängend), der Besen.


Spiegel waren mit der damaligen Technik nur rundgewölbt herzustellen, genannt Hexen,weil sie durch die Rundwölbung den Blickwinkel erweitern, Eyck hat diese Faszination in seinem Gemälde ebenfalls untergebracht (die Hexe an der Rückwand spiegelt die Deckenbalken, die der geradlinige Blick auf das Bild gar nicht hergibt). Im Spiegel weitere Personen im Türrahmen, möglicherweise Zeugen für die Eheschließung bzw. den Maler selbst, während er die Szene festhält. Der Rahmen des Spiegels ist mit winzigen Passionsszenen verziert zur Bannung des Hexenspiegels


Signatur des Malers unüblich: Nicht Johann de Eyck fecit (= hat gemacht) sondern Johann de Eyck fuit hic (= war hier), was bedeutet, dass Eyck Zeuge der Hochzeit gewesen ist: Bild hat Zeugnisfunktion, es wird zum Beleg und Dokument der Hochzeit.



arsanisch [AUS 91]
für "das arsanische Grauen" zitiert Austerlitz eine angeblich Fundstelle.
Einerseits wird behauptet, der Begriff stamme aus der Homöopathie. Das a. Grauen sei in direktem Bezug zu den einige Seiten zuvor beschriebenen Charakterzügen Gwendolyns das Klima eines Lebens, das in einem a. oder arsenischen Wesen gefangen ist. Zur homoöpathischen Lehre gehöre der Glaube, dass Arzneien (etwa Arsenicum album) ein Wesen eignet, das seine Entsprechung in dem analog gearteter Menschen findet. Ein Mensch mit arsenischem Wesen weise nun genau jene Charakterzüge und Verhaltensmerkmale auf, wie sie Sebald an Gwendolyn (und auch an ihrem Mann) beschreibt - eine durchgängig so geprägte Existenz ist durchaus etwas "Ungutes", wie Austerlitz sagt, und die Bezeichnung "a. Grauen" trifft diese durch Gefühlskälte und zwanghafte Verhaltensmuster gekennzeichneten Existenzbedingungen in jenem walisischen Predigerhaushalt exakt. (vgl.Forum Eintrag 78
Schmucker vgl. andererseits sieht eindeutige sexuelle Bezüge. Es sei die Verdunkelung der Welt, die den jugendlichen Erzähler hier einhole. "What was it, that so darkened our world?", fragt die walisische Pflegemutter Gwendolyn kurz vor ihrem Tod. Grace, (Jeremy Josephs, Susi Bechhöfer: Rosas Tochter) eine der Präfigurationen Austerlitz’ wird von ihrem Pflegevater sexuell mißbraucht. Hierdurch schließe sich die zunächst rätselhafte Passage als das von Austerlitz empfundene "Ungute" auf. Susi Bechhöfer bzw. Grace ist zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Lotte mit dem Kindertransport nach Wales gelangt und in die Familie eines Baptistenpfarrers aufgenommen worden. So erklärten sich auch mehrere implizite Hinweise auf einen unsichtbaren Zwillingsbruder Austerlitz’, z. B. S. 84, 324 f.
Das Hendiadyoin Ars-anisch=Ars (ahd. mhd. arsch) und Anus. Salvarsan war das erste evident wirksame Chemotherapeutikum gegen venerische Erkrankungen, speziell Lues. Der einschlägige Subtext sei demnach der sexuelle Missbrauch Austerlitz’.


Artemia [NN 9]
Tochter Diokletians siehe Cyriax


Arthog [AUS 118]



Artmann, Hans Christian [UH 15]
1921 - 2000 österreichischer Lyriker, Schriftsteller und Übersetzer, siehe wiki


Aschaffenburg [NN 10f.]



Aschaffenburger Beweinung [NN 32]

Werk Grünewalds im Auftrag Albrechts von Brandenburg
Stiftsbasilika St. Peter und Alexander in Aschaffenburg. Ursprünglich zentrales Bild einer Heilig-Grab-Anlage in der Turmkapelle der Stiftskirche
Lebhafte Farben der Wappen Kontrast zum fahlen Leichenblaß des toten Christus.
Wappen des Kardinals Albrecht von Brandenburg. Albrecht II. Markgraf von Brandenburg-Ansbach (1490 bis 1545) Erzbischof von Magdeburg (1513-1545) sowie von Mainz (1514-1545) Kurfürst des Heiligen Römischen Reichs, Bischof von Halberstadt (1513-1545). 3 Herzschildchen repräsentieren kirchliche Würden. Erzbistums-Schildchen tragen Kreuz, Mainz (in Rot ein silbernes Rad), Magdeburg (rot-silbern geteilt), Halberstadt (silbern-rot gespalten). 4 Hauptfelder: Brandenburg (in Silber ein roter Adler, auf der Brust belegt mit sog. Kleestengeln), Pommern (in Silber ein roter, golden bewehrter Greif), Burggrafen von Nürnberg (innerhalb eines silbern-rot gestückten Bordes in Gold schwarzer doppelschwänziger Löwe, rot gekrönt, hier gewendet), Hohenzollern (silbern-schwarz geviert)
Wappen von Erbach: Geviert, Feld 1 und 4 Erzbistum Mainz, in Rot ein silbernes sechsspeichiges Rad. Feld 2 und 3 Grafen von Erbach: Rot-silbern geteilt, oben zwei silberne und unten roter sechsstrahliger Stern. Grafen und Reichsgrafen von Erbach Ministerialengeschlecht, die das Amt des Vogtes der Abtei Lorsch innehatten. Schloß Erbach/Odenwald.


Ash High House [RS]

Gut in den "Sandlings"


Aschkenasim [AUS 410ff]
Aschkenasim (dt: Aschkenasen) Selbstbenennung der West- und Ostjuden, die gemeinsame religiöse Tradition und Kultur verbindet. Unter den Ostjuden und ihren weltweit verstreuten Nachkommen hat sich auch nach der Schoah der Gebrauch des Jiddischen erhalten, unter den deutschen und französischen Juden seit Mitte des 18. Jahrhunderts infolge der Haskala, der jüdischen Aufklärung, ist Jiddisch fast vollständig ausgestorben.
Die geschichtlich gewachsenen kulturellen und ethnischen Unterschiede zwischen aschkenasischen und sephardischen Juden (die bis zu ihrer Vertreibung 1492 und 1531 in Portugal und Spanien lebenden und nach ihrer Flucht zum größten Teil im Osmanischen Reich und in Nordwestafrika (Maghreb) ansiedelnden Juden - kleiner Teil in Nordeuropa, Amsterdam, Hamburg, Amerika, Indien, Afrika) machen diese beiden europäischen Hauptstränge des Diasporajudentums zu mehr oder weniger klar definierten jüdischen Identitäten. (Israel vereint heute neben der aschkenasischen und sephardischen Linie auch das orientalische und äthiopische Judentum sowie israelische Araber zu einer multikulturellen Nation).
Aschkenasim stammen von hebräischen Juden ab, die nach dem Aufstand von 70 n. Chr von der römischen Regierung in Mitteleuropa, vor allem entlang des Rheins angesiedelt werden (älteste nachweisbare jüdische Gemeinde Köln seit 321 belegt). Die Schum-Städte - jüdischen Gemeinden der rheinischen Städte Speyer, Worms und Mainz (SCHUM Anfangsbuchstaben ihrer hebräischen Namen Sin für Spira, Waw für Warmaisa und Mem für Magenza) - Geburtsstätte der aschkenasischen religiösen Kultur. Während der Kreuzzüge und Pestepidemie 1349 im französischen und deutschen Sprachraum zahlreichen Pogrome gegen jüdische Gemeinden. Einige Überlebende fliehen, vor allem nach Polen-Litauen, wo sie beim Aufbau der Wirtschaft mitwirken und willkommen sind. In diesem Umfeld entwickelt sich Jiddisch, eine linguistisch vorwiegend auf dem Mittelhochdeutschen aufbauende Sprache mit hebräischen, aramäischen, baltischen und slawischen Elementen.


Askalon [AW 209]

Hafenstadt in Israel


Aspiration [LL 98]
Synonym für Ambition, Ehrgeiz


Assimilation [UH 12]
der Juden der Juden: Ende 19. bis Anfang 20. Jht in jüdischen Debatten stark präsent. (Die Frage nach A. und Symbiose steht im engsten Zusammenhang mit der Definition des Jüdischseins. In den einzelnen Ländern unterschiedlich verlaufen.
Gershom Scholem hielt A. der Juden für aussichtslos: Sehr breite Schichten der deutschen Juden waren zwar bereit, ihr Volkstum zu liquidieren, wollten aber, in freilich sehr verschiedenen Ausmaßen, ihr Judentum, als Erbe, als Konfession, als ein Ichweißnichtwas, ein undefinierbares und doch im Bewußtsein deutlich vorhandenes Element bewahren. Sie waren, was oft vergessen wird, zu jener totalen A., welche die Mehrheit ihrer Elite mit dem Verschwinden zu bezahlen bereit war, nicht bereit. Hannah Arendt lehnte A. Juden in Deutschland ab und betonte die Eigenständigkeit der jüdischen Identität, auch wenn sie an keine Religion gebunden.
Die Hoffnungen, die Juden mit der A. verbanden, mit der Machtübernahme der Nazis zerstört.


Astaire, Fred [AUS 99] [Auf ungeheuer dünnem Eis S. 199, 238]
* Omaha 1899 † Los Angeles 1987 (eigentlich Frederick AUS) , US-amerikanischer Tänzer, Sänger und Schauspieler. Sohn eines aus Linz im damaligen Österreich-Ungarn eingewanderten Katholiken mit jüdischen Wurzeln und einer in den USA geborenen deutschstämmigen Amerikanerin


As Tears go by [AW 178]
siehe


astra [NN 56]
Steller bezieht sich in seinen Gedanken auf Paracelsus (den Sebald in instensiv studierte, siehe NN 85), der - wie viele große Ärzte - auch Astrologe ist.
Manche sehen ihn als Vater der Homöopathie an, weil er auf universeller Ebene das Gesetz der Ähnlichkeit anwendet, die Grundlage der Homöopathie, nach der Ähnliches gegen Ähnliches wirkt. Er betont die Analogie zwischen dem äußeren Universum und den verschiedenen Teilen des menschlichen Organismus, zwischen Makrokosmos und Mikrokosmos:
Denn die astra im Leibe haben ihre Eigenschaft, Art, Wesen, Natur, Lauf, Stand, Teil gleich den äußeren, allein in der Form von jenen unterschieden, das ist in der Substanz. Denn so wie es im Äther (= Makrokosmos) ist, so ist es im Mikrokosmos. Nämlich im Menschen sind Sonne und Mond und alle Planeten, desgleichen sind in ihm auch alle Sterne und das ganze Chaos; der Leib zieht den Himmel an sich ... das alles ist eine große göttliche Ordnung.
Paracelsus der Mediziner glaubt, um einen Kranken zu heilen, vorher sein Horoskop kennen zu müsse. Man könne die richtige Dosierung der Arzneien nicht bestimmen, wenn man nicht die Verteilung der Sterne berücksichtige. Ein Arzt, der nichts von Astrologie versteht, ist eher ein Narr zu nennen denn ein Arzt.
Paracelsus unterscheidet 2 Krankheiten: eine aus den Gestirnen und eine aus den Elementen. Paracelsus entdeckt auch das Prinzip psychosomatischer Erkrankungen. Er konstatiert, der Mensch bestehe aus drei Körpern: dem physischen oder animalischen Körper, dem siderischen oder planetaren Körper und dem Körper des Lichts oder Geistes.


Atala [UH 28] [RS 298]
romantischer Roman von Chateaubriand von 1801:
Geschichte einer jungen Halbindianerin. Sie gerät in Konflikt zwischen ihrer Liebe und der Keuschheit, die sie ihrer frommen Mutter gelobt hat und tötet sich. Atala bildet zusammen mit René eine Einheit: In ersterem berichtet der Indianer Chactas dem Franzosen René von seiner unglücklichen Liebe zu Atala, der letztere enthält Renés Autobiographie. Atala ist eines der historisch wichtigsten Werke der französischen Romantik und umfasst wesentliche Aspekte dieser literarischen Strömung: Exotismus, Leidenschaftlichkeit und Pathos, Katholizismus. Äußerst wichtig ist dieses Werk im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um den „edlen Wilden“.
Charlotte Ives ist gerührt von Ch.s Erzählung über den Hund


Atlasgebirge [RS 17]
Hochgebirge im Nordwesten Afrikas, das sich etwa 2300 Kilometer breit über die Staaten Marokko, Algerien und Tunesien erstreckt. Höchster Gipfel Toubkal (4165 m) im Süden Marokkos. Markante Scheidelinie zwischen dem feuchten Klima des Nordens Westafrikas und der extrem trockenen Sahara.


Attachement [UH 13][RS 17]
(veraltet) Anhänglichkeit, Zuneigung


Auerbach, Frank [AW 217]

* Berlin 1931 Sohn eines Patentanwalts, aufgewachsen in einem liberalen, assimilierten jüdischen Elternhaus; Mutter hatte Kunst studiert. 1939 mit Kindertransport nach Großbritannien geschickt, die Eltern - Opfer des Holocausts - sieht er nie wieder. Wächst auf dem Land auf, will Latein studieren, spielt Theater, besucht Kunstkurse an der Volkshochschule, studiert Kunst. Übernimmt von Studienfreund Leon Kossoff Atelier in London, Stadtteil Camden Town, wo er bis heute arbeitet. Publikum und Kritik können anfangs mit aus extrem dicken Farbaufträgen herausgemeißelten Porträts wenig anfangen.
Mit der Zeit Geheimtipp der internationalen Kunstszene, erste Ausstellungen auf dem europäischen Kontinent. Durchbruch als anerkannter Künstler 1986 mit dem britischen Pavillon auf der Biennale Venedig. Neben Lucian Freud bedeutendster Vertreter der figurativen Malerei in Großbritannien.
Workaholic: Seit mehr als 50 Jahren malt er durchgehend 365 Tage im Jahr in seinem Atelier, in das er sich täglich sechzehn 5-Liter-Kanister Ölfarbe liefern lässt. Vetter des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki, eng mit Lucian Freud und Ronald Brooks Kitaj (+ 2007) befreundet. Monate- manchmal jahrelang arbeitet er an Porträts, von ihm selber Köpfe genannt. Für die Stadtlandschaften fertigt er Hunderte von stenogrammartigen Skizzen an, verändert sie immer wieder. Gerne besucht er Porträtsammlungen alter Meister, die ihm als Inspiration für seine Köpfe dienen. Sieht sich als Einzelgänger jenseits aller Moden, als Robinson Crusoe der Kunstwelt.
While all four emigrants are based on real people, the painter Max Ferber, who obsessively scratches out then redoes his work, is a composite of Sebald's Mancunian landlord ("I found out he'd skiied in the same places as I had") and the London-based artist Frank Auerbach. Without naming Auerbach, Sebald says he felt he had the right - "because the information on his manner of work is from a published source". Auerbach, however, refused to allow his paintings to appear in the English edition. Sebald modified the character's name from Max Aurach in the German. "I withdraw if I get any sense of the person's discomfort," he says. ["The Guardian"]:. Sebald änderte den Namen von Max Aurach in Max Ferber. Vgl. auch Blog "Vertigo"


Auf den Bergen die Burgen [AW 62]
Lied von Leberecht Dreves (1816–1870
Melodie: Wilhelm Stade (1817–1902)
Auf den Bergen die Burgen,
im Tale die Saale,
die Mädchen im Städtchen
einst alles wie heut.
Ihr werte Gefährten,
wo seid Ihr zur Zeit
mir, ihr Lieben, geblieben?
|: Ach, alle zerstreut! :|

Die einen, sie weinen;
die andern, sie wandern;
die dritten noch mitten
im Wechsel der Zeit;
auch viele am Ziele,
zu den Toten entboten,
verdorben, gestorben
|: in Lust und in Leid. :|

Ich alleine, der eine,
schau wieder hernieder
zur Saale im Tale,
doch traurig und stumm.
Eine Linde im Winde,
die wiegt sich und biegt sich,
rauscht schaurig und traurig;
|: ich weiß wohl warum! :|


Auriga [AUS 166]

(lat: Fuhrmann) Sternbild des Nordhimmels. Hauptstern Capella auffallend hell.


Auschowitzer Quellen [AUS 299ff, 306]
Marienbad, Ferdinandquelle. Schon im 16. Jht Úšovické (Auschowitz)-Quellen bekannt, später Ferdinandquelle. Erste Quelle im Grenzgebiet der Wälder, zur Herstellung von Salz benutzt - negativ, weil es sich nicht um Kochsalz handelt, an dem es in Böhmen immer mangelte, sondern um Abführsalz. Glaubersalz Hauptbestandteil. Später findet man Jod, Lithium und Strontium. Über der Quelle lässt Abt Reitenberger 1826/27 klassizistische Kolonnade erbauen, architektonisches Denkmal.

1926 weitere Quellen entdeckt: Ferdinand VII und VIII. Die Quelle Ferdinand VI ideales Tafelwasser wegen hohem CO2-Anteil, in Flaschen unter Namen "Excelsior".


Auschwitz-Nummer [CS 165]
Bei der Ankunft in Auschwitz schlagen die SS-Leute die deportierten Juden blutig, treten sie mit Stiefeln. Als sie durch das Tor mit der Aufschrift "Arbeit Macht Frei" marschieren müssen, richten die SS-Leute ihre Gewehr auf sie. Sie laufen auf und ab, brüllen Befehle. Nach dem Duschen und Einkleiden (in die Kleider der vergasten Juden) werden die neuen Häftlinge mit Nummern versehen. Von jetzt an sind sie nur noch diese Nummer. Ohne Nummer kein Trinken, kein Schlafplatz. Wer seine Nummer vergaß, wird verprügelt oder erschossen. Bei einem Besuch in Auschwitz fällt einem SS-Offizier die niedrige Nummer auf dem Arm eines Häftlings ins Auge. Der SS-Offizier schreit ihn an, er müsse liquidiert werden, länger als 6 Wochen darf ein Häftling nicht im KZ überleben.
Jean Améry war Nr. 172364


Auschwitz-Monowitz [CS 159]
"KZ Auschwitz III" oder "KZ Monowitz" in Monowice (deutsch: Monowitz) bei Oswiecim (deutsch: Auschwitz): Konzentrationslager (Arbeitslager) für verschiedene Industrieansiedlungen im besetzten Südpolen. Etwa 60 km westlich von Kraków (Krakau) und 6 km östlich vom Stammlager Auschwitz I entfernt auf dem Gelände der Buna-Werke der IG Farben AG. Das KZ zunächst „Lager Buna“, dann „Arbeitslager Monowitz“ genannt, seit November 1943 als „Konzentrationslager Auschwitz III“ geführt. Ende 1944 im Rahmen der SS-Verwaltung mit der Bezeichnung „Konzentrationslager Monowitz“ intern gewisse Eigenständigkeit.
März 1941 Einigung zwischen I.G. und SS. Tauschgeschäft, I.G. Farben zweigt Baumaterial aus ihrem Kontingent an Zement, Eisen und Holz zum Ausbau des KZ Auschwitz I (Stammlager) ab, bekommt im Gegenzug von der SS Arbeitskräfte. Zunächst waren 1.000 Häftlinge zugesagt, für 1942 3.000 Häftlinge. Arbeitszeit mindestens 10 Stunden im Sommer, 9 Stunden im Winter. Für jeden Facharbeiter zahlt die „I.G. Farbenindustrie A.G. Werk Auschwitz“ täglich 4 Reichsmark an die SS, Kosten für Verpflegung und Transport zur Baustelle übernimmt SS. Durch Selektionen sorgt SS für Austausch geschwächter oder kranker Häftlinge, die nicht mehr (dauerhaft oder vorübergehend) arbeitsfähig sind, wichtigste Aufgabe der so genannten Lagerärzte. Wichtige Positionen im Lager und in Arbeitskommandos überwiegend mit reichsdeutschen „BV-Häftlingen" besetzt, kriminelle „Berufsverbrecher“. Die Funktionshäftlinge haben im Lager für den reibungslosen Ablauf des Alltags zu sorgen und die von der SS gesetzten Regeln zu überwachen. Ihre Mitwirkung für Wachpersonal unverzichtbar; die Funktionshäftlinge und Kapos von der Arbeitspflicht befreit und bevorzugt bei der Verpflegung und Unterkunft. Überlebenschance ungleich größer als die ihrer Mithäftlinge. Die Mehrzahl der Kapos treibt entkräftete Mithäftlinge brutal zur Arbeit an, Gewalttätigkeiten und Tod der Zwangsarbeiters billigend in Kauf genommen. Der Alltag der Häftlinge bestimmt durch körperliche Schwerstarbeit bei unzureichender Kleidung, Ernährung und Unterbringung, Arbeitssklaven überdies den Übergriffen von Kapos und Wachmannschaften ausgesetzt. Im Sommer beginnt der Arbeitstag für die Häftlinge um fünf Uhr mit dem Wecken. Waschen, Anziehen, Frühstück - alles in rasender Eile. Nach Zählappell marschieren die ersten Arbeitskolonnen um sieben Uhr ab. Um zwölf Uhr einstündige Mittagspause; um sechs Uhr endet die Arbeit.
Eine Baracke verfügt regulär über 168 Schlafplätze in zwei- oder dreistöckigen Hochbetten. Meist müssen sich zwei Häftlinge eine Bettstelle teilen. Weder Bettwäsche noch einfache Decken, Häftlinge müssen auf blanken Pritschen oder faulendem Stroh schlafen. Ernährung völlig unzureichend. Theoretisch erhielten die Häftlinge „Frischgemüse“: minderwertiges, zum Teil ungeputztes, holziges oder verdorbenes Gemüse. Bei schwerer körperlicher Arbeit verlieren Häftlinge etwa 2 kg Körpergewicht pro Woche. Nach drei bis vier Monaten ausgezehrt.
Im I.G.-Farben-Prozess 1948 über zwanzig Manager vor Gericht. Wegen ihrer Verantwortung für den Einsatz von Konzentrationslagerhäftlingen die Vorstandsmitglieder Otto Ambros und Heinrich Bütefisch, der Betriebsführer Walter Dürrfeld und die Vorsitzenden Fritz ter Meer und Carl Krauch zu Haftstrafen zwischen fünf und acht Jahren verurteilt, vorzeitig aus der Haft entlassen, später wieder einflussreiche Positionen in der Wirtschaft.


Austerlitz [AUS 100ff]

tschechisch Slavkov u Brna, Kleinstadt östlich Brnos (Brünn) in der Tschechischen Republik mit ca. 6000 Einwohnern im Jihomoravský kraj (Südmähren), bekannt durch die Schlacht von A. (Drei-Kaiser-Schlacht


Austerlitz [AUS 3, 99, 215f]

  • das 2001 erschienene fünfte Werk des Schriftstellers W. G. Sebald
  • wirklicher Name von Fred Astair
  • Person aus Kafkas Tagebüchern (beschneidet dessen Neffen)
  • eine Laura A. macht 1966 Aussagen vor ital. Untersuchungsrichter über Euthanasieverbrechen in einer Reismühle auf der Halbinsel San Saba bei Triest
  • Schlacht bei Austerlitz
  • Titelfigur Austerlitz
  • andere Austerlitz: im Telefonbuch von London: 1, von Paris: 8! (im Jahr 2009, vgl. S. 99)
  • Austerlitz mit folgenden Vornamen in Prag bei Einmarsch der Nazis wohnhaft:
  • Leopold
  • Viktor
  • Tomás
  • Jeroným
  • Edvard
  • Frantiksek
  • Agáta



Austria as it is[UH 23] or Sketches of continental courts, by an eye-witness (London 1928) von Sealsfield . 1828 anonym in London: Austria as it is, or sketches of continental courts, by an eye-witness, österreichische Geheimpolizei versucht vergeblich dem Verfasser auf die Spur zu kommen. Erst Jahre später gesteht Postl seine Autorschaft ein.
Fünf Jahre nach seiner Flucht präsentiert Sealsfield seine Abrechnung mit Österreich, die wahrscheinlich fundierteste und entschlossenste politische Kritik am Metternich-Regime in der Figur eines Reiseberichts. Der im Titel zitierte Augenzeuge beginnt seine Fahrt in Le Havre und hat damit hinreichend Anlass zu Schilderung der politischen und sozialen Situation in Frankreich, vor deren Hintergrund die folgenden Zustände in deutschen Landen nur umso schlimmer erscheinen müssen. Die Reiseroute führt dann über Straßburg und Baden. Schließlich schwenkt sie in großem Bogen nach Norden (Ist sie die Fluchtbewegung Carl Postls in umgekehrter Richtung?) und dann über Prag, Mähren und Niederösterreich nach Wien. Mehr als die Hälfte des Berichts setzt sich mit der Hauptstadt selbst, mit der Zensur, den allgegenwärtigen Spitzeln, den Theatern und ihrem Publikum, der Kirche ("Die Geschmeidigkeit des österreichischen Klerus"), den Klöstern und in einem ganzen Kapitel mit Metternich selbst auseinander. In dem "Pamphlet" (auch so wurde "Austria as it is" mehrfach bezeichnet) werden jedoch auch die täglichen Lebensbedingungen und die relative Zufriedenheit der Bevölkerung deutlich gezeichnet. Dt. erstmals 1919


Auszug der Grazer [UH 15]
"Wie die Grazer auszogen, die Literatur zu erobern" von Peter Laemmle und Jörg Drews 1983. Grazer Autoren wie Handke, Gerhard Roth, Wolfgang Bauer, Jonke, Hoffer u.a. stehen immer wieder im Mittelpunkt der literarischen Diskussion in den 1970er Jahren. Laemmle und Drews unrsuchen die Literaturszene und ihren Anteil an der Entwicklung der Literatur unter verschiedenen historischen und ästhetischen Gesichtspunkten. Das Bild der Schreibweisen, der literarischen Methoden wird anhand monographischer Einzelaufsätzen sichtbar. Ein theoretischer Aufriss setzt sich kritisch mit dem Innovationsanspruch der Grazer Autoren der 1970er Jahre auseinander.


Autopsie [SG 283]
Sektion, Obduktion, Leichenöffnung, innere Leichenschau zur Feststellung der Todesursache und zur Rekonstruktion des Sterbevorgangs. Von Pathologen, Rechtsmedizinern (Forensik) oder Anatomen durchgeführt.


Auvergne [CS 246]
Region im Zentralmassiv ("Land der Vulkane")/Frankreich
Karte siehe siehe auch Hölderlin


Ave Maria [Aufzeichnungen aus Korsika 142]
(lat.=Gegrüßet seist Du, Maria) Beginn und Bezeichnung eines Grundgebetes der katholischen Kirche zur Anrufung Marias, der Mutter Jesu, nach dem Vaterunser meistgesprochenes Gebet der Christenheit und Bestandteil des Angelus und des Rosenkranzes.
Text:
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade,
der Herr ist mit dir.
Du bist gebenedeit unter den Frauen,
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus.
Heilige Maria, Mutter Gottes,
bitte für uns Sünder
jetzt und in der Stunde unseres Todes.
Amen.


Awatscha, Bucht von [NN 51]

russ. Awatschinskaja Bucht, eine der größten der Welt. Vögelkolonien (Taubenteisten, Papageientaucher, Seemöwen, Kormorane, Enten, Seeadler) Sogenanntes "Stadttor" oder "Die drei Brüder": drei aus dem Wasser ragende Felsen am Eingang der Bucht


A Whiter Shade of Pale [AW 179]
Song von Procul Harum , 1967, mehr als 2,5 Millionen Mal verkauft.
Mit dem eindrücklichen Klang und dem Charakter von Johann Sebastian Bach (von Organist Matthew Fisher auf einer Hammond-Orgel Sequenzen, von "Wachet auf, ruft uns die Stimme“ und „Air“ inspiriert), der Begleitung von Gary Brooker, dem mystischen Text von Keith Reid wird Song ein Hit in Europa und USA, Klassiker
siehe Musik und Video

We skipped the light fandango
Turned cartwheels cross the floor
I was feeling kinda seasick
But the crowd called out for more
The room was humming harder
As the ceiling flew away
When we called out for another drink
The waiter brought a tray

And so it was that later
As the miller told his tale
That her face, at first just ghostly,
Turned a whiter shade of pale
She said, there is no reason
And the truth is plain to see.
But I wandered through my playing cards
And would not let her be
One of sixteen vestal virgins
Who were leaving for the coast
And although my eyes were open
They might have just as wellve been closed
She said, Im home on shore leave,
Though in truth we were at sea
So I took her by the looking glass
And forced her to agree
Saying, you must be the mermaid
Who took neptune for a ride.
But she smiled at me so sadly
That my anger straightway died

If music be the food of love
Then laughter is its queen
And likewise if behind is in front
Then dirt in truth is clean
My mouth by then like cardboard
Seemed to slip straight through my head
So we crash-dived straightway quickly
And attacked the ocean bed


A world bibliography of bibliographies [LW 26]
and of bibliographical catalogues, calendars, abstracts, digests, indexes, and the like von Theodore Besterman 4. Aufl. Rowan & Littlefield, Totwan, N.J. 1980 (5 Bde.) Wichtigste Metabibliografie (Bibliografie, die nur Bibliografien verzeichnet)