Stichwort Berufsverbot
Willy Brandts sogenannter Radikalenerlass von 1972 setzte die Bundesrepublik dazu ein,
auf der Basis nachrichtendienstlicher Observation Menschen mit gemutmaßter Nähe
zu einer als verfassungsfeindlich bezeichneten legalen Organisation (insbesondere die DKP) aus dem Staatsdienst zu entfernen
oder ihnen die Aufnahme zu verwehren.
Die Praxis des Berufsverbots war einmalig in der EG. Angeblich gegen Radikale von links wie rechts gerichtet,
saind faktisch fast ausschließlich Kommunisten und andere Linke
wie etwa sozialdemokratische Mitglieder des Sozialistischen Hochschulbunds (SHB) betroffen.
Bayern lehnte zwischen 1973 und 1980 aus dem linken Spektrum 102 Bewerber ab, dagegen nur 2 aus dem rechten.
Nationale und internationale Organisationen und Institutionen wie die Internationale Arbeitsorganisation oder
der Europäische Gerichtshof sahen darin einen Verstoß gegen das Völkerrecht bzw. eine Verletzung des Rechts auf
Meinungs- und Vereinigungsfreiheit der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Vor allem Frankreich übte am Berufsverbot scharfe Kritik als undemokratisch.
Man befürchtete gar, Westdeutschland falle in überkommene antidemokratische und autoritäre Politikmuster zurück.
2016 beschließt Niedersachsen die Einrichtung einer Kommission zur Aufarbeitung der Schicksale der
betroffenen Personen und der Möglichkeiten ihrer politischen und gesellschaftlichen Rehabilitierung:
bei den Berufsverboten handle es sich um ein unrühmliches Kapitel der Geschichte Niedersachsens.
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