Ich entsinne mich, daß ich einmal, als alles tief verschneit gewesen ist, von den mir unbekannten, aus dem Ochsenwirt
in die Winterlautlosigkeit herausdringenden Klängen angelockt, in den Festsaal hineingegangen bin und dort,
ganz allein im Halbdunkel, Zeuge geworden bin, wie auf der mir meilenweit entfernt scheinenden,
noch aus der Zeit vor dem ersten Krieg stammenden Bühne gerade die letzte Szene der Oper geprobt wurde, die demnächst,
wie ich bereits hatte sagen hören, zur Aufführung gebracht werden sollte.
Was eine Oper war, wußte ich damals nicht, noch konnte ich mir denken,
was es auf sich haben mochte mit den drei kostümierten Gestalten und dem blinkenden Dolch,
den zuerst der Schnapsbrenner Zweng, dann der Polsterer Gschwendtner und zuletzt die Tabakhändlerin Bella Unsinn in der Hand hielten,
aber daß es sich nur um eine vor meinen Augen sich vollziehende Katastrophe handeln konnte, das hörte ich aus den verzweiflungsvoll
ineinander verschlungenen Stimmen, noch eh der Gschwendtner Franz sich entleibte und gleich danach die Bella ohnmächtig zu Boden sank.
Und wie verwundert bin ich dreißig Jahre darauf nicht gewesen, als ich diese tragische Schlußszene,
die ich bis dahin völlig vergessen gehabt hatte, in einem Londoner Kino wiedersah, unglaublicherweise in nahezu denselben Kostümen.
Klaus Kinski, dem das strohgelbe Haar gleichsam elektrisiert vom Kopf absteht, starrt aus dem Hintergrund des Parterres
des Teatro Amazonas von Manaus auf die Bühne, wo die im sechzehnten Jahrhundert unter spanischen Granden und
Bergbriganten sich zutragende Handlung soeben die letzte ihrer zahlreichen Revolutionen durchläuft.
Der in einen schwarzen Mantel gehüllte Suva hat dem von Caruso in einer Art Umstandsbluse gespielten Hernani den Dolch überreicht,
Hernani stößt ihn sich in die Brust, erklimmt heldenhaft noch einmal die höchsten Gesangsregionen und stürzt dann seitwärts
der untröstlichen Elvira beziehungsweise der Sarah Bernhardt zu Füßen, die kurz zuvor, in einer schlafwandlerischen Bravourleistung
sondergleichen, mit ihrem Holzbein über die steinerne Burgtreppe heruntergekommen ist. |
SCENA ULTIMA Detti ed Elvira dalle stanze nuziali. ELVIRA ad Ernani Ferma, crudele, estinguere perché vuoi tu due vite? a Silva Quale d'Averno demone ha tali trame ordite? Presso al sepolcro mediti, compisci tal vendetta! … La morte che t'aspetta, o vecchio, affretterò. Va per iscagliarlisi contro, poi s'arresta Ah, ma che diss'io? perdonami … L'angoscia in me parlò. SILVA È vano, o donna, il piangere … È vano … io non perdono. ERNANI (La furia è inesorabile) ELVIRA a Silva Figlia d'un Silva io sono. Io l'amo … indissolubile nodo mi stringe a lui. SILVA con feroce ironia L'ami! … morrà costui, per tale amor morrà. ELVIRA Per queste amare lagrime di me, di lui pietà. ERNANI Quel pianto, Elvira, ascondimi … ho d'uopo di costanza … ELVIRA Pietà! ERNANI L'affanno di quest'anima ogni dolore avanza … ELVIRA Di lui, di me pietade. ERNANI Un giuramento orribile ora mi danna a morte. ELVIRA Pietà! SILVA No. ERNANI Fu scherno della sorte la mia felicità. ELVIRA Di lui, di me pietà! SILVA Morrà … morrà, per tale amor morrà! È vano, o donna, il piangere … è vano … io no, non perdono. Sì, per tale amor morrà! ERNANI Non ebbe di noi miseri, non ebbe il ciel pietà. SILVA appressandoglisi minaccioso Se uno squillo intenderà tosto Ernani morirà. ERNANI Intendo … intendo … compiasi il mio destin fatale. Si pianta il pugnale nel petto ELVIRA Che mai facesti, ahi misero? Ch'io mora! … a me il pugnale … SILVA No, sciagurata … arrestati, il delirar non vale … ERNANI Elvira! … Elvira! … ELVIRA Attendimi … Sol te seguir desio … ERNANI Vivi … d'amarmi e vivere … cara … t'impongo … addio … ELVIRA ed ERNANI Per noi d'amore il talamo di morte fu l'altar. SILVA (Delle vendette il demone qui venga ad esultar) ERNANI Elvira, Elvira, addio! ELVIRA Attendimi. SILVA: (Qui venga!) Ernani spira ed Elvira sviene. |
LETZTE SZENE [Elvira tritt aus dem Brautgemach] ELVIRA [zu Ernani ] Halt ein, Grausamer, warum willst du zwei Leben auslöschen? [zu Silva] Welcher höllische Dämon hat diese Intrige gesponnen? Nahe dem Grabe ersinnst und vollziehst du solch eine Rache! Ich werde den Tod beschleunigen, der dich, Alter, erwartet. [Sie will sich auf ihn stürzen, hält aber ein.] Ach, was rede ich? Verzeih mir. Die Angst sprach aus mir. SILVA Deine Tränen, Frau, sind umsonst. ELVIRA Ach! SILVA Umsonst, ich verzeihe nicht. ERNANI [für sich] Die Furie ist unerbittlich. ELVIRA [zu Silva] Ich bin die Tochter eines Silva. Ich liebe ihn, ein unauflöslicher Bund verknüpft mich mit ihm. SILVA Du liebst ihn? Er wird sterben, für deine Liebe soll er sterben. ELVIRA Für diese bitteren Tränen, habe Mitleid mit mir und mit ihm. ERNANI Verbirg deine Tränen vor mir, Elvira, ich muss stark sein. Jeder Schmerz vergrössert den Kummer meiner Seele. ELVIRA Erbarmen! Erbarmen für ihn und mich. ERNANI Ein schrecklicher Schwur verurteilt mich jetzt zum Tode. ELVIRA Erbarmen! SILVA Nein. ERNANI Mein Glück verhöhnte das Schicksal. ELVIRA, ERNANI Der Himmel hatte mit uns kein Erbarmen. SILVA Er wird sterben. Für diese Liebe wird er sterben. ELVIRA Für ihn, für mich Erbarmen usw. ERNANI Der Himmel hatte mit uns usw. SILVA Deine Tränen, Frau, sind umsonst usw. SILVA [nähert sich drohend Ernani] Wenn er einen Hornstoss hört, wird Ernani sich sofort töten. ERNANI Ich verstehe, ich verstehe. Mein unseliges Schicksal vollendet sich. [Er ersticht sich] ELVIRA Was tust du? Ach, Elender! Auch ich will sterben! Für mich das Messer! SILVA Nein, Verbrecherin, halt ein, dein Schwärmen nützt nichts. ERNANI Elvira, Elvira! Warte auf mich. ELVIRA Nur dir will ich folgen... ERNANI Lebe, ich flehe dich an, Teure, mich zu lieben und zu leben, leb wohl. ELVIRA, ERNANI Zum Altar des Todes ist unser Brautgemach geworden. SILVA Der Dämon der Rache komme hierher, um zu jubeln. ERNANI Elvira, Elvira, lebe wohl! ELVIRA Warte auf mich. SILVA für sich Er komme hierher! [Ernani stirbt, und Elvira wird ohnmächtig] |
Ernani, Oper in 4 Akten und 5 Bildern, 1844, von Giuseppe Verdi (1813 - 1901) --> Giuseppe Verdi - ERNANI |