1988 bringt Cohen das Album "I’m Your Man" heraus. Darauf eines seiner persönlichsten Lieder: Tower of Song
"Ich bin einer von denen, die Leonards Musik unglaublich schön und heilsam finden und aus seinem Werk Lebenshoffnung schöpfen", sagt Hal Willner, der Produzent von "I'm Your Man".
"Ich kann mich nicht genau daran erinnern, wie Leonards Musik sich in meine Psyche eingeschlichen hat. Ich wurde in meiner Jugend auf ihn aufmerksam, aber das, was ich hörte, war wie das Essen, das man als Kind ausspuckt - obwohl man weiß, dass es für einen gut ist; alle paar Jahre probiert man es wieder, bis man es irgendwann schließlich zu seinem Leibgericht macht. Seine Musik ist auf eine ganz eigene, unvergleichliche Art zutiefst emotional, leiden-schaftlich und humorvoll. Leonards Einspie-lungen bilden singuläre Welten, in denen man sich selbst verlieren und großen Trost finden kann."
Nicht umsonst gilt Cohen als einer der faszinierendsten, rätselhaftesten und einfluss-reichsten Sänger und Songwriter aller Zeiten, vergleichbar nur mit Bob Dylan. Immer wieder verblüfft er mit ungemein poetischen Liedern.
"Leonard Cohen: I'm Your Man", ein Film der aus Melbourne stammenden Regisseurin Lian Lunson, dreht sich
um Cohens Leben, sein musikalisches und poetisches Werk. Sie reist Januar 2005 nach Sydney, um dort in dem weltbekannten Opernhaus die Leonard-Cohen-Tribute-Show "Came So Far For Beauty: An Evening Of Songs By Leonard Cohen" auf Zelluloid zu bannen. Eine Gruppe der weltweit besten Künstler und Freunde war zusammengekommen, um für ihn ein Tribute-Konzert zu geben. Darunter U2, Nick Cave Wainwright Rufus u.v.a. Heraus kam laut Wim Wenders "einer der großartigsten Musikfilme aller Zeiten".
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Sie verurteilten mich zu 20 Jahren Langeweile
Weil ich versucht habe, das System von innen heraus zu verändern
Jetzt komme ich, jetzt kriegen sie dafür die Belohnung
Zuerst erobern wir Manhattan und danach Berlin
Es leitet mich ein Zeichen hoch am Himmel
Es leitet mich dies Muttermal auf meiner Haut
Es leitet mich die Schönheit uns'rer Waffen
Zuerst erobern wir Manhattan und danach Berlin
Ich würde wirklich gerne an deiner Seite leben, Liebling
Ich liebe deinen Körper, deinen Geist und deine Kleidung
Aber siehst du dort die Schlange, die sich durch den Bahnhof bewegt?
Ich hab's dir gesagt, ich war mal einer von denen...
Ihr mochtet mich als Verlierer, doch jetzt macht ihr euch Sorgen, dass ich doch gewinnen könnte
Ihr wisst, wie ihr mich aufhalten könnt, aber dafür habt ihr nicht die Selbstbeherrschung
Wieviele Nächte hab ich dafür gebetet, dass mein Werk beginnen kann
Zuerst erobern wir Manhattan und danach Berlin
Mir gefällt Ihr Modehandel nicht, mein Herr
Mir gefallen diese Drogen nicht, die dich schlank bleiben lassen
Mir gefällt nicht, was mit meiner Schwester passiert ist
Zuerst erobern wir Manhattan und danach Berlin
Ich danke dir für die Sachen, die du mir geschickt hast
Das Äffchen und die Sperrholzgeige
Hab jeden Abend geübt, jetzt bin ich bereit
Zuerst erobern wir Manhattan und danach Berlin
Erinnert ihr euch an mich, für mich gab's einst nichts als die Musik
Erinnert ihr euch an mich, ich war der, der euch die Einkäufe ins Haus getragen hat
Jetzt ist Vatertag und alle sind verwundet
Zuerst erobern wir Manhattan und danach Berlin
Sämtliche amerikanische Rundfunksender haben den Song nach 9/11 für Monate auf den Index gesetzt.
Ein Rätsel? Kunst? Berlin und New York in einem Atemzug, Formulierungen, assoziativ aneinander gereiht, die nichts ergeben oder auch, wenn der Hörer nur will, einen Baustein zu wilden Verschwörungstheorien...
Then we take Berlin? Jennifer Warnes, die ihr Album „Famous Blue Raincoat“ 1987 mit diesem Song eröffnet, wusste es nach eigenem Bekunden selbst nicht genau – das sei der Bewusstseinstrom des Meisters. Cohen selbst hat es auch mal offengelassen, mal eine Interpretation nachgelegt: Es gehe um Terrorismus.
Oder einfach nur nachhallende Planung einer Welttournee? Kritik an den Plattenbossen, die ihn zu „20 Jahren Langeweile“ verurteilt haben? Dunkles Raunen eines angeblichen Freimaurers? Ganz neu: Cohen sah damals schon Trump kommen. Falls ja, wollen wir hoffen, dass er Berlin nur einfach so dazuschrieb.
Wohl alles zu einfach. Naheliegender:
Der Sänger bereitet ein Attentat vor. Der Versuch, das System von innen heraus umzugestalten, ist gescheitert, er wurde bestraft; jetzt ist es an der Zeit, das System frontal anzugreifen. Mit Gewalt:
I'm guided by a signal in the heavens
I'm guided by the birthmark on my skin
I'm guided by the beauty of our weapons.
Cohen motiviert das Handeln des angehenden Terroristen deutlich religiös, er weiß sich geführt durch ein Zeichen vom Himmel; zudem hat er, so sieht er es jedenfalls, seine Berufung nicht selbst gewählt, sondern er ist dazu geboren - er trägt ein Muttermal auf seiner Haut.
Wann erfüllt sich seine Berufung?
How many nights I prayed for this, to let my work begin.
Er hegt auch persönlichen Groll: einerseits gegen all Jene, die ihn zu 20 Jahren Langeweile verurteilt haben und an denen er sich nun rächen will - ironisch als Belohnung bezeichnet (I'm coming to reward them).
Und andererseits ganz konkret gegen den Mister aus dem fashion business: I don't like these drugs that keep you thin.
Die Modebranche als Exempel für Oberflächlichkeit und Dekadenz jenes 'Systems', gegen das er aufbegehrt. Der Drogenkonsum dort dient nicht etwa dazu, der tristen Realität zu entfliehen, sondern den Anforderungen dieses Business zu genügen, nämlich mager zu bleiben. Und was ist seiner Schwester passiert?
Und last not least hegt er auch gegen seine Lebensgefährtin Groll.
Mit Frauenstimme singt ein anderes Ich:
I'd really like to live beside you, baby
I love your body and your spirit and your clothes
But do you see that line there moving through the station?
I told you, I told you
Told you I was one of those.
Sie weiß oder ahnt, dass ihr Mann auf dem Sprung zum Terroristen ist und sieht sich außerstande, ihn davon abzuhalten. Bei ihm bleiben kann sie aber auch nicht - denn sie gehört zu denen, den Anderen, gegen die der angehende Attentäter sich wendet.
Er hat ihr die Einkäufe getragen, was er rückblickend als erniedrigend empfindet, wie das ganze Leben an ihrer Seite, 20 Jahre Langeweile.
Vorbei: Vatertag, alle verwundet.
Everybody Knows
Jeder weiß, die Würfel sind gezinkt
Jeder wirft sie mit gekreuzten Fingern
Jeder weiß, der Krieg ist vorbei
Jeder weiß, die Guten haben verloren
Jeder weiß, der Ausgang stand schon vorher fest:
Arm bleibt arm, die Reichen werden reicher
So läuft das, weiß doch jeder
Jeder weiß, das Schiff ist leck
Jeder weiß, der Käptn log
Jeder kennt die Trübsal
wenn Vater oder der Hund gestorben
Jeder hat volle Taschen
Und wollen doch eine Schachtel Pralinen
Und ne langstielige Rose, weiß doch jeder
Jeder weiß, du liebst mich, Baby
Jeder weiß, das stimmt
Jeder weiß, du warst mir treu
Bis auf die eine oder andre Nacht
Jeder weiß, du warst verschwiegen
Doch vor vielen Leuten
Hast du dich nackt gmacht
Und jeder weiß Bescheid
Und jeder weiß, jetzt oder nie
Jeder weiß, entweder ich oder du
Und jeder weiß, dass man auf ewig lebt
Hat man nur was geschrieben
Jeder weiß, das Ganze stinkt zum Himmel
Er pflückt noch immer Baumwolle, Old Black Joe
Für Schmuckbänder und Schleifen, das weiß doch jeder.
Jeder weiß, die große Seuche kommt
Jeder weiß, wie schnell sie verbreitet sich
Jeder weiß, ein nackter Mann und seine Frau
Sind nur ein blasser Abglanz alter Kunst
Jeder weiß, die Szene ist tot
Auch auf deinem Bett sollte die Stoppuhr liegen
Die zeigt dir an, was jeder weiß
Jeder weiß, man hat Probleme
Jeder weiß, was man durchgemacht hat
Vom blutigen Kreuz auf Golgatha
Bis zum Strand von Malibu
Jeder weiß, es bricht alles in Stücke
Wirf einen letzten Blick auf das Herz Jesu
Bevor es stillsteht. Und jeder weiß Bescheid
Now in Vienna there's ten pretty women
There's a shoulder where Death comes to cry
There's a lobby with nine hundred windows
There's a tree where the doves go to die
There's a piece that was torn from the morning
And it hangs in the Gallery of Frost
Ay, Ay, Ay, Ay
Take this waltz, take this waltz
Take this waltz with the clamp on its jaws
Oh I want you, I want you, I want you
On a chair with a dead magazine
In the cave at the tip of the lily
In some hallways where love's never been
On a bed where the moon has been sweating
In a cry filled with footsteps and sand
Ay, Ay, Ay, Ay
Take this waltz, take this waltz
Take its broken waist in your hand
This waltz, this waltz, this waltz, this waltz
With its very own breath of brandy and Death
Dragging its tail in the sea
There's a concert hall in Vienna
Where your mouth had a thousand reviews
There's a bar where the boys have stopped talking
They've been sentenced to death by the blues
Ah, but who is it climbs to your picture
With a garland of freshly cut tears?
Ay, Ay, Ay, Ay
Take this waltz, take this waltz
Take this waltz it's been dying for years
There's an attic where children are playing
Where I've got to lie down with you soon
In a dream of Hungarian lanterns
In the mist of some sweet afternoon
And I'll see what you've chained to your sorrow
All your sheep and your lilies of snow
Ay, Ay, Ay, Ay
Take this waltz, take this waltz
With its "I'll never forget you, you know!"
This waltz, this waltz, this waltz, this waltz ...
And I'll dance with you in Vienna
I'll be wearing a river's disguise
The hyacinth wild on my shoulder,
My mouth on the dew of your thighs
And I'll bury my soul in a scrapbook,
With the photographs there, and the moss
And I'll yield to the flood of your beauty
My cheap violin and my cross
And you'll carry me down on your dancing
To the pools that you lift on your wrist
Oh my love, Oh my love
Take this waltz, take this waltz
It's yours now. It's all that there is
Und in Wien gibt es zehn schöne Frauen
Eine Schulter, da weint nachts der Tod
Und ein Zimmer mit 900 Fenstern
Und für Tauben vergiftetes Brot
Hängt im Winde ein Fetzen vom Morgen
wie ein Bildnis mit frostigem Riss
Ay, Ay, Ay, Ay
Nimm von mir, nimm von mir diesen Walzer
Und nimm diesen Biss
Oh ich lieb dich, ich will dich, ich brauch dich
Auf dem Stuhl, wo die Zeitung grad liegt
In der Höhle am Ende der Lilie
Und wo Liebe im Haus nur vesiegt
Auf dem da Bett im Schweiße des Mondes
und im Schrei deiner Schritte im Sand
Ay, Ay, Ay, Ay
Nimm von mir, nimm von mir
Diesen Walzer, und nimm meine Hand
Den Walzer, Walzer, Walzer
Mit dem Glorienschein von Friedhof und Wein
Und tief wie die Donau so blau
Steht in Wien noch das schäbige Ballhaus
Wo dein Mund sich an Hunderten rieb
Und die Bar, wo die Jungs nicht mehr reden
Seit dein Blues in das Schweigen sie trieb
Aber wer ist der Mann, der dein Foto
Mit dem Kranz frischer Tränen garniert
Ay, Ay,Ay,Ay
Nimm von mir, nimm von mir
Diesen Walzer, der täglich erfriert
Unterm Dach spielen Kinder vergebens
Und da liegen wir beide schon bald
Weil im Schein von rumänischen Kerzen
Wenn der Nebel sich sammelt im Wald
Und ich spür deine reifkalten Beine
Und das Lamm und die Lilie, die blieb
Ay, Ay, Ay,Ay
Nimm von mir, nimm von mir
Diesen Walzer, der sagt „Hab mich lieb!“
Den Walzer, Walzer, Walzer, Walzer
Mit dem Glorienschein von Friedhof und Wein
Und tief wie die Donau so blau
Und dann will ich in Wien mit dir tanzen
Ich verkleide mich so wie der Fluss
Hyazinthen trag ich auf der Schulter
Und im Tau deiner Schenkel mein Kuss
Meine Seele will ich dort begraben
Im Notizbuch mitsamt deinem Bild
Und will mich deiner Schöheit ergeben
Mit der Geige, dem Kreuz und dem Schild
Und ich wünsch mir im Meer deiner Hände
Verlorn und ertrunken zu sein
Ay, Ay, Ay,Ay
Nimm von mir, nimm von mir
Diesen Walzer, denn jetzt bin ich dein
la, la, la, la, la, la, la
Und Susanne Grütz singt mit den
Bierfiedlern diese wundervolle
deutsche Fassung