LEXIKA
AUS: Austerlitz
AW: Die Ausgewanderten
BU: Beschreibung des Unglücks
CS: Campo Santo
LL: Logis in einem Landhaus
LK: Luftkrieg und Literatur
LW: Über das Land und das Wasser
NN: Nach der Natur
RS: Die Ringe des Saturn
SG: Schwindel.Gefühle
UH: Unheimliche Heimat
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Üb immer Treu ... [SG 282]
Das wohl bekannteste Gedicht von Ludwig Christoph Heinrich Hölty, von Wolfgang Amadeus Mozart auf die Melodie „Ein Mädchen oder Weibchen“ aus der Oper Die Zauberflöte mit geringfügiger Abwandlung in Töne gesetzt. Häufige Spieluhr- und Glockenspielmelodie


Uli (Rothe) [CS 129]
Jugendfreund von Peter Weiss, siehe dort


Ulrich [SG 236]
'Heiliger Ulrich von Augsburg', * Augsburg um 890 + ebda 973
Bischof



Ulster Volunteers [RS 157]
Ulster Volunteer Force (UVF) 1912 von Edward Carson und James Craigge gründete protestantisch-unionistische Miliz, mit derm Ziel, Anschluss Nordirlands an die Republik Irland zu verhindern und britische Zugehörigkeit zu erhalten. Schnell ca. 100.000 Mitglieder. Materiell unterstützt von britischen Konservativen und deutschem Reich, welches im Frühjahr, um Großbritannien zu destabilisieren, mehrere tausend Gewehre nach Larne verschifft. 1914 viele Mitglieder freiwillig zur Armee, bilden dort u.a. die British 36th (Ulster) Division, im Juli 1916 in der Schlacht an der Somme weitgehend aufgerieben. Nach 1921 schließen sich viele ehemalige UVF-Mitglieder den B-Specials und anderen militärischen und paramilitärischen Verbänden Nordirlands an.


Über das Land und das Wasser [LW 3]
Die 2008 erschienenen Gedichte 1964 bisd 2001 des Schriftstellers W. G. Sebald


Ulrike [LW 79]
Siehe Ulrike von Levetzow


Uncle Tom’s Cabin [UH 28]
(dt. Onkel Toms Hütte)von 1852. Roman von Harriet Beecher Stowe der das Schicksal einer Reihe afroamerikanischer Sklaven und ihrer Eigentümer in den vierziger Jahren des 19. Jht. in USA schildert.
Die Titelfigur Onkel Tom ist ein Sklave in Kentucky. Sein Herr Mr. Shelby behandelt ihn gut. Tom ist als Verwalter der Farm tätig. Er ist bekennender Christ und leitet regelmäßig die Gottesdienste der Sklaven. Als Tom jedoch aus Geldmangel verkauft werden muss, wird er von seiner Frau und seinen Kindern getrennt. Sein neuer Eigentümer Herr St. Claire ist ein gutmütiger, nachsichtiger Lebemann. Seine Tochter Eva entwickelt eine innige Freundschaft zu Tom, stirbt aber an Schwindsucht. St. Claire hat sich unter dem Einfluss seiner Cousine Ophelia, die ihm den Haushalt führt, zu einem Gegner der Sklavenhalterei entwickelt und will Tom freilassen. Sein plötzlicher gewaltsamer Tod verhindert dies, und seine Witwe Marie denkt nicht daran, auf den Verkaufserlös zu verzichten. So gelangt Tom an Mr. Legree, der mit äußerster Brutalität eine Baumwollplantage betreibt. Als einziger Weißer wohnt er in einem heruntergekommenen Herrschaftshaus. Seinen Sklaven ist jede Menschlichkeit abhandengekommen. Es gelingt Mr. Legree, alle gegeneinander auszuspielen. Tom bekommt er nicht so weit. Tom soll zum Aufseher über die anderen Sklaven werden, weigert sich aber, jemanden zu schlagen. Stattdessen übt Tom durch seine praktizierte christliche Nächstenliebe einen positiven Einfluss auf alle aus, was Mr. Legree besonders zuwider ist. Er will Tom durch körperliche Züchtigung dazu zwingen, seinen christlichen Glauben aufzugeben. Doch Tom widersteht und verzeiht sterbend seinen Peinigern. Mr. Shelbys Sohn, George Shelby, versucht nach dem Tod seines Vaters vergeblich, das Tom gegebene Versprechen einzulösen, ihn zurückzukaufen, kann ihn aber nur begraben und versprechen, gut für seine Familie zu sorgen. Daraufhin lässt er seine Sklaven frei, um sie gegen Bezahlung in seinen Dienst zu nehmen.
Parallel dazu wird die Geschichte der Sklavin Eliza, die aus dem gleichen Haushalt wie Tom stammt, ihres Mannes George Harris und ihres Sohnes Harry erzählt, denen mit Hilfe von Quäkern die Flucht nach Kanada gelingt. Dort treffen sie auf Georges Schwester und Elizas Mutter, die beide ebenfalls auf unterschiedlichen Wegen der Sklaverei entronnen sind, und gehen zunächst nach Frankreich, wo George studiert. Danach wandert die ganze Familie nach Liberia aus, um beim Aufbau des afrikanischen Staates, der als Zufluchtsstätte für ehemalige Sklaven gegründet wurde, zu helfen.
Toms Hütte bleibt zurück als Mahnmal an die Zurückgebliebenen: Folgt alle im Gedächtnis an ihn seinem Beispiel: Seid ehrlich, treu und christlich, wie er es war, und gedenkt eurer Freiheit jedesmal, wenn ihr Onkel Toms Hütte seht!


unemployment blackspot [RS 57]
(engl. Umgangssprache) Brennpunkt der Arbeitslosigkeit: Gebiet mit weit überdurchschnittlicher Arbeitslosenquote


Unerzählt [Unerzählt 1]
Das postume Gemeinschaftswerk von 2002 des Schriftstellers W. G. Sebald und seines Freundes, des Malers Jan Peter Tripp


Der Untergang [CS 72ff]
Wichtiges Werk Nossacks von 1948
Bericht über die Zerstörung Hamburgs im Juli/August 1943, verfasst nur drei Monate danach von einem Zeugen und Betroffenen. Am Anfang gibt Nossackan: Ich fühle mich beauftragt ... Ich habe das Gefühl, dass mir der Mund für alle Zeiten verschlossen bleiben würde, wenn ich nicht dies zuvor erledigte.
Nossack befindet sich bei den ersten Angriffen (die über eine Woche 25. Juli bis 3. August dauern) in der Heide, wenige Kilometer südlich von Hamburg zur Sommerfrische, fordert 35. 000 Tote. Während seine Frau in dem Erdloch unter der Ferienhütte kauert, sieht er sich das Schauspiel an. Schon in der Nacht setzt der Exodus der Überlebenden aus Hamburg ein, die wie in Trance in der Gegend herumirren. Das Verhältnis der Menschen, die alles, auch ihre Vergangenheit, in wenigen Stunden verloren und grauenhaftes erlebt haben, und der (noch) Besitzenden, die ihren Untergang noch vor sich haben, schlägt innerhalb kürzester Zeit von anfänglicher Solidarität in gegenseitiges Misstrauen, ja Hass um.
Bescheibung des psychischen Ausnahmezustand desjenigen, der alles verliert, dem die Welt eigenartig fremd erscheint unter diesen völlig veränderten Voraussetzungen, dessen Blick sich für immer gewandelt hat. Bei der Rückkehr erscheint alles unbekannt: Selbst die geographische Orientierung will angesichts der zerstörten Stadt nicht mehr gelingen, er findet Orte nicht, die er Tag für Tag besucht hat. Er steht vor seinem zerstörten Haus, erinnert sich der unzähligen Dinge: Materielles, das für ihn von Leben erfüllt war, von seinem Leben, er spürt die Hilflosigkeit, wenn er andere über ihre normale Existenz reden hört: Das alles hatte ich auch einmal. Er geht durch Vororte und sieht Menschen leben, Geranien gießen, den Garten harken. Ein groteskes Nebeneinander angesichts der Tatsache, dass die Stadt von Millionen Fliegen bevölkert wird, die sich an den Toten genüsslich tun. Unbegreiflich und selbstverständlich, dass das Leben weiter geht. Die Haltung gegenüber den Ausgebombten: Zwischen anfänglicher Hilfsbereitschaft und dem Wunsch, mit all dem nicht konfrontiert zu werden. Die Opfer lebende Mahnmale dessen, was auf die noch nicht Betroffenen zukommen könnte, stumme Anklage für die Herbeiführung jener politischen Umstände, die dies alles verursacht hat.
Den tragischen Ereignissen wird die Idylle des Häuschens in der Heidelandschaft gegenübergestellt, aus dieser Gegenüberstellung bezieht das Kriegsgeschehen eine Art besonderer Tragik. Das Wichtigste: die Vernichtung der eigenen bürgerlichen Existenz des Autors, Wohnung (alle Aufzeichnungen und Tagebücher!), Kontor am Hafen, lässt ihn endgültig den Beschluss fassen, nur noch für das Schreiben leben zu wollen. Initialereignis, erscheint in allen späteren Büchern wieder - verbunden mit Krieg und Diktatur.


Unterjoch [CS 241]



Urnenfeld von Brampton [RS 321]

Die Entdeckung einiger römischer Urnen nahe Brampton, nördlich von Norwich am Fluß Bure, inspirierte Sir Thomas Browne zu seinem Werk Urn-burial or, a discourse of Sepulchral Urns, lately found out in Norfolke


Ustascha [RS 121f]
(kroatisch: Ustaše „die Aufständischen“) kroatische faschistische Bewegung 1929 von Ante Pavelic gegründet
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges mit dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns vereinigen sich dessen südlich gelegene Staaten zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, dem späteren Königreich Jugoslawien. Die Ustascha-Bewegung bildet sich aus Gruppierungen, die in den 20er Jahren den rechten Rand der kroatischen Opposition gegen die zentralistische und serbisch-hegemoniale Staatsordnung des Königreiches bildeten. Während einer Staatskrise, die auf die Ermordung des kroatischen Demokraten Stjepan Radic in Belgrad durch Puniša Rajcic folgt, führt König Alexander I. am 6. Januar 1929 einen Staatsstreich durch. Er löst das Parlament auf, suspendiert die Verfassung von 1921 und proklamiert Königsdiktatur. Einen Tag später emigriert Pavelic nach Italien, wo er Emigranten der Ustascha-Bewegung um sich sammelt und zu einer Terrororganisation formt. In Zentren und Camps in Ungarn, Italien und Österreich wurden die Anhänger für terroristische und subversive Aktionen trainiert. Die Ustascha versteht sich als Unabhängigkeitsbewegung gegen die serbische Hegemonie in Jugoslawien und für dessen Entwicklung zu einem „Großkroatien“ unter dem Einschluss von Bosnien, Herzegowina und Srem. Die serbisch (-orthodoxe) Bevölkerung soll zügig eliminiert werden. Die faschistische Bewegung orientiert die sich an Mussolini und Hitler und wird 1929 bis 1934 vom faschistischen Regime Mussolinis aktiv unterstützt, um den Staat Jugoslawien, welcher einer italienischen Vorherrschaft an der Adria und auf dem Balkan im Wege steht, zu destabilisieren. Einige ihrer geheimen Basen im Land sind sichere katholische Konvente und Seminare. Die Regierung reagiert darauf mit gewaltsamer Unterdrückung jedes potentiellen Widerstandes. Ein Höhepunkt der Ustascha-Aktivitäten die gemeinsam mit mazedonischen Nationalisten durchgeführte Ermordung des jugoslawischen Königs Alexander I. und des französischen Außenministers Louis Barthou 1934.
Der Täterschaft führt zu einer Krise in den französisch-italienischen Beziehungen, Pavelic von Mussolini unter Hausarrest und gezwungen, seine Terrorkampagne vorläufig einzustellen. Ustascha verlagert ihre Aktivität auf den Aufbau von Unterstützergruppen unter kroatischen Emigranten und wartet eine Gelegenheit ab, mit deutscher oder italienischer Hilfe die Macht zu ergreifen. Sie etabliert „Ustaschaarmee“ mit mehreren Hundert ihrer Anhänger in der Toscana. Deutsche Ustascha-Gruppe stellt in Österreich „Kroatische Legion“ auf. Der Balkanfeldzug 6. bis 17.April 1941 führt zur Besetzung und Zerschlagung Jugoslawiens durch deutsche, italienische, ungarische und bulgarische Truppen. Am 10. April proklamiert Kvaternik vor der vollständigen Besetzung unter dem Schutz und mit der Unterstützung der deutschen Nationalsozialisten den Unabhängigen Staat Kroatien. Ante Pavelic übernimmt die Macht, bis 1945 treuer Verbündeter des Deutschen Reiches, entsendet Truppen zur Unterstützung des deutschen Feldzuges gegen die Sowjetunion. Militärisch hauptsächlich mit dem Kampf gegen die von Tito angeführten Partisanen, als auch mit den Tschetniks (Serbische Nationalmonarchistische Bewegung) beschäftigt. Bekannteste Einheit der Ustascha die Schwarze Legion (kroat.: Crna Legija) unter dem Kommando von Oberst Jure Francetic.
Deutsche und italienische Besatzungstruppen auf dem Gebiet präsent, operieren oft ohne Rücksicht auf die „Staatsorgane“ des offiziell unabhängigen Marionettenstaates. Enttäuschung über die Ustascha in der Bevölkerung sehr groß, Rückhalt nnimmt rapide ab.
Rassengesetze nach dem Vorbild des Dritten Reiches, die sich gegen Juden und Roma, aber vorwiegend gegen Serben richten, die kollektiv zu Feinden des kroatischen Volkes erklärt werden.
Serben, Juden, Roma und kroatische Antifaschisten in Konzentrationslagern, das größte
KZ Jasenovac eingesperrt und vor allem von der Ustascha-Miliz auf meist brutalste Weise ermordet. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe unter den Opfern stellen die Serben. Wie viele Menschen diesem Völkermord zum Opfer fallen, umstritten. Die Angaben variieren von gut 300.000 bis 750.000 .
Die Bosniaken (Bosnier muslimischen Glaubens) von der Ustascha zu Kroaten muslimischer Konfession erklärt und offiziell mit denjenigen katholischer Konfession gleichgestellt und ebenso wie die katholischen Kroaten zum Wehrdienst in der Armee herangezogen. Parallel unter deutscher Anleitung eigene aus Bosniaken bestehende 13. Waffen-Gebirgs-Division der SS „Handschar“ aufgestellt.
Nach dem Sieg der jugoslawischen Partisanen fliehen im Mai 1945 zahlreiche Angehörige der Ustascha, darunter die Führung um Ante Pavelic, ins Ausland. Kroatische Zivilisten, Reste der Ustascha und der regulären Armee (Domobrani) sowie jugoslawische Verbände ergeben sich den Briten nahe Bleiburg (slowen. Pliberk) in Österreich. An die Tito-Partisanen ausgeliefert, der Großteil erschossen oder in monatelangen Todesmärschen oder in Lagern ermordet (Massaker von Bleiburg).
Pavelic erreicht 1947 Argentinien und lebt bis kurz vor seinem Tod Ende der fünfziger Jahre in Buenos Aires, wo er als Sicherheitsberater des argentinischen Diktators Juan Perón fungiert. Seit der Unabhängigkeitserklärung Kroatiens Anfang der 1990er Jahre versuchen einige rechtsgerichtete politische Gruppen an die Tradition der Ustascha anzuknüpfen. Tragen und Zurschaustellen von Symbolen der Ustascha ist strafrechtlich bewehrt. Trotzdem gestehen noch immer viele Kroaten den Ustascha ehrenwerte Motive zu. Extremistische Äußerungen sind teils gegen die Regierung, teils gegen äußere Einflüsse gerichtet und können auf die zunehmende Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den Auswirkungen der Globalisierung, dem wirtschaftlichen Strukturwandel und dem schwierigen Übergang von der kommunistischen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft, den Auswirkungen des Kroatien-Krieges, der steigenden Armut, geringen Pensionen, dem immer noch ausstehenden EU-Beitritt, einem Mangel an Perspektiven für die jugendliche Bevölkerung, uvm. zurückgeführt werden.
Zusammenfassung:
Adolf Hitler brütete schon über den Karten Russlands, als sein Kumpan Mussolini, der von dem annektierten Albanien aus mutwillig einen Krieg gegen Griechenland begonnen hatte, in arge Nöte geriet. Die Griechen warfen die Eindringlinge zurück, eine Niederlage schien unvermeidbar. Hitler fürchtete vor dem bereits konzipierten Überfall auf die Sowjetunion eine durch englisches Eingreifen drohende Balkanfront.
Deutsche Truppen sollten über das befreundete Bulgarien Mussolini aus der Patsche helfen. Deshalb der Versuch, auch Jugoslawien durch Einbeziehung in die Achse ruhig zu stellen.
Serbische Offiziere machten dem "Führer" einen Strich durch die Rechnung. Zwei Tage nach der Unterzeichnung des Dreimächtepakts in Wien stürzten sie den deutschfreundlichen Regierungschef, schickten Prinzregent Paul ins Ausland und ließen sich die Kursänderung vom minderjährigen König Peter bestätigen. Womit sie allerdings in Überschätzung ihrer Armee nicht gerechnet hatten, war, dass der am 6. April 1941 mit schweren Bombardements einsetzende "Blitzkrieg", unterstützt von Ungarn und Bulgarien, in elf Tagen beendet sein würde. Der "Verrat" Jugoslawiens wurde sofort durch dessen Auflösung bestraft.
In Rom wie in Berlin wusste man von den Schwierigkeiten, die eine Autonomie verlangende Kroaten Belgrad seit langem bereitet hatten. In Zagreb war die Wehrmacht sogar von der Bevölkerung freundlich begrüßt worden. Schon am 10. April hatte ein ehemaliger k. u. k. Offizier in Zagreb die Unabhängigkeit Kroatiens ausgerufen. Berlin zeigte Interesse, den Führer der Bauernpartei, Vladko Macek, zum Chef einer Satellitenregierung zu machen. Aber der winkte als Mitglied der letzten jugoslawischen Regierung ab. Nun kam Italien, dem Hitler ohnedies den Balkan als Interessengebiet zugestanden hatte, zum Zug. Und Mussolini setzte den ins italienische Exil geflüchteten Ustascha-Führer Ante Pavelic zum Herrn des neuen Staates ein. Der Preis, den Pavelic zahlen musste, war hoch: Die dalmatinische Küste bis Split und die Bucht von Kotor mussten an Italien abgetreten werden, und Kroatien sollte einen König aus dem italienischen Königshaus bekommen (Aimone von Savoyen nannte sich in Anknüpfung an das Mittelalter Tomislav II., aber er zog es vor, den heißen Boden Kroatiens nie zu betreten). Zum Ausgleich wurden dem "Unabhängigen Staat Kroatien" (NDH) Bosnien-Herzegowina und damit mehr als zwei Millionen orthodoxe Serben und 800.000 bosnische Muslime überlassen. Dagegen lebten nun 600.000 Kroaten auf italienischem Gebiet - eine für die nationalistische Propaganda der Ustascha, alle Kroaten vereinen zu wollen, eine von Anfang an schwere Belastung. Und wie "unabhängig" dieser Staat Kroatien wirklich war, lässt sich schon daran ermessen, dass sein gesamtes Gebiet in eine deutsche (von Zagreb bis Sarajewo) und drei italienische Besatzungszonen eingeteilt war.
Der "Poglavnik" (Führer), wie sich Pavelic nennen ließ, suchte seinen Staat von Anfang an durch Terror zusammenzuhalten, zumal sofort nach dem Waffenstillstand in Serbien und Bosnien die serbischen Tschetniks einen Untergrundkampf gegen die deutschen und italienischen Besatzer des Landes begannen und zugleich die bosnischen Muslime drangsalierten. Sehr bald trat an die Stelle des scheinbar so rasch beendigten Kriegs der Bürgerkrieg. Als Hitler die Sowjetunion überfiel, bekam dieser eine zusätzliche Note dadurch, dass nun auch die Kommunisten mit ihrem Führer Josip Broz-Tito, die sich zunächst abwartend verhalten hatten, den Partisanenkampf aufnahmen.
Pavelic schaltete zunächst jede politische Konkurrenz aus und ließ die Bauernpartei, hinter der zwanzig Jahre hindurch die Mehrheit der Kroaten gestanden war, verbieten und Macek, obwohl dieser zu Loyalität mit dem neuen Regime aufgerufen hatte, einsperren. Dann stellte er Ustascha-Milizen auf, die das Programm der "Kroatisierung" des Landes mit blutigem Terror begannen. Er richtete sich nicht nur gegen Juden und Roma, denen nach deutschem Vorbild alle bürgerlichen Rechte genommen wurden, sondern vor allem gegen die Serben. Die Ustascha richtete in den Serbengebieten grauenhafte Blutbäder an, Bedenken des Bevollmächtigten Generals für Kroatien, Glaise-Horstenau (er war 1936-38 "nationaler" Minister im Kabinett Schuschnigg gewesen) wischte Hitler mit der Bemerkung weg, "die Kroaten sollen sich nur austoben". Die Folge war, dass viele Serben sich den Partisanen oder den Tschetniks anschlossen. Der Versuch, Serben auf der einen Seite durch Zwangskatholisierung und Massentaufen zu Kroaten zu machen und auf der anderen Seite Zehntausende Serben in Konzentrationslager zu deportieren - das berüchtigtste war Jasenovac - führte zur Massenflucht von Ser- ben in das von Deutschen besetzte Gebiet Serbiens.
Hitlers permanenter Hunger nach Soldaten zwang auch die Kroaten, obwohl von den Italienern dabei behindert, zu der Domobranen-Heimwehr eine einsatzfähige Armee aufzustellen, Kanonenfutter zu liefern. So wurden im Kampf um Stalingrad auch kroatische Truppen verheizt. Eine schwere Demütigung fügte Himmler dem "Poglavnik" zu, als er die bosnisch-muslimische SS-Division "Handschar" aufstellte und vom Großmufti von Jerusalem segnen ließ, weil ihm die Kroaten zu unzuverlässig waren.
Der Kampf gegen die Tito-Partisanen war wechselvoll und wurde von allen Seiten gnadenlos geführt; der ins Abseits gedrängte Tschetnik-Führer Mihailovic, zunächst lange von der Londoner Exilregierung König Peters als Kriegsminister gehalten, kollaborierte dabei zunehmend mit der italienischen Besatzungsmacht. Zeitweilig waren große Gebiete des NDH-Staates in Bosnien völlig unter Titos Kontrolle, einer groß angelegten "Säuberungsaktion" entkam der Marschall, nun immer mehr auch von den Westmächten unterstützt, in letzter Minute.
Nach der Kapitulation Italiens durfte Pavelic die von Italien okkupierten Gebiete seinem Staat anschließen, so weit sie nicht in der Hand der Partisanen waren; Ansprüche auf Rijeka/Fiume und Istrien aber wurden zurückgewiesen, weil sie dem Gauleiter von Kärnten als "Operationszone Adriatisches Küstenland" unterstellt worden waren.
Bei Kriegsende flüchteten Hunderttausende Ustaschi, kroatische Soldaten und Zivilisten mit den deutschen Truppen nach Kärnten, um sich den Engländern zu ergeben. Diese lieferten sie an Titos Volksbefreiungsarmee aus, was für Zehntausende den Tod bedeutete. Pavelic allerdings, der über italienische Klöster nach Argentinien gelangte, war dort Gast von Präsident Peron und lebte nach dessen Sturz unbehelligt bis zu seinem Tod in Franco-Spanien.


Utz [CS 216f, 221f]

letztes Werk von Bruce Chatwin , vier Monate vor seinem Tod (Chatwin stirbt im Januar 1989) erschienen.
Handelt von kauzigem Privatgelehrten, Kaspar Baron Utz - im real existierenden Sozialismus in Prag schlicht: Utz - von seinen geheimen Leidenschaften, seiner Liebe zum Meißner Porzellan und zu fülligen Operndivas, seinem raffiniert inszenierten Doppelleben und dem bizarren Arrangement mit seiner treusorgenden Haushälterin Martha. Allseits als Meisterwerk gerühmter Roman vom Überleben und von der anarchischen Poesie des Schönen. Utz zerschlägt am Ende seine Porzellansammlung, überlässt sie der Prager Müllabfuhr, will sie nicht mehr als Liebesersatz. Mit den Scherben gibt er auch seine wechselnden Gespielinnen auf, heiratet seine Haushälterin, die seit Jahren darauf hofft, macht sie zur Baronin von Utz. Märchenstoff, wie eine Reportage erzählt.
vgl. das von Sebald S. 221 erwähnte Fernsehinterview