LEXIKA
AUS: Austerlitz
AW: Die Ausgewanderten
BU: Beschreibung des Unglücks
CS: Campo Santo
LL: Logis in einem Landhaus
LK: Luftkrieg und Literatur
LW: Über das Land und das Wasser
NN: Nach der Natur
RS: Die Ringe des Saturn
SG: Schwindel.Gefühle
UH: Unheimliche Heimat
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Haas, Pavel [AUS 353]
* Brno/ Österreich-Ungarn 1899 † KZ Auschwitz-Birkenau/Polen 1944

Komponist. Meisterklasse bei Leoš Janácek, freiberuflicher Komponist in Brünn. Zahlreiche Kammermusikwerke, eine große Psalm-Vertonung und mehrere Tonfilmkompositionen (angeregt von Bruder, Filmschauspieler Hugo Haas), 1938 Oper „Scharlatan“ nach dem „Eisenbart“-Roman von Josef Winckler. 1941 nach Theresienstadt gebracht. Die meisten der im Lager entstanden Kompositionen verloren. Erhalten Männerchor "Al's fod“, die "Vier chinesischen Lieder“ und die "Studie für Streichorchester (1943)“ (in Ausschnitten als Klangdokument überliefert im Fragment des Propagandafilms "Theresienstadt. Ein Dokumentarfilm aus dem jüdischen Siedlungsgebiet“ .).
Nachdem die Nazis kulturelle Aktivitäten im Lager Theresienstadt zuerst nur dulden, gehen sie Anfang 1942 dazu über, Künstler vom allgemeinen Arbeitsdienst zu befreien, damit sie ihrer Berufung weiterhin folgen können. Auf diese Weise sollten sie dem Lager zu kulturellem Glanz verhelfen. Dahinter die Absicht, Theresienstadt zum Vorzeigeghetto zu machen, um es propagandistisch als „Gegenbeweis“ angesichts umlaufender Gerüchte vom Massenmord an den Juden benutzen zu können. Am 23. Juni 1944 wird das Lager vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) besichtigt . Anlässlich dieses Besuches im Vorzeigeghetto Haas’ Studie für Streichorchester von Karel Ancerl uraufgeführt; der Dirigent kann das Notenmaterial für die Streicher retten, aus dem er später die Partitur rekonstruiert. Danach entstand Kurt Gerrons Film Theresienstadt, in dem auch Pavel Haas kurz zu sehen ist . Nach Abschluss dieser Propagandaaktionen verfügen die Nazis im Oktober 1944 die Einstellung aller künstlerischen Aktivitäten und deportieren am 16. Oktober viele Künstler, darunter auch Haas, ins Vernichtungslager Auschwitz, wo er einen Tag später ermordet wird. Der üble propagandistische Missbrauch für den Film „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ ist ebenso zynisch wie irreführend; der monatelangen „Verschönerung“ des Lagers anlässlich des Besuches durch das Dänische Rote Kreuz folgt nach wenigen Wochen die Deportation der meisten Musiker, die mit tausenden anderen Theresienstädter Opfern in Auschwitz ermordet werden, wie auch Haas selbst. Karel Ancerl, der Dirigent, überlebt den Holocaust, und findet nach dem Krieg die Orchesterstimmen der Studie im Lager. Die Partitur hat Haas nach Auschwitz mitgenommen, und ist verloren.


Habermus [LW 69]
gekochtes Frühstück aus geknackten Dinkelkörnern nach alter Tradition. Ihm sollen die Alemanen ihre sprichwörtliche Schaffenskraft und guten Humor verdanken. Stellt dem Körper alles zur Verfügung, was er zum gesunden Leben braucht: lebensnotwendiges Eiweiß, wertvolle Kohlenhydrate, Edelfette, viele Vitamine und basische Mineralien (schützen vor Übersäuerung und Entzündung). Dinkel enthält Rhodanid, natürlichen Wachstumsförderer zur Bildung von Nerven-, Blut-, Knochen- und Abwehrzellen, kann Zellwände vor dem Eindringen krebsauslösender Stoffe schützen.
Johann Peter Hebel: “Chummet Kinner chummet, esset Habermus.”
Zutaten für 1Person: 1/2 Tasse Dinkelhabermus, 1 Tasse Wasser, nach Belieben Rosinen, 3 Msp. Galgant und Bertram, 1/2 TL Zimt, 1/2 Apfel, geschnitten, 1/2 TL Honig 1 TL süße Mandelblättchen oder Mandeln, 1 Eßl. Flohsamen, 1 Tl. Maronenmehl, 4 Msp. Süssholzpulver


Hackensack [AW 131]



Häretiker [CS 158]
Anhänger einer Häresie; Ketzer
"Häretiker Bernhard" ? unbekannt (Bernhard von Clairvaux schärfster Gegner der Häretiker!)


Ha-Ha [RS 311]
oder Aha, landschaftsarchitektonisches Gestaltungsmittel der Gartenkunst, ersetzt eine Parkmauer oder Zaun. Meist trockener, deutlich unter dem Geländeniveau liegender tiefer Graben mit steilen Böschungen oder in einem Graben stehende, einseitig das Erdreich abstützende oder auch frei stehende Mauer (doppelter Ha-Ha).
Im Gegensatz zum der Verteidigung dienenden Burggraben verhindert ein Ha-Ha, dass Tiere und ungebetene Besucher in den Garten gelangen, ohne den Blick nach außen zu verstellen. Die angrenzende Landschaft wird somit visueller Teil des Gartens, ein illusionistischer Kunstgriff, der den Garten scheinbar vergrößert.
Seit dem frühen 18. Jahrhundert von Gartenkünstlern eingesetzt.

(Ha-Ha erklärt sich aus dem lautmalerischen Ausruf des Erstaunens. Das Ha-Ha, aus der Ferne nicht erkennbar, wird erst beim Herantreten sichtbar, verblüfft den Besucher, der die Konstruktion mit „Aha!“ kommentiert. Das Wort bezeichnete ursprünglich sowohl jedes Hindernis, das einen Weg versperrte als auch einen Weg, der als Sackgasse endete. Es ging dann auf das oben erläuterte Element der englischen Landschaftsgärten des 18. Jahrhunderts über („sunk fence“)).


Hakenkreuz [AUS 241]
Swastika (Sanskrit: Glücksbringer), Kreuzsymbol mit abgewinkelten oder gebogenen Armen. Die vier Enden können nach rechts oder links gerichtet, recht-, spitz-, flachwinkelig oder rundgebogen und mit Kreisen, Linien, Punkten oder Ornamenten verbunden sein. Symbole seit etwa 6000 Jahren in Europa und Asien bekannt, Nazis übernehmen ein auf der Spitze stehendes, nach rechts gewinkeltes Hakenkreuz als Symbol einer angeblichen arischen Rasse, 1920 Parteizeichen der NSDAP, 1935 zentrale Bestandteil der Flagge des Deutschen Reiches.

Im November 1933 berichtet die Wolfenbütteler Zeitung aus der “Schreckenskammer des Geschmacks“ über “Nationale Drops“. Neue Entscheidungen zum Schutz der nationalen Symbole hätten wieder ein paar geschmacklose Produkte ans Licht gebacht: “Da hat es wieder ... Bonbons mit Hakenkreuzen... im Handel gäbe es “nationale Drops“ mit den Farben schwarz-weiß-rot und dem Hakenkreuz ...


Halle [NN 37]



Halesworth [RS 183]



Halleyscher Komet [AW 316]
bekanntester Komet, sehr lichtstark, kehrt im Mittel alle 76 Jahre wieder, zuletzt 1910 und 1986 in Erdnähe, nächste Wiederkehr 2061.


Halifax-Bomber [RS 54]
Die Handley Page Halifax (Handley-Page Typ 57 bzw H.P.57), entwickelt bei der Handley Page Aircraft Company, während des Zweiten Weltkrieges neben der Avro Lancaster(7.377 Maschinen) und der Short Stirling (2.380 Maschinen) der dritte viermotorige schwere Bomber der Royal Air Force. Von 1940 bis 1946 6.178 Maschinen verschiedener Versionen hergestellt und bis März 1952 verwendet.
siehe


Haller, Albrecht von [NN 89]
* Bern 1708 † ebda 1777
Schweizer Universalgelehrter, Mediziner, Dichter, Literaturkritiker
Studiert Naturwissenschaften und Medizin in Tübingen, promoviert in Leiden. Weiterbildung in England und Frankreich, studiert in Basel Mathematik und Botanik. Ab 1729 in Bern, praktischer Arzt, Stadtarztes und Leiter der Bibliothek. 1736 Göttingen Lehrstuhl für Anatomie, Chirurgie und Botanik. 1754 in Bern Schulrat, Vorsteher des Waisenhauses, 1758 Direktor der Salzbergwerke von Roche.
Standardwerk Elementa physiologiae corporis humani 1732 Gedichtsammlung Versuch Schweizerischer Gedichte, dort auch Die Alpen .
Auszüge:
Wenn Titans erster Strahl der Gipfel Schnee vergüldet
Und sein verklärter Blick die Nebel unterdrückt,
So wird, was die Natur am prächtigsten gebildet,
Mit immer neuer Lust von einem Berg erblickt;
Durch den zerfahrnen Dunst von einer dünnen Wolke
Eröffnet sich zugleich der Schauplatz einer Welt,
Ein weiter Aufenthalt von mehr als einem Volke
Zeigt alles auf einmal, was sein Bezirk enthält;
Ein sanfter Schwindel schließt die allzu schwachen Augen,
Die den zu breiten Kreis nicht durchzustrahlen taugen.

Ein angenehm Gemisch von Bergen, Fels und Seen
Fällt nach und nach erbleicht, doch deutlich, ins Gesicht,
Die blaue Ferne schließt ein Kranz beglänzter Höhen,
Worauf ein schwarzer Wald die letzten Strahlen bricht;
Bald zeigt ein nah Gebürg die sanft erhobnen Hügel,
Wovon ein laut Geblök im Tale widerhallt;
Bald scheint ein breiter See ein Meilen-langer Spiegel,
Auf dessen glatter Flut ein zitternd Feuer wallt;
Bald aber öffnet sich ein Strich von grünen Tälern,
Die, hin und her gekrümmt, sich im Entfernen schmälern.

Dort senkt ein kahler Berg die glatten Wände nieder,
Den ein verjährtes Eis dem Himmel gleich getürmt,
Sein frostiger Kristall schickt alle Strahlen wieder,
Den die gestiegne Hitz im Krebs umsonst bestürmt.
Nicht fern vom Eise streckt, voll Futter-reicher Weide,
Ein fruchtbares Gebürg den breiten Rücken her;
Sein sanfter Abhang glänzt von reifendem Getreide,
Und seine Hügel sind von hundert Herden schwer.
Den nahen Gegenstand von unterschiednen Zonen
Trennt nur ein enges Tal, wo kühle Schatten wohnen.

Hier zeigt ein steiler Berg die Mauer-gleichen Spitzen,
Ein Wald-Strom eilt hindurch und stürzet Fall auf Fall.
Der dick beschäumte Fluß dringt durch der Felsen Ritzen
Und schießt mit gäher Kraft weit über ihren Wall.
Das dünne Wasser teilt des tiefen Falles Eile,
In der verdeckten Luft schwebt ein bewegtes Grau,
Ein Regenbogen strahlt durch die zerstäubten Teile
Und das entfernte Tal trinkt ein beständige Tau.
Ein Wandrer sieht erstaunt im Himmel Ströme fließen,
Die aus den Wolken fliehn und sich in Wolken gießen.
Wohl kein Dichter deutscher Zunge im 18. Jahrhundert, der dieses Gedicht nicht kannte.
Über den Ursprung des Übels, Unvollkommenes Gedicht über die Ewigkeit.
Viele Rezensionen über zeitgenössische Werke, politische Romane.
Siehe auch Fundus


Hamburger, Michael [RS 208ff]
[Auf ungeheuer dünnem Eis S. 122]



* Berlin 1924 + Middleton 2007, Übersetzer, Lyriker, Essayist
1933 flüchtete die Familie (Juden, Vater Kindarzt) über Edinburgh nach London. Ab 1941 Studium in Oxford. 1943-45 Dienst in der britischen Armee. Der Lyriker und Essayist unterrichtete an englischen und amerikanischen Universitäten und übersetzt Büchner, Celan, Enzensberger, Goethe, Grass, Hölderlin, Huchel, Rilke und Trakl. Sein dichterisches Werk schöpft aus der deutschen Literaturtradition, deren herausragender und mit vielen Preisen bedachter Übersetzer er wird: auch von W. G. Sebald. Lebte in Middleton/Suffolk - seine Mutter ist eine geborene Homburg (RS 217) .
Werke: Unterhaltung mit der Muse des Alters, Gedichte. Zwischen den Sprachen, Essays+Gedichte. Vernunft und Rebellion, Aufsätze. The Truth of Poetry/Wahrheit und Poesie, Spannungen in der modernen Literatur von Baudelaire bis zur Gegenwart. Literarische Erfahrungen, Aufsätze. Verlorener Einsatz, Erinnerungen. Das Überleben der Lyrik, Berichte. Die Erde in ihrem langen langsamen Traum, Gedichte. Traumgedichte. Baumgedichte. Unteilbar, Gedichte aus 6 Jahrzehnten. Todesgedichte. Das Überleben der Erde, Gedichte. In einer kalten Jahreszeit, Gedichte. Aus einem Tagebuch der Nicht-Ereignisse, Gedichte.
Arbeitszimmer (vgl. S. 218)


Hanau, Marthe [AW 135]

1886 - 1935, französische Anlagebetrügerin jüdischer Herkunft, die die französischen Finanzmärkte in den 1920er- und 1930er-Jahren um einige Millionen Francs betrügt und Skandal auslöst. Sie hatte mit 22 Jahre Lazarus Bloch geheiratet, trennte sich aber von ihm, nachdem er ihre Mitgift im Glücksspiel durchgebracht hatte.


Handke, Peter [UH 15f.] [CS 57ff]
*1942 vielfach ausgezeichneter österreichischer Schriftsteller und Übersetzer, mutmaßlich der im Ausland bekannteste zeitgenössische österreichische Autor. Nach seiner Kritik der Sprach- und Bewusstseinsschablonen befasst sich Handke vor allem mit der Entfremdung zwischen Subjekt und Umwelt. Frühwerke wie „Publikumsbeschimpfung“ und „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ machen ihn in den späten 1960er Jahren schlagartig bekannt. In den Jugoslawienkriegen der 1990er Jahre vertritt er serbische Positionen gegen die antiserbischen Mehrheitsmeinung, siehe wiki
»Ein Jahr aus der Nacht gesprochen« »Festhalten ohne gefangen nehmen« Handkes hintergründige und teils humorvolle Notate, 2007
2019 skandalumwitterte Nobelpreisverleihung


Hauptscharführer [AUS 257]
SS-Hauptscharführer im Deutschen Reich bis 1938 der höchster Rang der Dienstgradgruppe der Unteroffiziere mit Portepee der SS, hat die Befähigung zum Zugführer, in der Regel als „Spieß“ eingesetzt.
Weitere typische Einsatzmöglichkeit: SS-Kommando- und Führungsstäbe, Sicherheitsbehörden wie Gestapo und SD, KZs und SS-Einsatzgruppen.
siehe Zitate Adler


Hasketon [RS 241]



Haus der Fische [NN 30]
In der Astronomie/Astrologie Tierkreiszeichen der Fische, dem zwölften Abschnitt des Tierkreises von 330° bis 360° ekliptikaler Länge ab Frühlingspunkt. Die Sonne befindet sich im Mittel in der Zeit zwischen 19. Februar und 20. März in diesem Zeichen.


Hauser, Kasper [CS 221]
1812 - 1833, „rätselhafter Findling“, 1828 in Nürnberg als etwa 16-jähriger, geistig anscheinend zurückgebliebener und wenig redender Jugendlicher aufgetaucht, erregt internationales Aufsehen. Soll der 1812 geborene Erbprinz von Baden sein, 1833 tödliche Stichwunde durch Attentäter, nach kriminalwissenschaftlichen Untersuchungen angeblich Selbstverletzungen


Hebel, Johann Peter [AW 56f] [CS 249f.] [Auf ungeheuer dünnem Eis 109] [LL 5, 9ff]


* Basel 1760 † Schwetzingen 1826, deutschsprachiger Dichter aus Südbaden, evangelischer Theologe und Pädagoge. Bedeutendster alemannischer Mundartdichter.
Eltern arbeiten im Sommer in einem Patrizier-Haus in Basel. Kindheit verlebt Hebel zur Hälfte in der Stadt, zur Hälfte in

Hausen im Wiesental,
dem Heimatdorf seiner Mutter Ursula, in dem sein Vater im Winter als Weber arbeitet.
Da habe ich frühe gelernt arm sein und reich sein, nichts haben und alles haben, mit den Fröhlichen froh sein und mit den Weinenden traurig
Hebels Vater, aus dem Hunsrück nach Südbaden gekommen, stirbt 1761 - wie die jüngere Schwester - an Typhus. Ab 1766 Besuch der Volksschule in Hausen, ab 1769 der Lateinschule in Schopfheim, in den Sommermonaten der Gemeindeschule in Basel, ab 1772 des dortigen Gymnasiums. Mit 13 erlebt Hebel den Tod seiner Mutter auf dem Weg zwischen Brombach und Steinen.
1774 Karlsruher Gymnasium illustre, nach zweijährigem Theologiestudium (1778–1780) in Erlangen Hauslehrer und Vikar in Hertingen, 1783 Hilfslehrer in Lörrach, 1791 Subdiakon, predigt in Karlsruhe gelegentlich bei Hofe, 1798 außerordentlicher Professor und Hofdiakon. Am Gymnasium unterrichtet er mehrere Unterrichtsfächer, darunter auch Botanik und Naturgeschichte. 1799 Hebel Ehrenmitglied der Jenaer mineralogischen Gesellschaft, 1802 korrespondierendes Mitglied der „Vaterländischen Gesellschaft der Ärzte und Naturforscher in Schwaben.“ Er schätzt er vor allem Jean Paul und Johann Heinrich Voß.
Von gelegentlichen Reisen in andere Landesteile abgesehen, bleibt Hebel bis ans Lebensende in Karlsruhe Hebel: an einer unsichtbaren Hand immer höher hinan, immer weiter von dem Ziel meiner bescheidenen Wünsche hinweggeführt(Pfarrer in Hausen) 1805 die Möglichkeit, die lutherische Pfarrei in Freiburg im Breisgau zu übernehmen, lehnt dies auf Wunsch des Großherzogs Karl Friedrich ab. 1808 Direktor des Karlsruher Gymnasiums, 1819 Prälat der lutherischen Landeskirche. Als Abgeordneter widmet er sich vor allem der Bildungs-, Kirchen- und Sozialpolitik.
Ab 1815 gesundheitliche Probleme, 1826 an Darmkrebs verstorben. Hebel bleibt unverheiratet

In den Allemannischen Gedichten stellte Hebel Lebensart, Landschaft und Dialekt seiner Heimat dar; vom Fluss Wiese über eine Beschreibung der Vorzüge des Breisgaus bis hin zur Arbeit im Hausener Eisenwerk. Das vielleicht bekannteste alemannische Gedicht ist „Die Vergänglichkeit“.
In dem Gedicht um Sterben und Vergehen erklärt der Vater (Ätti) dem Bueb anhand der


Burgruine Rötteln,
wie dereinst selbst die in ihrer Herrlichkeit dastehende Stadt Basel und sogar die ganze Welt verfallen wird. Hebel hat darin auch eigene Erfahrungen vom Tod seiner Mutter verarbeitet: Das Gespräch zwischen Ätti und Bueb findet auf einem Karren auf der Straße zwischen Steinen und Brombach statt, also genau an der Stelle und unter den Umständen, unter denen Hebel seine Mutter verlor. Enormer Erfolg
Hebels zweites bekanntes Werk Kalendergeschichten, die er ab 1803 für dem Badischen Landkalender und besonders ab 1807 für dessen Nachfolger, den Rheinländischen Hausfreund, etwa 30 pro Jahr, 1811 erscheint das Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes, eine Sammlung der interessantesten Kalendergeschichten. Hebels Geschichten erzählen Neuigkeiten, kleinere Geschichten, Anekdoten, Schwänke, abgewandelte Märchen und Ähnliches. Sie dienen der Unterhaltung, lassen den Leser aber auch eine Lehre aus dem Text ziehen. Die wohl bekanntesten Kalendergeschichten Hebels sind „Unverhofftes Wiedersehen“ und „Kannitverstan“, nach Ansicht Ernst Blochs Erstere „die schönste Geschichte der Welt“. 1815 Streit, da Hebels 1814 verfasste Kalendergeschichte „Der fromme Rat“, die von Katholiken teilweise als anstößig empfunden worden ist, aus dem Kalender entfernt wird. Hebel verfasst deutlich weniger Kalendergeschichten. Nur für 1819 größere Anzahl von Beiträgen
Im Schatzkästlein Die heimliche Enthauptung. Erzählt wird die Geschichte von Vermummten, die den Scharfrichter von Landau mit der Kutsche in ein weit entferntes Anwesen bringen und mit vorgehaltener Pistole zwingen, eine geknebelte und maskierte Person mit dem Schwert zu enthaupten und die Geschichte von der Wirtin des 'Pilgrimstab" in Schliengen, zu der Der schlaue Pilgrim am Ende den in den "Ausgewanderten" zitierten Satz sagt.


Im "Schatzkästlein" findet sich auch "Die Erde und die Sonne". Zitat (CS 249):
Lange nun glaubten selbst die gelehrtesten Sternforscher, diese ganze unermeßliche Sonnenmasse sei nichts anders, als eine glühende Feuerkugel durch und durch. Nur konnte keiner von ihnen begreifen, wo dieses Feuer seine ewige Nahrung faßt, daß es in tausend und aber tausend Jahren nicht abnimmt, und zuletzt, wie ein Lämplein verlöscht; denn die gelehrten Leute wissen auch nicht alles, und reiten manchmal auf einem fahlen Pferd.


Heeresgruppe E [RS 121ff]
(HGr E) Heeres-Großverband der Wehrmacht am 1. Januar 1943 auf dem Balkan aufgestellt (Nachrichtenzentrale 1942 Hauptquartier Banja Luka?), gebildet aus bisherigen AOK (Armeeoberkommando) 12.
Der "junge Wiener Jurist" (S. 122) ist Kurt Waldheim; Sebald spielt auf die Waldheim-Affäre an, zu der es anlässlich der österreichischen Wahl zum Bundespräsidenten 1986 kam: Aufdeckung des Umstandes, dass der Kandidat (und ehemalige UNO-Generalsekretär) Kurt Waldheim seine Biographie für die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges geschönt und verharmlost hatte. Waldheim gewinnt, ist aber international weitgehend isoliert.
Die Aufdeckung:
Waldheims kurze Tätigkeit als Abwehroffizier in der Heeresgruppe E im Balkankrieg unter General Löhr wird ausführlich unter die Lupe genommen, nicht zuletzt aufgrund von Waldheims eigener, stark verkürzter und irreführender Darstellung, er habe allein an der Ostfront seine Pflicht verrichtet und sei verletzt nach Österreich zurückgekehrt. Weitere Unklarheiten werden aufgedeckt, Waldheim hat in seiner kurz zuvor erschienenen Autobiographie „Im Glaspalast der Weltpolitik” über sein Verhalten während der Zeit des Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg lückenhaft und teilweise falsch informiert. Insbesondere verschwieg er seine Tätigkeit als Ordonnanzoffizier in Saloniki von 1942 bis 1943, er behauptet stattdessen, an der Ostfront verwundet worden zu sein und die restliche Kriegszeit in Österreich verbracht zu haben. Bezüglich seiner im Wehrstammbuch angeführten Mitgliedschaft im SA-Reiterkorps betont er, nie einen Beitrittsantrag unterschrieben zu haben.
Waldheim: „Ich habe im Krieg nichts anderes getan als hunderttausende Österreicher auch, nämlich meine Pflicht als Soldat erfüllt.”

Ergebnisse der internationalen Historikerkommission: Waldheims Angaben in seiner Biografie und im Zuge der Diskussionen sind lückenhaft und teilweise falsch. Er war Mitglied in der SA und im Nationalsozialistischem Deutschen Studentenbund (NSDStB), war als Stabsoffizier und Mitarbeiter des zentralen Nachrichtendienstes der Heeresgruppe E auf dem Balkan:
Auch wenn er als Subalternoffizier in Stabsstellungen keine Exekutionsbefugnisse hatte, war er dank seiner Bildung und seinem Wissen sowie infolge der Einblicke, die er als Dolmetscher in die entscheidenden Führungsvorgänge erhielt, besonders aber aus seiner Tätigkeit im zentralen Nachrichtendienst seiner Heeresgruppe und seiner örtlichen Nähe zu den Geschehnissen, hervorragend über das Kriegsgeschehen orientiert. […] Auch wenn sein persönlicher Einfluss auf den Entscheidungsprozeß der obersten Führung (im Südosten) einerseits von seinen Widersachern etwas überbewertet worden ist und andererseits von seinen Verteidigern allzu sehr herabgemindert wurde, war Waldheim doch häufig in diesen Besprechungen zugegen, wirkte an diesen mit und war folglich einer der besonders gut orientierten Stabsangehörigen. Dabei waren seine allgemeinen Einblicke umfassend: sie bezogen sich nicht nur auf die taktischen, strategischen und administrativen Anordnungen, sondern schlossen in einigen Fällen auch die Handlungen und Maßnahmen ein, die im Widerspruch zum Kriegsrecht und den Grundsätzen der Menschlichkeit standen.
Die Kommission hat von keinem Fall Kenntnis erhalten, in welchem Waldheim gegen die Anordnung eines von ihm zweifellos erkannten Unrechts Einspruch erhoben, Protest geführt oder irgendwelche Gegenmaßnahmen getroffen hat, um die Verwirklichung des Unrechts zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Er hat im Gegenteil wiederholt im Zusammenhang rechtswidriger Vorgänge mitgewirkt und damit ihren Vollzug erleichtert.
Waldheim ist zugute zu halten, daß ihm für einen Widerstand gegen das Unrecht nur äußerst bescheidene Möglichkeiten offenstanden. […] Für einen jungen Stabsangehörigen, der auf Heeresgruppenebene keine eigene Befehlsgewalt besaß, waren die praktischen Möglichkeiten des Gegenhandelns sehr gering und hätten mit aller Wahrscheinlichkeit kaum zu einem greifbaren Ergebnis geführt. Sie hätten sich wohl auf einen formellen Protest oder auf die praktische Ablehnung seiner Mitarbeit beschränken müssen, was zwar als mutige Tat erschienen wäre, aber kaum zu einem praktischen Erfolg geführt hätte. Ein derartiges Handeln von Waldheim ist nicht bekannt geworden.
Waldheims Darstellung seiner militärischen Vergangenheit steht in vielen Punkten nicht im Einklang mit den Ergebnissen der Kommissionsarbeit. Er war bemüht, seine militärische Vergangenheit in Vergessenheit geraten zu lassen, und sobald das nicht mehr möglich war, zu verharmlosen. Dieses Vergessen ist nach Auffassung der Kommission so grundsätzlich, dass sie keine klärenden Hinweise für ihre Arbeit von Waldheim erhalten konnte.

Zitat aus SPIEGEL 11/86:
Vergangenen Dienstag begann der zweite Akt. Die "New York Times" beschäftigte sich mit Waldheims Wehrmachtszeit. Schlagzeile auf der Titelseite: "Akten beweisen - Kurt Waldheim diente unter einem Kriegsverbrecher".
Waldheim war von März 1942 bis fast zum Kriegsende dem Luftwaffengeneral Alexander Löhr als "Ordonnanz- und Dolmetschoffizier" zugeteilt. Löhr, ab 1943 Oberbefehlshaber auf dem Balkan, wurde 1947 wegen Kriegsverbrechen von den Jugoslawen hingerichtet.
Waldheim hatte zunächst dem Armeeoberkommando 12 (später Heeresgruppe E) als Italienisch-Dolmetscher in Jugoslawien und Albanien gedient. Zu dieser Zeit, schrieb die "New York Times", hätten auf Löhrs Befehl deutsche und italienische Einheiten "Dörfer vernichtet, in denen Titos Partisanen vermutet wurden".
Im Juli 1942 dekorierte der Nazi-Marionettenstaat Kroatien Waldheim mit dem Kronorden des Königs Zvonimir. Zwischen März und Mai 1943 befand sich Waldheim zumindest zeitweise in Saloniki - als von dort 43850 Juden nach Auschwitz deportiert wurden.
Die Argumente, mit denen sich Waldheim zu verteidigen suchte, klangen beängstigend vertraut: "Es ist wirklich das erste Mal, daß ich davon höre, daß solche Dinge passiert sind. Ich habe nie etwas davon gehört oder erfahren, als ich dort war."

Zitat aus SPIEGEL 5/88 (zur Ordensverleihung, die Sebald auf S. 122 erwähnt)
Ein anderes vom SPIEGEL abgedrucktes Dokument eines jugoslawischen Historikers, das Waldheims persönliche Mitwirkung an Geiselerschießungen bewies, soll sich bereits wenige Tage nach der Veröffentlichung als plumpe Fälschung herausgestellt haben (vgl. hierzu )


Hegelianer [CS 158]
Anhänger der Philosophie Hegels, der zu den Begriffen Idee und Geist ausführt: Was dem Tier versagt bleibt, offenbart sich jedoch dem Geist: der endliche Geist wird sich im einzelnen Menschen seiner Freiheit bewusst. Die Idee kann nun durch den Geist zu sich selbst zurückkehren, indem dieser die Natur (durch Arbeit) wie sich selbst (in Staat, Kunst, Religion und Philosophie) nach der Idee formt bzw. bildet. Im Staat wird die Freiheit zum allgemeinen Gut aller Individuen. Deren Beschränktheit hindert aber diese daran, die unendliche, absolute Freiheit zu erlangen. Damit das Ganze vollkommen wird, schafft sich also der unendliche, absolute Geist im Endlichen sein Reich, in dem die Schranken des Begrenzten überwunden werden. Das Absolute wird sich dadurch seiner selbst bewusst als der ewigen, unzerstörbaren Idee, als des Schöpfers der Natur und aller endlichen Geister. Außerhalb seiner Totalität kann es nichts weiter geben - im Begriff des absoluten Geistes sind auch die extremsten Gegensätze und alle Widersprüche aufgehoben - sie sind alle miteinander versöhnt.


Hegi, Johann Salomon [LL 120]
(1814 - 1896) Schweizer Maler. Statt, wie vorgesehen, Kaufmann zu werden, entschließt er sich 1837, in München Maler zu werden. Er begegnet dort dem fünf Jahre jüngeren Gottfried Keller , mit dem er Briefwechsel und Freundschaft pflegt. Auch finanziell unterstützt Keller den mit wenig Erfolgt beglückten Maler. 1849 bis 1860 lebt Hegi in Mexiko, wo er viele Aquarelle, Bleistift- und Federzeichnungen schafft.


Heidegger, Martin [LL 12, 21]
1889-1976 Philosoph
1927 erstes Hauptwerk Sein und Zeit. Werk und nazistisches Engagement umstritten.
Früh Ministrant, Stipendium in erzbischöflichem Studienheim, Abitur, 1909 Novize im Jesuitenorden, tritt nach einem Monat aus. Priesterseminarist, Theologie- und Philosophiestudium, mit Mathematik, Geschichte und Naturwissenschaften ergänzt.
Dr. phil. 1915 Habilitation, Einberufung (Dienste für Post und Wetterbeobachtung)
Ab 1925 Liebesbeziehung mit 19-jähriger jüdischen Studentin Hannah Arendt. Will weder Stellung noch Ehe gefährden, bestimmt Ort und Zeit der Treffen; sie geht auf seinen Rat nach Heidelberg, um bei Jaspers zu studieren. Die Beziehung lebenslange Bedeutung, auch lange Zeiten ohne Kontakt, vor allem von 1933 bis 1950, jedoch in keinem seiner Werke Bezug auf die Veröffentlichungen Hannah Arendts und im privaten Briefwechsel mit keinem Wort auf ihre Arbeiten, die sie ihm jeweils zusendet, eingehend.
1933 bis 34 Rektor an Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, sieht im politischen Umschwung neue Möglichkeiten.
Vorgänger vermutlich auf Druck des NS-Regimes zurückgetreten. Heidegger wählt bereits 1932 die NSDAP, tritt 1933 bei, Mitglied bis Kriegsende.
Rektoratsrede 1933, Titel Die Selbstbehauptung der Deutschen Universität, Zitat:
„Größe und Herrlichkeit dieses Aufbruchs“. Heidegger fordert grundlegende Erneuerung der Universität. Sie solle mit der Philosophie als Zentrum ihre Ganzheit wiedergewinnen, ähnlich wie in der Antike. Das Verhältnis von Professoren und Studenten solle dem von „Führern“ und „Gefolgschaft“ entsprechen. Notwendigkeit der Bindung an die so genannte „Volksgemeinschaft“ und die wichtige Rolle der Universität bei der Ausbildung von kulturellen Führern des Volkes.
Beteiligung an Propaganda und Gleichschaltungspolitik der „Bewegung“. Zwar untersagt er Bücherverbrennungen an der Universität und die Aufhängung des „Judenplakates“, andererseits unternimmt er nichts gegen die zunehmenden antisemitischen Ressentiments an der Universität. Nach einem fachlichen Streit mit Kollegen denunziert Heidegger diesen 1933 bei der nationalsozialistischen Professorenschaft. 1933 in Todtnauberg Ferienlager für Dozenten und Assistenten, um ihnen „nationale Umwälzung des Hochschulwesens“ näherzubringen.
Rücktritt 1934, weil die Nazi-Hochschulpolitik ihm nicht weit genug geht. Plante zentrale Dozentenakademie in Berlin. Alle zukünftigen deutschen Hochschullehrer sollen in dieser Akademie philosophisch geschult werden. Der Marburger Psychologe Erich Jaensch bezeichnet ihn in Gutachten, als „einen der größten Wirrköpfe und ausgefallensten Eigenbrötler, die wir im Hochschulleben haben“.
1934 Gründungsmitglied des Ausschusses für Rechtsphilosophie bei der von Hans Frank geleiteten nationalsozialistischen Akademie für Deutsches Recht.
1944 im Volkssturm zur Schanzarbeit eingezogen, da er bei der Dreiteilung der Dozentenschaft in Ganz-Entbehrliche, Halb-Entbehrliche und Unentbehrliche in die Gruppe der Ganz-Entbehrlichen fällt.
September 1945 Gutachten, das sich für eine Emeritierung Heideggers mit beschränkter Lehrbefugnis ausspricht. Jaspers schlägt statt Emeritierung „Bereitstellung einer persönlichen Pension“ und „Suspension vom Lehramt für einige Jahre“ vor. 1946 Entzug der Lehrbefugnis, französische Militärregierung verbietet, dass er lehren oder an irgendwelchen Veranstaltungen der Universität teilnehmen darf.
1946 Zusammenbruch.
Lehrverbot endet 1951 mit Heideggers Emeritierung. Umfangreiche Vortrags- und Lehrtätigkeit. Poulär, unverstanden und umstritten.
Reisen nach Griechenland 1962 und 1967 (vgl. hierzu )


Heideggers Rede über Hebel 1957 [LL 12]
Am 5. September 1954 hält Heidegger in der Jahnhalle zu Freiburg-Zähringen die Rede „Johann Peter Hebel", die er am 9. November 1955 mit geringen Änderungen in der Volkshochschule Göppingen wiederholt. Am 9. Mai 1956 folgt die „Rede auf Hebel", gehalten in Lörrach. Aus dem umgearbeiteten Text wird das 1957 erschienene Büchlein „Hebel — der Hausfreund", das er am 10. Mai 1960 im Südwestfunkfernsehen gekürzt vorträgt. Vom Mai 1956 stammt ein Entwurf, den Heidegger mit „Zu Hebel. Der Hausfreund" überschreibt. Von 1960 stammt der „Dank bei der Verleihung des staatlichen Hebelpreises" - Heidegger besteht darauf, dass bei der Preisübergabe am 200. Geburtstags des Dichters in Hausen im „Großen Wiesental", die Todtnauberger Bauernfreunde eingeladen werden.
Zur Kritik vgl. Robert Minder


Heidelberger Atheisten [LL 114]
Gemeint ist die Zeit Kellers als Staatsstipendiat in Heidelberg 1848–1850, wo er Feuerbach, Häusser und anderen Freigeistern begegnet:
Ungeheuer ist, was vorgeht: Wien, Berlin, Paris hinten und vorn, fehlt nur noch Petersburg. Wie unermeßlich aber auch alles ist: wie überlegen, ruhig, wie wahrhaft vom Gebirge herab können wir armen kleinen Schweizer dem Spektakel zusehen! Wie feingliedrig und politisch raffiniert war unser ganzer Jesuitenkrieg in allen seinen Phasen gegen diese freilich kolossalen, aber abc-mäßigen Erschütterungen!br> So Kellers Eindruck im März 1848. Keller besucht Vorlesungen über Spinoza, deutsche Literaturgeschichte und Ästhetik des jungen Hermann Hettner, der bald sein Freund wird. Bei dem Mediziner Jakob Henle, den er von Zürich her kennt, hörte er das anthropologische Kolleg, das im Grünen Heinrich verarbeitet ist.
Im „Waldhorn“, dem Haus des liberalen Politikers und Gelehrten Christian Kapp, begegnet Keller dem Philosophen Ludwig Feuerbach, der, seines Erlanger Lehramts enthoben, von revolutionären Studenten nach Heidelberg eingeladen ist und im Rathaussaal vor einem aus Arbeitern, Bürgern und Akademikern gemischten Publikum Vorträge über das Wesen der Religion hält. Keller über Feuerbach an seinen Freund Baumgartner: Das Merkwürdigste, was mir hier passirt ist, besteht darin, daß ich nun mit Feuerbach, den ich einfältiger Lümmel in einer Rezension von Ruges Werken auch ein wenig angegriffen hatte, über welchen ich grober Weise vor nicht langer Zeit auch mit dir Händel anfing, daß ich mit diesem gleichen Feuerbach fast alle Abende zusammen bin, Bier trinke und auf seine Worte lausche. Die Welt ist eine Republik, sagt er, und erträgt weder einen absoluten, noch einen konstitutionellen Gott (Rationalisten). Ich kann einstweilen diesem Aufrufe nicht widerstehen. Mein Gott war längst nur eine Art von Präsident oder erstem Consul, welcher nicht viel Ansehen genoß, ich mußte ihn absetzen. Allein ich kann nicht schwören, daß meine Welt sich nicht wieder an einem schönen Morgen ein Reichsoberhaupt wähle. Die Unsterblichkeit geht in den Kauf. So schön und empfindungsreich der Gedanke ist – kehre die Hand auf die rechte Weise um, und das Gegentheil ist ebenso ergreifend und tief. Wenigstens für mich waren es sehr feierliche und nachdenkliche Stunden, als ich anfing, mich an den Gedanken des wahrhaften Todes zu gewöhnen. Ich kann dich versichern, daß man sich zusammen nimmt und nicht eben ein schlechterer Mensch wird.
Die Feuerbachsche „Wende zur Diesseitigkeit“ zentrales Thema des Grünen Heinrich.
Zu Johanna Kapp, der künstlerisch begabten Tochter Christian Kapps, Malschülerin von Bernhard Fries und im Begriff, diesem nach München zu folgen, fasst Keller tiefe Zuneigung. Als er ihr im Herbst 1849 seine Liebe gesteht, vertraut sie ihm an, heimlich mit Feuerbach liiert zu sein. Einige der schönsten Gedichten Kellers handeln von diesem Liebesunglück, darunter die Verse auf die Heidelberger Alte Brücke.


Heide von Dunwich [RS 7, 201ff]







Ehemaliges Weideland im Süden Dunwichs, bedeckt von großer Heidefläche mit Erika, Stechginster, Baum- und Strauchgruppen.


Heilige Katharina [NN 9] [AUS 128] [SG 79]
siehe Katharina


Heiliger Franz [LW 14] [Schwindel.Gefühle 79]
siehe Franz


Heiliger Georg [SG 89, 275]
siehe Georg


Heiliger Mann der letzten Tage [NN 25]



Alois Irlmaier * Scharam/Oberbayern 1894 + Freilassing 1959 "Hellseher von Freilassung", Wünschelrutengänger, Brunnenbauer 1914-1918 Teilnahme 1. Weltkrieg, verschüttet, Nervenschock. 1920 Heirat 4 Kinder, 1 Ziehsohn, ab 1928 selbständiger Installateur. Soll während Zweiten Weltkriegs Orte von Bombeneinschlägen, Aufenthaltsort von Vermissten vorausgesagt, bei Aufklärung von Verbrechen geholfen haben. Visionen u.a.kommender Dritter Weltkrieg, Zeit danach. Große Bevölkerungskreise suchen Rat, er gibt präkognitive Auskünfte. 1947 Strafprozeß (wegen „unbefugter Ausübung der Hellseherei gegen Entgelt“ siehe SPIEGEL 1948 ): Freispruch (führt Hellseherei vor). Zitat aus dem dem Urteil: "...verblüffende, mit den bisher bekannten Naturkräften kaum zu erklärende Zeugnisse für seine Sehergabe." Sieht eigenen Tod vorher.
Folgende "Prophetien" zitiert Sebald:
- Ein einzelnes Flugzeug, das von Osten kommt, wirft einen Gegenstand ins große Wasser.
- Es gibt ein Erdbeben
- Die Stadt mit dem eisernen Turm (Paris) wird zerstört, die eigenen Leute zünden es an.
- Religionskrieg, weil sie viele Geistliche umbringen. Hinter dem Papst sehe ich ein blutiges Messer. Der Papst kommt ihnen aber aus und flüchtet verkleidet übers Wasser. Nach kurzer Zeit kehrt er zurück

Zitat:" Während des Krieges kommt die große Finsternis, die 72 Stunden dauert.
... Bei diesem Geschehen sehe ich ein großes Kreuz am Himmel stehen und ein Erdbeben wird unter Blitz und Donner sein, daß alles erschrickt und die ganze Welt aufschreie: "Es gibt einen Gott!"
Finster wird es werden an einem Tag unterm Krieg. Dann bricht ein Hagelschlag aus mit Blitz und Donner, und ein Erdbeben schüttelt die Erde. Dann geh nicht hinaus aus dem Haus! Die Lichter brennen nicht, außer Kerzenlicht, der Strom hört auf. Wer den Staub einschnauft, kriegt einen Krampf und stirbt. Mach die Fenster nicht auf, häng sie mit schwarzen Papier zu. Alle offenen Wasser werden giftig und alle offenen Speisen, die nicht in verschlossenen Dosen sind. Auch keine Speisen in Gläsern, die halten es nicht ab. Trinkt keine Milch. Kauft ein paar Konservendosen, mit Reis oder Hülsenfrüchten. Brote und Mehl hält sich, Feuchtes verdirbt, wie Fleisch, - außer in blechernen Dosen. Draußen geht der Staubtod um, es sterben sehr viel Menschen. Nach 72 Stunden ist alles wieder vorbei. Aber noch einmal sage ich es: Geh nicht hinaus, schau nicht beim Fenster hinaus, laß die geweihte Kerze oder den Wachsstock brennen. Und betet. Über Nacht sterben mehr Menschen als in den zwei Weltkriegen. ...Macht während der 72 Stunden kein Fenster auf. Die Flüsse werden so wenig Wasser haben, daß man leicht durchgehen kann. Das Vieh fällt um, das Gras wird gelb und dürr, die toten Menschen werden ganz gelb und schwarz. Der Wind treibt die Todeswolken nach Osten ab."
Die »schwarzen Kastl« : er deutet die Größe mit etwa 25 x 25 cm an. »Des san Teufelsbrocken«


Heimat [UH 11ff.]



Heimsuchung Mariä [RS 227]
Am Fest Mariä Heimsuchung (lateinisch: Visitatio Mariae) gedenken christliche Kirchen der Episode, die in Lukas 1,39 im Anschluss an die Verkündigungsszene erzählt wird: Maria macht sich auf den Weg, um ihre Verwandte Elisabet zu besuchen (daher „Heimsuchung“) und die Freude mit ihr zu teilen. Elisabet, selbst im sechsten Monat schwanger, grüßt sie mit den Worten: „Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.“ Maria antwortet mit ihrem berühmten Loblied, dem Magnificat.
Das Zitat S. 227 bezieht sich auf das Bild Leonardos 'Die Verkündigung Mariae (L'Annunciazione)', das die Begebenheit des Neuen Testaments zeigt: Erzengel Gabriel berichtet Maria in Nazareth, dass ihr Sohn Jesus Christus zur Welt kommen wird (Verkündigung des Herrn/Mariä Verkündigung).
Siehe


Heinrich IV. [RS 348]
* 1553 Pau, Navarra als Heinrich von Bourbon † Paris 1610
1589 bis zu seiner Ermordung König von Frankreich und Navarra. Spielt als Erster Prinz von Geblüt und Anführer der hugenottischen Partei zentrale Rolle in den Hugenottenkriegen. Nach dem Aussterben des Hauses Valois erbt er die französische Krone, wird erster König aus dem Haus Bourbon. Baut das von Bürgerkriegen zerrüttete Land wieder auf, formt Grundlagen für den französischen Einheitsstaat. Edikt von Nantes maßgeblichster Erlass seiner Regierungszeit. Außenpolitisch positioniert er das Land wieder als ernstzunehmende Großmacht, nimmt den Kampf gegen das Haus Habsburg wieder auf, um Vorherrschaft in Europa zurückzugewinnen.


Heller-Altar [NN 10]


ein von Albrecht Dürer und Matthias Grünewald zwischen 1507 und 1509 im Auftrag des Patriziers Jakob Heller für die Dominikanerkirche in Frankfurt am Main gemaltes Triptychon. Innenseite später München, wo sie 1729 bei Brand zerstört. Im Historischen Museum der Stadt Frankfurt zeitgenössische Kopie des 17. Jahrhunderts. Die von Grünewald und Dürer gemalten Außenseiten teils Städel Frankfurt , teils Staatliche Kunsthalle Karlsruhe. Eine Tafel verschollen.
Mitteltafel: Himmelfahrt und Krönung Mariens. Fast im Zentrum im Hintergrund Albrecht Dürer, leicht angelehnt an eine Tafel mit seiner Signatur und dem Fertigstellungsjahr. Auf der rechten Seite oben Martyrium Jakobus des Älteren. Unten Stifter Jakob Heller mit Wappen. Auf dem rechtem Flügel Martyrium der Katharina von Alexandrien. Unten Frau des Stifters Katharina von Melem mit Wappen. Namen der Heiligen und die des Stifterpaars korrepondieren
Außenseite 8 Tafeln von Grünewald und Dürer, in Grisaille Heiligenszenen.


Von Grünewald vier Bilder: Cyriacus, Laurentius, Elisabeth von Thüringen und eine Märtyrerin, möglicherweise Lucia.


Helvelius, Johannes [AUS 152]
auch Johann Hewelcke, polnisch Jan Heweliusz * Danzig 1611 † ebend. 1687 deutscher (von Polen als poln. bezeichnet) Astronom, bedeutendster seiner Zeit. Begründer der Kartografie des Mondes siehe Selenographie . Errichtet großes Observatorium, von dem aus er Oberfläche des Monds untersucht. Berühmtes Werk Selenographia sive Lunae Descriptio dort die bekannte Mordkarte




Helvétius [AUS 152]
siehe Helvelius


"Hemingway-Held" [AW 103]
Zitat nach Gregory Hemingway (1931 bis 2001), dem jüngsten Sohn eines übermächtigen Vaters. Im Leben konnte er nie an die unglaubliche Schaffenskraft von Ernest Hemingway heranreichen. Auch die Umstände seines Todes sind traurig: Gregory Hemingway, der sich nach einer Geschlechtsumwandlung Gloria nannte, wurde tot in einer Zelle im Frauengefängnis von Miami-Dade County gefunden. Gregory "Gloria" Hemingway war wegen Erregung öffentliches Ärgernisses auf Key Biscayne festgenommen worden, weil er bis auf schwarze Stöckelschuhe, Schmuck und ein Krankenhaushemd über den Schultern nackt durch die Straßen spaziert war. Er hatte Alkoholprobleme und litt unter Depressionen.
Was ich wirklich sein wollte, war ein Hemingway-Held, schrieb Gregory in seinen 1976 erschienenen Erinnerungen "Papa: A Personal Memoir". 15 Jahre nach dessen Selbstmord beschrieb Gregory seinen berühmten Vater als einen "unerträglich gepeinigten" Menschen, an den er sich aber mit Liebe erinnere. Gregorys Mutter war Ernest Hemingways zweite Frau, die Modejournalistin Pauline Pfeiffer. Als sie 1951 an Krebs starb, kam es zum Bruch zwischen Vater und Sohn. Der Vater warf Gregory vor, er habe zu Paulines Tod beigetragen, weil er in der Zeit, als es ihr schlechter ging, nicht zu Hause gewesen sei.


Hengge, Josef [SG 233ff]
* Kempten 1890 + ebda 1970 Maler, Schüler von Stuck und Jank. Gefördert von der bayer. Königsfamilie, bis 1945 in München, danach wieder im Allgäu tätig. Von ihm stammen die Wandmalereien in Wertach und Umgebung und das Bild in der Gaststube des "Engelwirts"; seine Bilder hatten für den Ich-Erzähler in "Schwindel, Gefühle" 'etwas äußerst Beunruhigendes' (S. 234), Beängstigendes (S. 235).


Hennesy [AW 181]
Die Cognac-Brennerei Hennessy wird in 8. Generation von Familie Hennessy geführt, Gründer des Unternehmens 1765 Offizier Richard Hennessy, aus Irland nach Cognac immigriert. Firma lautet seit 1813 "Jas Hennessy & C°". Derzeit 714 Mitarbeiter mit 672 Mio.€ Umsatz, 1971 Zusammenschluss mit Champagnerhersteller Moët et Chandon, 1987 fusioniert Koalition Moët Hennessy mit Handtaschenhersteller Louis Vuitton zum weltweiten Branchenführer in der Luxusgüterindustrie Moët Hennessy Louis Vuitton (LVMH).


Herbeck, Ernst [SG 47ff] [CS 171ff]
* Stockerau bei Wien 1920 + Klosterneuburg 1991 Schriftsteller. Vater Beamter, Lippen-Kiefer-Gaumenspalte erschwert das Sprechen, mehrere missglückte Operationen: Hasenscharte stempelt ihn zum Außenseiter ('Bleda Hund' 'schiache Sau'). Hilfsarbeiter in Rüstungsfabrik, 1940 erstmals psychiatrisch behandelt, Schizophrenie (60 Insulinschocks sollen unkontrollierte Lach- und Weinkrämpfe austreiben und die hartnäckige Behauptung, von einem Mädchen hypnotisiert worden zu sein und per Morsezeichen mit ihr in Kontakt zu stehen). Speditionsgehilfe. 1942 wegen paranoiden Stimmhalluzinationen weitere Schockbehandlung. Munitionsfabrik. 1944 Wehrdienst, nach fünf Monaten als wehruntauglich entlassen. 1945 Vater tätlich angegriffen: 10 Elektroschocks. 1946 Heil- und Pflegeanstalt Gugging, in Klinik bis zum Lebensende. Psychiater Leo Navratil (Schizophrenie und Sprache. Zur Psychologie der Dichtung) wird Freund, Arzt und Patient, für die nächsten 45 Jahre verbunden. 1966 83 Gedichte unter dem Pseudonym "Alexander". Spiegel 1977: Der schmächtige Mann im grauen Anzug wird sein Leben lang hospitalisiert bleiben, im Elf-Betten-Saal schlafen, seine geringe Habe - Armbanduhr, Kaffeemaschine, Rasierapparat - in einem alten Spind verschließen und stumm umherspazieren. 1982 gibt Herbeck eine Sammlung seiner Gedichte in dem Buch Alexander selbst heraus. 1989 schenkt er über 1000 seiner handschriftlichen Blätter der Österreichischen Nationalbibliothek. Sebald verfasst 2 Essays über Herbeck und schildert in seinem Roman Schwindel. Gefühle einen gemeinsam mit Herbeck unternommenen Ausflug. Enst Herbeck: Patient und Dichter. Je größer das Leid/ desto kleiner der Dichter// Umso härter die Arbeit/ Umso tiefer der Sinn// Je größer das Unheil/ desto härter der Kampf// Umso ärger der Verlust/ desto irrsinniger die Verdammten.


Herdschiffchen [SG 279]

Herdschiff, Wasserschiff, auch kurz Schiff, Wasserschaff: das in einen Herd von oben oder an der Vorderseite eingelassene oder angebrachte Metallgefäß zur Erwärmung von Wasser durch die Hitze des Ofenfeuers.


Herisauer Anstalt [LL 6, 132]

Vor 100 Jahren "Appenzell-Ausserrhodische Heil- und Pflegeanstalt in Herisau" gegründet. Für die Schaffung einer "Irrenanstalt" ist "kantonale Irrenzählung" von 1893 ausschlaggebend, die 6.09 ‰ "Irre ohne Idioten und Kretinen" ergibt, Heil- und Pflegeanstalt für 250 Patienten konzipiert.
Robert Walser wird 1933 gegen seinen Willen in seinen Heimatkanton in die Heil- und Pflegeanstalt Herisau versetzt. Er hört - vermutlich, weil mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ein wesentlicher Markt zur Veröffentlichung seiner Texte in deutschen Zeitungen und Zeitschriften verschwunden ist – er mit dem Schreiben auf.
In der Heilanstalt besucht ihn ab 1936 sein Bewunderer – und späterer Vormund –, der Schweizer Schriftsteller und Mäzen Carl Seelig , der später in Wanderungen mit Robert Walser über seine Gespräche mit ihm aus dieser Zeit berichtet.



Hermenegild [RS 348]
auch Hermenegilda, Gilda, Gildis aus Spanien, + Tarragona 13. April 585
Sohn des arianischen Königs Leowigild und König der Westgoten in Spanien. Heiratet 579 die katholische Frankenprinzessin Ingunde. Als seine Mutter Sinta die junge Königin * 1860 - 1904 Schriftsteller, Publizist, Journalist und zionistischer Politiker. 1896 anlässlich antisemitischer Tendenzen in Paris schrieb er das Buch "Der Judenstaat", das wesentlich zur Gründung des modernen Staates Israel im Jahr 1948 beiträgt siehe wiki ffordert, zum arianischen Glauben überzutreten, hält diese an ihrem Glauben fest, sie gewinnt auch ihren Ehemann für den katholischen Glauben. Der alte König droht ihm mit dem Entzug des Erbes, der Prinz wird gefangen genommen und öffentlich enthauptet. Prinzessin Ingunde gelingt vor der Hinrichtung ihres Ehemanns noch rechtzeitig mit ihren Kindern die Flucht. Namenstag 13. April
Sebald schreibt - fälschlich - Hermengild = weibl. Vornahme (Namenstag 8. Spetember)


Herodes [RS 291]
der Große * um 73 v. Chr. † 4 v. Chr. Jericho, römischer Klientelkönig in Judäa, Galiläa, Samaria und angrenzenden Gebieten, bekannt durch den ihm in der Bibel zugeschriebenen Kindermord in Betlehem, kein Jude.
Thora:"Nur aus der Mitte deiner Brüder darfst du einen König über dich einsetzen": Niemand ist als König anzuerkennen, der nicht Israelit ist.
47 von seinem Vater als Statthalter von Galiläa eingesetzt, unter dem 2. Triumvirat zum König von Jerusalem ernannt. 39 bis 37 Krieg gegen Antigonos. 36 macht er Schwager Aristobulos zum Hohepriester, lässt den 16-Jährigen im Teich ertränken. 29 lässt er seine Frau Mariamne und 30 seinen Schwager Kostobaros wegen Verschwörung hinrichten. 25 Hungersnot und Seuchen. Heiratet siebte Frau, 22 Ausbau von Caesarea Maritima, 20 Um- und Ausbau des zweiten Israelitischen Tempels, Herodianischer Tempel genannt.
10 neuer Tempel in Jerusalem eingeweiht.
Herodes wegen Bethlehemitischen Kindermord im Christentum traditionell als Inkarnation des Bösen dargestellt, einer der bedeutendsten jüdischen Herrscher.
Bauliche Leistungen:
Erneuerung des Tempels in Jerusalem in unerhörter Pracht, Wasserleitung, einzigartige Hafenanlage, Felsenfestung Masada, Palastfestung Herodeion, Palast in Jerusalem.


Herodium [RS 291]
Sebald schreibt - fälschlich - Borodium
Herodium, Herodion oder Herodeion, von Herodes dem Großen (74–4 v. Chr.) 24-12 v. Chr. errichtete und 71 von den Römern zerstörte Festungs- und Palastanlage, 12km südlich Jerusalems auf einem Kegelstumpf 758 m ü.d.M. Stark befestigte Zitadelle mit Aufenthaltsräumen, Mausoleum u. a. Am Fuß des Berges weiterer Palast mit zahlreichen Gebäuden, Ställen und Lagerräumen, samt künstlichem Wasserbassin mit Insel (Wasser durch Kanal aus Jerusalem herangeführt).
Hauptquelle der jüdische Historiker Flavius Josephus, ab 1950 von Franziskanern ausgegraben, 2007 Grab des Herodes entdeckt.
Siehe


Herwegh, Georg [UH 26]
1817 - 1875 sozialistisch-revolutionärer deutscher Dichter des Vormärz und Übersetzer. Im 19. Jht. Heinrich Heine und Ferdinand Freiligrath populärster deutschsprachiger Dichter, neben Georg Weerth einer der bedeutendsten mit dem Proletariat verbundenen Dichter. Wirken bis heute umstritten


Herzen, Alexander Iwanowitsch [UH 26]
1812 - 1870 russischer Philosoph, Schriftsteller und Publizist.


Herzl, Theodor [UH 13] [CS 206]
* 1860 - 1904 Schriftsteller, Publizist, Journalist und zionistischer Politiker. 1896 anlässlich antisemitischer Tendenzen in Paris schrieb er das Buch "Der Judenstaat", das wesentlich zur Gründung des modernen Staates Israel im Jahr 1948 beiträgt siehe wiki


Heß, Rudolf [AUS 243]
siehe wiki und


Heufuder [RS 318]


Ladung eines Heuwagens


Hingham [AW 7ff]


Kirche (S. 8)
Tatsächlicher Hintergrund: Eheleute Sebald mieten ca. Okt. 1970 in der Vicar Street, Wymondham, Norfolk (Nachbarort von Hingham) eine Wohnung


hieratisch [NN 21]
priesterlich; heilige Gebräuche oder Heiligtümer betreffend


Himmelschrofen [AW 44]
1.790 m hoher Berg in den Allgäuer Alpen. Trennt das Trettach- und Stillachtal. Nach ihm wurde der bis zur Trettachspitze verlaufende Grat als Himmelschrofenzug bezeichnet. Obwohl nur bis 1.790 m, beherrscht er durch Nähe die Bergkulisse im Süden von Oberstdorf. Erst im Illertal (etwa bei Sonthofen) erkennt man an dem dahinter aufragenden Allgäuer Hauptkamm, wie niedrig der Berg in Wirklichkeit


Himmler, Heinrich [AUS 243]
siehe wiki


Himmlisches Jerusalem [LW 58]
auch das Das Neue Jerusalem entspringt einer Vision aus dem neutestamentarischen Buch der Offenbarung des Johannes, Kapitel 21, wonach am Ende der Apokalypse eine neue Stadt, ein neues Jerusalem entstehen wird. Dies geschieht, nachdem der alte Himmel und die alte Erde vergangen sind.
Programm und Endzeiterwartung pietistischer Kreise, insbesondere um Johann Kelpius (1673 - 1708). Der radikale Pietist, Mystiker, Rosenkreuzer, Esoteriker, Alchimist, Dichter und Siedlungsgründer schart, um für die Endzeit vorbereitet zu sein, weiteren radikale Pietisten um sich, man bildet das "Chapter of Perfection" als Grundlage, durch die das Himmlische Jerusalem herbeigeführt werden soll. Eine etwa vierzigköpfige Gruppe aus Männern und Frauen verläßt Rotterdam, hält sich zunächst für einige Monate in London auf (Maryland). Atlantiküberfahrt auf dem Schiff "Sarah Maria Hopewell" 1694 in Bohemia Landing (Maryland). Das Erscheinen des Himmlischen Jerusalem stellt man sich folgendermaßen vor: "Wenn der letzte Stein wird vollendet sein, dann wird der Bau ohne Hammerschlag, ohne Rumor und Geschrei plötzlich erscheinen in seiner göttlichen Pracht, Herrlichkeit und Schöne". Vorstellungen des Himmlischen Jerusalem mit dem Bild des Tempels Salomons, dessen Steine ohne lautes Sägen paßgenau angefertigt worden sein sollen, vermischt. Sein in pietistischen Kreisen äußerst einflußreiches Werk "Kurzer Begriff oder leichtes Mittel zu beten" (1756) in allen amerikanischen Kolonien verbreitet, mehrfach nachgedruckt und übersetzt.


hinterfür [SG 256]
alemannisch: 1. verkehrt, umgekehrt 2.verwirrt, närrisch


Hippasos von Metapont [LW 25]
griechischer Mathematiker und Musiktheoretiker aus dem Kreis der Pythagoreer, Schüler des Pythagoras im späten 6. und frühen 5. Jht, drei Entdeckungen: Konstruktion des einer Kugel einbeschriebenen Dodekaeders, Inkommensurabilität und Bestimmung der Zahlenverhältnisse der Grundkonsonanzen. Interessengebiet der Pythagoreer: Musiktheorie, speziell, wie harmonische Intervalle sich mathematisch ausdrücken lassen. Hippasos' Experiment: Bronzescheiben von gleichem Durchmesser und unterschiedlicher Dicke erzeugen Intervalle und beweisen: Grundkonsonanzen sind durch Zahlenverhältnisse auszudrücken


Hippodrom von Clairefontaine [AW 134]
Pferderennbahn von Deauville, siehe dort


Hippokratische Wissenschaften [RS 22]
veralt. für Medizinstudium (von Hippokrates)


Hirschgrandeln [CS 225]
siehe Grandeln


Hirschsprungsage [AW 46]
Sage aus dem Höllental. Ein Ritter der Burg Falkenstein begab sich im Höllental auf die Hirschjagd. Nach einiger Zeit sichtete er einen prächtigen Hirsch und nahm die Jagd auf. Doch der Hirsch machte es ihm schwer, weil er schnell und flink war, dennoch gab der Jäger nicht auf und setzte dem Tier weiter nach. Getrieben von Todesangst sprang der Hirsch mit einem gewaltigen Satz über die Schlucht und entkam dadurch seinem Verfolger.


historia calamitatum [CS 146]
lat. Geschichte der Unglücke, auch 'Abaelardi ad Amicum Suum consolatoria', autobiographisches Werk in Latein von Peter Abaelard (1079-1142)


Hitler, Adolf [AUS 243][CS 172]
siehe wiki


Hitlers Geburtstag [NN 13]
Führergeburtstag. In der Zeit des Nationalsozialismus (auch Geburtstag des Führers oder Führers Geburtstag) ein „besonders begangener Tag“, an dem jährlich am 20. April, dem Geburtstag des „Führers und Reichskanzlers“ Adolf Hitler, Beflaggung angeordnet ist. 20. April 1939, Hitlers 50. Geburtstag, staatlich verordneter Feiertag, zu dem auch Vertreter ausländischer Regierungen und Streitkräfte in die Reichshauptstadt eingeladen sind
(Das Vorwort zu Zülchs Werk vom 20. April 1938)


hl. Antonius [SG 292f]
= heiliger Antonius siehe


hl. Georg [NN 7] [SG 292f]
= heiliger Georg siehe


Hochhuth, Rolf [CS 150]
* Eschwege 1931 deutscher Dramatiker, maßgeblicher Anreger des Dokumentartheaters. Setzt sich häufig mit NS-Vergangenheit und aktuellen politischen und sozialen Fragen auseinander. Erstling Der Stellvertreter 1963 sorgt für großes Aufsehen. Hans Filbinger (Hochhuth: der „furchtbare Jurist“) tritt 1978 als Ministerpräsident Baden-Württembergs zurück, nachdem im Kontext von Hochhuths Roman Eine Liebe in Deutschland bekannt wird, dass Filbinger als Richter der Kriegsmarine 1945 Todesurteile gegen Deserteure gefällt hatte. [Nach Filbingers Tod im April 2007 erhebt Hochhuth gegen ihn weitere Anschuldigungen. 2007 sagt Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger in der Trauerrede für seinen Amtsvorgänger: "Es gibt kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte. Und bei den Urteilen, die ihm angelastet werden, hatte er entweder nicht die Entscheidungsmacht oder aber nicht die Entscheidungsfreiheit, die ihm viele unterstellen." In seiner Reaktion bezeichnet Hochhuth diese Aussage als "Eine unverfrorene Erfindung" und beklagt zur Untermauerung die "Tragödie des Matrosen Walter Gröger", den Hans Filbinger angeblich "persönlich noch in britischer Kriegsgefangenschaft hat ermorden lassen". Filbinger, so Hochhuth, sei ein "sadistischer Nazi" gewesen, da er als Richter den Matrosen Walter Gröger angeblich nach dem "längst durch die totale Kapitulation" beendeten Krieg in einem britischen Kriegsgefangenlager zum Tode verurteilt habe und sich für eine Exekution Grögers von den Briten "zwölf Gewehre" geliehen habe. Hochhuths Darstellung teilweise unzutreffend, evtl. auf Verwechslung der Fälle Gröger und Petzold beruhend. Weder war der Krieg zu Ende, als Gröger am 16. Januar 1945 verurteilt wird, noch geschah dies in britischer Kriegsgefangenschaft (Hinrichtung 16. März 1945 in Oslo), noch war Filbinger Richter. Bewertung beider Fälle aber umstritten].
1967 Drama Soldaten, Nekrolog auf Genf wirft die Frage nach der Mitverantwortung Winston Churchills an den Luftangriffen auf deutsche Städte im Zweiten Weltkrieg auf. In England kommt es zu einem Verbot des Buches und zu zahllosen Prozessen gegen Hochhuth. Hochhuths Sprache zuweilen holzschnittartig und wenig differenzierend. Vorwurf, rückläufige öffentliche Aufmerksamkeit als Dramatiker mit publikumswirksamen skandalträchtigen Effekten zu kompensieren.


Hochkapitalismus [LL 104] [UH 12]
Zentrale Merkmale des Kapitalismus in Anbetracht des historischen Wandels und der zahlreichen Kapitalismusdefinitionen sowie ideologischer Unterschiede umstritten. Allgemein: Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die auf Privateigentum an den Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt beruht. Weitere konstitutive Merkmale: die Akkumulation (für Marx und andere das „Herzstück“ und Hauptmerkmal des Kapitalismus) und „Streben nach Gewinn im kontinuierlichen, rationalen kapitalistischen Betrieb“.
Besondere Bedeutung in der sozialkritischen Wahrnehmung kommt der Phase des Hochkapitalismus zu. Die Durchsetzung des Kapitalismus bewirkt demnach weitreichende Verschiebungen der Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur und einschneidende Brüche in den Lebens- und Arbeitsbedingungen. Es ist der Antagonismus zwischen Kapitaleignern und Kapitallosen (Proletariern). Das „industrielle Proletariat“ steht den Unternehmen als reichliche Reservearmee zur Verfügung und ist dadurch gezwungen, niedrige Löhne und materielle Unsicherheit in Kauf zu nehmen. Bei den meisten Industriearbeitern liegen die Löhne knapp am Existenzminimum. Frauen und Kinder müssen daher ebenfalls arbeiten gehen, um den Lebensunterhalt der Familie zu sichern. Arbeitszeiten von 16 Stunden pro Tag keine Seltenheit. Das rasante Wachstum der städtischen Ballungsräume führt zu einer dramatisch niedrigen Lebenserwartung. Die Polarisierung der Gesellschaft durch die Entstehung der „sozialen Frage“ als Folge des ungehemmten „Manchesterkapitalismus“ ist der soziale und wirtschaftliche Hintergrund der wirkungsmächtigen Kapitalismusanalyse von Karl Marx.


Hochwald von Aitone [CS 223]
siehe Aitone


Hölderlin, Friedrich [NN 89, 91][RS 217][CS 249f.][Auf ungeheuer dünnem Eis 128]

* Lauffen am Neckar 1770 + Tübingen 1843. Bedeutender deutschen Lyriker.
Studiert Theologie in Tübingen, wachsende Abneigung gegen den Pfarrerberuf, 1793/94 auf Empfehlung Schillers Hauslehrer bei Charlotte von Kalb. 1794 Universität Jena. Hauslehrer beim Frankfurter Bankier Gontard, schwärmerische Beziehung zu dessen Frau Susette, Gontard erzwingt Trennung. Begegnung mit Goethe. Hauslehrer in der Schweiz und Bordeaux, 1802-1804 völlig zerrüttet und krank bei Mutter. Bibliothekar in Homburg, Heilanstalt Tübingen; ab 1808 geistige Umnachtung.

Unter den Alpen gesungen

Heilige Unschuld, du der Menschen und der
Götter liebste vertrauteste! du magst im
Hause oder draußen ihnen zu Füßen
    Sitzen, den Alten,

Immerzufriedner Weisheit voll; denn manches
Gute kennet der Mann, doch staunet er, dem
Wild gleich, oft zum Himmel, aber wie rein ist
    Reine, dir alles!

Siehe! das rauhe Tier des Feldes, gerne
Dient und trauet es dir, der stumme Wald spricht
Wie vor Alters, seine Sprüche zu dir, es
    Lehren die Berge

Heil'ge Gesetze dich, und was noch jetzt uns
Vielerfahrenen offenbar der große
Vater werden heißt, du darfst es allein uns
    Helle verkünden.

So mit den Himmlischen allein zu sein, und
Geht vorüber das Licht, und Strom und Wind, und
Zeit eilt hin zum Ort, vor ihnen ein stetes
    Auge zu haben,

Seliger weiß und wünsch' ich nichts, so lange
Nicht auch mich, wie die Weide, fort die Flut nimmt,
Daß wohl aufgehoben, schlafend dahin ich
    Muß in den Wogen;

Aber es bleibt daheim gern, wer in treuem
Busen Göttliches hält, und frei will ich, so
Lang ich darf, euch all', ihr Sprachen des Himmels!
    Deuten und singen.

Michael Hamburger ist am 22., Hölderlin am 20. März geboren.


Höhn [AW 290ff]
richtig: Hohn, auf dem Weg von Bad Kissingen nach Steinach an der Saale, vgl. Karte bei Bad Kissingen
Luisa Lanzberg schildert den Weg, in der Wirklichkeit geringfügige Abweichungen (siehe bei Bad Kissingen )


Höllentäler [LW 54]
Fallwind ab frühen Abend durchs Dreisamtal in Richtung Freiburg. Kalter Wind, entsteht über den Wiesen der Seitentäler der Dreisam, die allabendlich rasch abkühlen. Kalte Luft schwerer ist als warme. Wenn die Sonne untergegangen ist, kühlt sich die Luft an den Berghängen ab und sinkt. Der Höllentäler beginnt zu blasen: Von Ost nach West, durchs Höllental, durch Littenweiler und an Ebnet vorbei in Richtung Wiehre, Oberau, wo er dann langsam sein wehendes Leben aushaucht. Läßt er uns im Winter oftmals erzittern, so wird der Höllentäler zur Sommerzeit Abend für Abend herbeigesehnt.Wenn viele Freiburger im Herbst und Winter in der Nebelsuppe sitzen, während der Littenweiler den Sonnenschein an der Dreisam genießt, dann liegt es am Höllentäler. (Sebald studierte in Freiburg)


Hohenzollern [RS 268f]

S.M.Y. 'Hohenzollern' später 'Kaiseradler' (Staats-)Yacht vom deutschen Kaiser Wilhelm II. 1876 bis 1878 von Norddeutscher Schiffbau A.G. in Kiel gebaut. 88 m lang, 17,7 m breit, 4,8m Tiefgang. 1892 in Kaiseradler umbenannt 1912 abgewrackt.
Im Juni 1891 sind Kaiser Wilhelm II und die Kaiserin auf Staatsbesuch in England. Der Besuch verläuft harmonisch, obwohl Wilhelm an Queen Victoria einen scheinheiligen Brief über Prince of Wales' Glücksspielaffäre in Tranby Croft geschickt hatte. Wilhelm verbringt die Kaiserin mit ihren sechs Söhnen und Betreuern für einen Badeurlaub nach Felixstowe . Der Kaiser selbst bricht mit seiner Yacht zu einer Kreuzfahrt nach Norwegen auf.



Hokkaido [SG 290]

zweitgrößte Insel Japans; Ausschnitt: äußerste Spitze


Holbein, Hans der Jüngere [NN 8]
* Augsburg 1497 oder 1498 † London 1543 deutscher Maler (bezeichnet sich als Basler), einer der bedeutendsten Renaissance-Maler. Zum Basler Bild siehe


Holešovice [AUS 256 ff, 287, 291]

Stadtteil von Prag drei Kilometer nordöstlich des Stadtzentrums linksseitig der Moldau in der großen Prager Flussschleife gegenüber von Karlín, Liben und Troja.


Industriepalast auf dem Messegelände Prag 7, 238 m lang, erbaut 1891. Wertvolles Jugendstilgebäude.


Holkham Gap [LW 47]

Bucht nahe dem Dorf Holkham im Nordwesten Norfolks im Zentrum der Holkham National Nature Reserve



holländsiche Ulmenkrankheit [RS 313]
1918 ein in ostasiatischen Ulmen lebender Pilz, Ophiostoma ulmi, durch den Menschen nach Europa verschleppt, breitet sich von den Niederlanden über Europa aus. Im Gegensatz zu den ostasiatischen Ulmen, die sich über evolutionäre Zeiträume an den Pilz anpassten, fallen ihre europäischen Verwandten der „Holländischen Ulmenkrankheit“ (daher: „Dutch elm disease“) in großem Maße zum Opfer.
Ulmensterben durch Schlauchpilze verursachte und durch Ulmensplintkäfer verbreitete Krankheit, welche die meisten europäischen Ulmen befällt, aber vorwiegend die Berg-Ulme (Ulmus glabra) an den Rand des Aussterbens bringt.
Aus Europa 1928 - wahrscheinlich über Furnierstämme - nach Nordamerika verschleppt, wo er einen Großteil der dortigen Ulmen vernichtet. Zur Mitte des 20. Jahrhunderts nimmt die Intensität der Krankheit ab.
Gegen Ende der 1960er Jahre jedoch - erneut durch den Import von Furnierstämmen - ein aggressiverer Stamm des Pilzes aus Amerika zurück importiert, der auch die als resistent geltenden Pflanzen befällt. Allein in England zwischen 1971 und 1978 Reduktion um ca. 70% des Ulmenbestandes ( 20 Millionen Bäume). Prognose für überlebende Ulmen sehr ernst.


Hollesley Bay [RS 266] [NN 93]
HM Prison Hollesley Bay, lokal bekannt als Hollesley Bay Colony (so lauten die Wegzeiger) oder einfach The Colony, ist ein Kategorie-D-Gefängis für Männer und für jugendliche Straftäter im offenen Vollzug im Dorf Hollesley ca. 13 km von der Stadt Woodbridge entfernt in Suffolk




Jugendstrafanstalt .
Die Geschichte von H.B. beginnt 1887 als Colonial College: dort werden Leute ausgebildet, die als Ansiedler auswandern wollen (Arbeitslage für Londoner Arbeitslose). ("The land was originally purchased by Joseph Fels, an American soap-manufacturing millionaire and friend of George Lansbury, the prominent Christian Socialist who was also a leading member of the Poplar Board of Guardians. In 1905 Fels transferred the land to the London Unemployed Fund, who in turn handed it over to the Central Unemployed Body for London. Subsequently it was taken over by London County Council. There was a number of similar labour colonies across Britain. Their aim was to train unemployed people for work, with a view to helping them escape pauperism. Hollesley Bay was typical in that it mainly involved exposing its inmates to a period of work either on agricultural tasks or in the kitchens and other relatively unskilled activities. There was a short-lived strike among the inmates in May 1922, partly sparked by dissatisfaction over the inmates' levels of pay. It was said to hold around 280 men in 1923, rising to 366 in the late 1920s, and falling to around 200 in 1934. London County Council decided to dispose of the site in 1938.")
1938 wird es Gefängnis für jugendliche Straftäter im Borstal-System, 1988 das YOI Hollesley Bay. 2002 aufgeteilt in einen offenen Vollzug und für erwachsene Straftäter Kategorie D (lebenslange Haftstrafe)











Holešovice [AUS 256, 266]

Stadtteil von Prag, 3km nordöstlich des Stadtzentrums linksseitig der Moldau in der großen Prager Flussschleife gegenüber von Karlín, Liben und Troja, besitzt Binnenhafen an der Moldau und mit dem Bahnhof Praha-Holešovice einen Fernverkehrsbahnhof und das Ausstellungsgelände Výstavište Praha.


Holzbohrer [AW 165]
Xyleborus saxeseni aus der Ordnung der Coleoptera, Unterordnung Polyphaga, Familie Curculionidae Unterfamilie Scolytinae Brutsysteme im Holz der Wirtsbäume, Ambrosiakäfer;
auf ihn muss Dr. Abramsky vergeblich hoffen, weil er nur in Europa verbreitet ist


Holzschopf [SG 271]
siehe Schopf


Holzwegliteratur [UH 14]
Von Sebald geprägter Ausdruck für die in den Nachkriegsjahren neu aufgelegten ehemaligen Nazi-Schriftsteller, Beispiele: Karl-Heinrich Waggerl, Josef Weinheber oder Georg Oberkofler. Waggerl, schon 1934 erster Preisträger des Staatspreises für Literatur, avancierte zu einem der erfolgreichsten und populärsten Schriftsteller der Nachkriegszeit. ("Ein Mann, der heute längst als Säulenheiliger der Verklärungsindustrie etabliert ist, der in Kitsch-Großveranstaltungen zur Vorweihnachtszeit das Harmoniebedürfnis braver Mittelstandsalphabeten in Heile-Welt-Inszenierungen auszubeuten verstand, mit schmalen Büchern mehreren Lehrergenerationen als Weiser aus der Westentasche diente, von betulichen Tanten reflexartig beim erstenSchneefall für gefährdete Neffen und Nichten erstandene Erbauungsliteratur produzierte, und der einer der wenigen wirklichen Longseller-Autoren der österreichischen Literatur geworden ist.")
Die Belastetheit der Heimatdichter tat deren Beliebtheit keinen Abbruch, seitens der konservativen Kulturpolitik wurde unter dem Motto der Kontinuität versucht, diese Schriftsteller als Beispiele für innere Emigration zu legitimieren und zu rehabilitieren.
Antisemitismus, der fortwirkende alltägliche Faschismus und die Pevertierung der Heimat durch die H. habe bis weit in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg hinein fortgedauert


Homburg, Landgraf von [RS 217]
Friedrich Ludwig Wilhelm Christian V. Landgraf von Hessen-Homburg (1748 - 1820), Landgraf seit 1751. Im Gegensatz zu Vor- und Nachfahren unkriegerisch, Förderer der deutschen Geistesgeschichte. Er erlebt Aufklärung, Französische Revolution, Ende des 880-jährigen Deutschen Kaiserreiches, Auf- und Abstieg Napoleons und Neuordnung Deutschlands und Europas durch den Wiener Kongress. Briefwechsel mit Lavater und Klopstock; Besuche bei Voltaire, D’Alembert und Albrecht. Begünstigt die Freimaurer


Homerische Epen [RS 297]
Homer gilt als Autor der Ilias und Odyssee, nicht sicher, ob es ihn gibt. In der Antike ihm weitere Werke, wie die Homerischen Hymnen zugeschrieben, während andererseits zweifelhaft, ob Ilias und Odyssee überhaupt von einer einzigen historischen Person stammen


Home-Role-Programm [RS 157]
1914 verabschiedet britisches Unterhaus „Home Rule Bill“. Irland soll eigene Verfassung und Selbstverwaltung zugestanden werden. Vorhergehende Versuche zu einer Regelung noch 1913 aufgrund der Proteste aus der nordirischen Region Ulster vom House of Lords abgelehnt. Wegen Kriegsausbruch nicht vollständig umgesetzt.


Hong Xiuquan [RS 168ff]
Hung Hsiu-ch'üan, Anführer des Taiping -Aufstands. * Fuyuanshui/Kreis Hua/Provinz Guangdong/China 1814 † Nanking 1864. Aus Hakka-Bauernfamilie stammend, mehrfach bei kaiserlichenn Beamten-Examina gescheitert. Danach Vision, wo er in den Himmel aufstieg und auf eine Art göttliche Familie stieß, als deren Sohn er bezeichnet wurde. Er erhielt vom Himmlischen Vater den Auftrag, die Welt von den Dämonen zu befreien, die sie befallen hätten. Vorstellung, dass Seele den Körper verläßt und metaphysische Erfahrungen durchlebt, in der chinesischen Geisteswelt traditionell weit verbreitet. Später verbindet Hong diese Vision mit christlichem Gedankengut. Erlangt die Überzeugung, der jüngere Bruder Jesu und Sohn Gottes zu sein. Ideologie, die neben christlichen Elementen volksreligiöse Einflüsse enthält und sich gegen Konfuzianismus, Buddhismus und Daoismus richtet. Aufgrund schwieriger sozialer und wirtschaftlicher Verhältnisse haben christliche Paradiesvorstellungen große Anziehungskraft. Unter Führung Hongs entsteht religiöse Gemeinschaft, als "Taiping" bezeichnet. 1851 gründet er das „Himmlische Reich des höchsten Friedens“. Nanking Hauptstadt. Innerhalb der Bewegung geistige Führungsperson. Fertigt Bibelübersetzung und versucht mit Schriften den Manchu die legitimatorischen Grundlagen ihrer Herrschaft abzusprechen. Die Rückeroberung Nankings durch Truppen der Qing-Dynastie 1864. 100.000 verbleibende Taiping begehen Selbstmord.


Hortense de Beauharnais, Königin [UH 23]
1783 - 1837 Königin von Holland (1806 bis 1810) Mutter des Kaisers Napoleon III. Nach der Restauration des bourbonischen Königtums erhält sie Titel einer Herzogin von Saint Leu.
Nach der Hinrichtung ihres Vaters Alexandre, Vicomte de Beauharnais während der Terrorherrschaft (1794) und der Wiederverheiratung ihrer Mutter (1796) mit Napoleon Bonaparte, wird sie dessen Stieftochter. Heiratet 1802 jüngeren Bruder Napoleons, Louis Bonaparte, der 1806 König von Holland wird. Trotz ihrer Trennung von ihm unterstützt sie Napoleon bei seiner kurzzeitigen Rückkehr an die Macht 1815, was zu ihrer Verbannung nach seiner endgültigen Niederlage führt.
Nach Reisen durch Deutschland und Italien kauft Hortense 1816 Seeheim bei Konstanz und 1817 Schloss Arenenberg in Salenstein am Untersee im Schweizer Kanton Thurgau, wo sie bis zu ihrem Tod lebt.


Hotel des Roches Noires [AW 173f]

Trouville-sur-Mere/Frankreich, ehemals Luxushotel, inzwischen zum privaten Appartementhaus umgewandelt, vgl. "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" von Marcel Proust. Balbec steht für die Seebäder in der Normandie wie Cabourg, Trouville und Deauville


Hotel Kaiserin Elisabeth [CS 225f]

heute: Golfhotel Kaiserin Elisabeth Feldafing am Starnberger See


Hotel Kaminitz[AW 202]


Blick vom Hotel auf das Jüdische Tor



Hotel Normandy [AW 175f]

Trouville-Deauville/Frankreich, ein architektonisches Meisterwerk anglo-normannischer Gutshäuser, mit denkmalgeschützten Glockentürmchen, braunen Schieferdächern und hellgrünen Balken. Hotel und berühmtes Restaurant seit 1912 in Betrieb.


Hotel Schweizerhof [LW 87f]


Hinüberstraße Hannover


Hotel Zum Blauen Kreuz [LL 130]


in Biel. 1913 mietet sich sich Robert Walser im Dienstbotentrakt eine Dachkammer und lebt unter äußerst ärmlichen Bedingungen (Das Hotel wurde 1985 saniert und in ein Betagten- und Pflegeheim namens Centre Rochat umgewandelt)



Hsien-feng [RS 6, 176ff]
Siehe Xianfeng


Hudler [NN 30]
Kurpfuscher, Halbgebildeter, Analphabet, Ignorant, Ungebildeter, Quacksalber, Sudler, Hinterwäldler, Kunstbarbar, Nichtswisser, Laie, Pfuscher, Kaffer, Stümper, Anfänger, Hohlkopf, Nichtskönner, Dummkopf, Nichtfachmann, Banause, Kulturbarbar


Hugo, Victor [RS 130]
* Besançon 1802 † Paris 1885 französischer Schriftsteller. Zahllose Gedichte, Romane und Dramen, literarischer und politischer Publizist. Vielen Franzosen gilt er als ihr größter Autor. Sein Schaffen teils der Romantik, teils dem Realismus zuzuordnen. Les travailleurs de la mer 1866 (Die Arbeiter des Meeres, auch als Das Teufelsschiff) Sebald: "Unendlich langweiliges Buch"


Hummelfiguren [AW 100, 107]

weltberühmte, nach den Kinderbildern und Entwürfen der Franziskanerschwester Maria Innocentia Hummel (1909 - 1946) gefertigte Figuren aus Keramik


Hundsstern [RS 11, 36]
Stern Sirius, Alpha Canis Majoris, Hauptstern im Sternbild „Großer Hund“, hellster Stern am Nachthimmel und mit 8,6 Lichtjahren Entfernung eines der nächsten Gestirne, vgl. Hundstage und Osiris


Hundstage [RS 11]
umgangssprachlich, in Europa heiße Tage im Sommer vom 23. Juli bis zum 23. August. Name nach dem Sternbild Großer Hund (Canis Major ). Von seinem Aufgang zur Sichtbarkeit als Gesamtbild verstreichen 30 bis 31 Tage = Tage vom großen Hund (Hundstage).
Zeitansetzung (23. Juli bis 23. August) im Römische Reich getroffen (lat. dies caniculares=Hundstage) getroffen. Arabische Astronomen erklären die in flirrender Sommerhitze besonders häufig erscheinenden Fata Morganen als „vom Himmel tropfenden Speichel des Hundssterns“.
Die Eigenbewegung des Sternbildes Canis Major und die Präzession der Erde sind Ursachen der Verlagerung der Hundstage um etwa 4 Wochen. In Deutschland ist der heliakische Aufgang des Sirius frühestens August zu beobachten, also beim nahenden Herbstanfang. Traditionell noch immer die heißesten Wochen des Jahres, so auch von Sebald, als „Hundstage“ bezeichnet.
Meteorologisch:
Europa indirekt oder direkt unter dem subtropischen Hochdruckgürtel. Die mit südlichen und östlichen Bodenströmungen herangeführten Warmluftmassen bilden über Mitteleuropa wiederholt meist schwache, dafür aber warme und andauernde Hochdruckgebilde aus. Unter diesen Hochs und Hochdruckbrücken viel Sonne, allgemein wenig Regen, relativ windschwach.
Aberglauben:
Mit den Hundstagen beginnt eine sprichwörtliche Unglückszeit, ab Magdalenentag (22.7.) Baden im Freien zu meiden, Wasser giftig, man befürchtet Ausschlag, will man seine Lockenpracht behalten, darf man sich in dieser Zeit nicht die Haare mit Regenwasser waschen; Aderlassen in dieser Zeit gefährlich; Tollwut bricht sehr heftig über die Hunde herein; während der Hundstage ruht in einigen Orten im Mittelalter sogar Gottesdienst. Sind die Hundstage trübe und bewölkt, ängstigt man sich vor pestartigen Krankheiten; sind sie schön und klar, hegt man Hoffnung auf ein gesundes Jahr. Schon Hippokrates (griechischer Arzt der Antike) beschreibt Hundstage als kritische Zeit, wo Wein verdirbt, Tiere tollwütig oder schlaff werden und der Mensch an Fieber, Galle oder Darmkatarrhen erkrankt. Seine Empfehlung: nicht waschen, sich viel zur Ader lassen, wenig essen und mäßig schlafen.
Sprüche aus dem Bauernkalender:
"Hundstage voller Sonnenschein, wird das Jahr recht fruchtbar sein."
"Wenn die Hundstage Regen bereiten, kommen alsbald magere Zeiten."


Hung Hsiu-ch'üan [RS 168ff]
Siehe Hong Xiuquan


Hunting parties [RS 265]
engl.: Jagdgesellschaften.


Hyaden [RS 32]

V-förmiger offene Sternhaufen des „Regengestirns“, das den Kopf des Sternbildes Stier bildet. Der auffällige rötliche Stern Aldebaran stellt das Auge dar. Nordwestlich der Hyaden (für Browne ein Quincunx ) steht der offene Sternhaufen der Plejaden - auch Siebengestirn genannt.
Zur Zeit Brownes standen die Hyaden nahe dem Horizont.
Sie tragen den Namen Regengestirn, da ihr abendlicher Aufgang im Herbst eine regenreiche Jahreszeit ankündigt. Bei den alten Griechen gelten die Hyaden als eigenes Sternbild. Zusammen mit den Plejaden bilden sie das sogenannte Goldene Tor der Ekliptik.


Hydrotaphia [RS 36]
Hydriotaphia, or Urne-Buriall, OR, A Brief Discourse of the Se-pulchrall Urnes Lately Found in N O R F O L K. 1658 von Thomas Browne . Eines der ersten britischen Werke über Ausgrabungen, späthumanistisches Beispiel für historische Wissenschaft im 17. Jht. in sprunghaft assoziativem, bildreichen, subjektiv essayistischen Stil. Blick auf frühere Kulturen und Epochen, allgemeine Reflexion über die Zeit: Sie wird verräumlicht und der Raum verzeitlicht. Das Vergangene ist Jahrtausende entfernt und doch dicht unter den Wurzeln der Pflanzen verborgen.
siehe bei Walsingham
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