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geboren 1864 Sandycove/Dublin, gehängt 1916 London.
1895 Konsul in Lourenço Marques (heute Maputo). Gebiet am Rio Putumayo
hat Amazon ein System von Zwangsarbeit errichtet, dem schätzungsweise mehr als 30.000 Uitotos zum Opfer fallen, was Casement publik macht.
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Am Abend des zweiten Tages nach meiner Ankunft in Southwold brachte die BBC im Anschluß an die Spätnachrichten
eine Dokumentation über den mir bis dahin unbekannt gewesenen, im Jahr 1916 in einem Londoner Gefängnis wegen Hochverrats hingerichteten Roger Casement.
Ich habe ihn einmal, so ein mir seltsamerweise wortwörtlich gegenwärtig gebliebenes Zitat aus dem Kongo-Tagebuch Conrads, nur mit einem Stecken bewaffnet und nur in Begleitung eines Loanda-Jungen und seiner englischen Bulldoggen Biddy und Paddy in die gewaltige Wildnis aufbrechen sehen, die im Kongo jede Niederlassung umgibt. Und einige Monate darauf sah ich ihn dann, seinen Stecken schwingend, mit dem Jungen, der das Bündel trug, und den Hunden aus der Wildnis wieder hervorkommen,etwas magerer vielleicht, aber sonst so unbeschadet, als kehrte er gerade von einem Nachmittagsspaziergang im Hyde Park zurück.
Da mir, bis auf diese paar Zeilen und einige schattenhafte Bilder Conrads und Casements, alles entfallen war, was der Erzähler, wie ich annehmen mußte, in der Folge berichtet hatte über die Lebenswege der beiden Männer, habe ich seither versucht, die von mir damals in Southwold (unverantwortlicherweise, wie ich meine) verschlafene Geschichte aus den Quellen einigermaßen zu rekonstruieren.
König Leopold, der Schirmherr des vorbildlichen Unternehmens,
erklärt, daß die Freunde der Menschheit keinen edleren Zweck verfolgen könnten als den, der sie heute vereine, nämlich die Öffnung des letzten Teils unserer Erde, der bislang von den Segnungen der Zivilisation unberührt geblieben sei.
Korzeniowski
einem Londoner Bekannten gegenüber äußerte,
daß er Dinge berichten könnte, die er, Korzeniowski seit langem zu vergessen versuche, machte in einer dem Foreign Secretary Lord Lansdowne vorgelegten Denkschrift genaue Angaben über die durch keinerlei Rücksichtnahme gemilderte Ausbeutung der Schwarzen, die auf sämtlichen Baustellen der Kolonie ohne Löhnung, nur auf das notdürftigste ernährt und häufig aneinandergekettet und nach festgesetztem Rhythmus von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang und letzten Endes bis zum sprichwörtlichen Umfallen zu arbeiten gezwungen waren. Wer den Oberlauf des Kongo hinauffährt und wer nicht geblendet ist von der Gier nach dem Geld, so schrieb Casement, vor dessen Augen entfaltet sich die Agonie eines ganzen Volkes in all ihren herzzerreißenden, die biblischen Leidensgeschichten weit in den Schatten stellenden Einzelheiten.
das Abhacken von Händen und Füßen und Exekutionen mit dem Revolver zu den im Kongo zur Aufrechterhaltung der Disziplin tagtäglich durchgeführten Strafmaßnahmen gehörten. Ein persönliches Gespräch, zu dem König Leopold Casement nach Brüssel bat, sollte der Entschärfung der durch Casements Intervention geschaffenen Lage dienen beziehungsweise einer Einschätzung der von Casements Umtrieben für die belgischen Kolonialunternehmungen ausgehenden Gefahr. Die von den Schwarzen erbrachte Arbeitsleistung betrachte er, sagte Leopold, als durchaus legitimen Steuerersatz, und wenn es gelegentlich, wie er gar nicht in Abrede stellen wolle, zu besorgniserregenden Übergriffen des weißen Aufsichtspersonals käme, so sei dies der bedauerlichen, aber kaum zu ändernden Tatsache zuzuschreiben, daß das Kongoklima in den Köpfen mancher Weißer eine Art von Demenz auslöse, der man leider nicht immer rechtzeitig vorbeugen könne. Da Casement mit dergleichen Argumenten nicht umzustimmen war, bediente sich Leopold des Privilegs königlicher Einflußnahme in London, was zur Folge hatte, daß man, mit diplomatischer Duplizität, Casements Bericht einerseits als beispielhaft pries und daß man seinem Verfasser den Titel Commander of the Order of St. Michael and St. George verlieh, andererseits aber nichts unternahm, was die Wahrnehmung der belgischen Interessen hätte beeinträchtigen können. Als Casement einige Jahre später - wahrscheinlich mit dem Hintergedanken einer zeitweiligen Beseitigung seiner unbequemen Person - nach Südamerika entsandt wurde, deckte er dort in den Dschungelgebieten von Peru, Kolumbien und Brasilien Verhältnisse auf, die in vieler Hinsicht denen im Kongo glichen, nur daß hier keine belgischen Handelsgesellschaften operierten, sondern die Amazon Company, deren Zentralverwaltung in der Londoner City ihren Sitz hatte. Auch in Südamerika wurden zu jener Zeit ganze Stämme ausgerottet und ganze Landstriche niedergebrannt. Casements Bericht und sein bedingungsloser Einsatz für die Rechtlosen und Verfolgten löste im Foreign Office zwar durchaus eine gewisse Hochachtung aus, zugleich aber schüttelten viele der maßgeblichen höheren Beamten den Kopf über das, was ihnen erschien als quixotischer, dem beruflichen Fortkommen des an sich vielversprechenden Enyoyés gewiß nicht zuträglicher Eifer. Man suchte die Sache dadurch zu regeln, daß man Casement unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Verdienste, die er sich erworben hatte um die geknechteten Völkerschaften dieser Erde, in den Adelsstand erhob. Casement jedoch war nicht bereit, auf die Seite der Macht überzuwechseln; ganz im Gegenteil beschäftigten ihn in zunehmendem Maße die Natur und der Ursprung dieser Macht und der aus ihr geborenen imperialistischen Mentalität.
Es lag in der Linie der Konsequenz, daß er dabei schließlich auf die irische, das heißt auf seine eigene Frage stieß. Casement war aufgewachsen in County Antrim als Sohn eines protestantischen Vaters und einer katholischen Mutter und
gehörte seiner ganzen Erziehung nach zu denjenigen, deren Lebensaufgabe darin bestand, die englische Vorherrschaft
über Irland aufrechtzuerhalten. Als sich die irische Frage in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zuspitzte, begann Casement die Sache »der weißen Indianer von Irland« zu der seinen zu machen. Das den Iren über Jahrhunderte hinweg angetane Unrecht erfüllte immer mehr sein von Mitleidenschaft tiefer als von jeder anderen Regung geprägtes Bewußtsein. Daß nahezu die Hälfte der irischen Bevölkerung von den Soldaten Cromwells ermordet wurde, daß man
später Tausende von Männern und Frauen als weiße Sklaven nach den Westindischen Inseln verschickte, daß in jüngerer Zeit über eine Million Iren am Hungertod starben und daß nach wie vor ein Großteil jeder nachwachsenden Generation zur Auswanderung aus dem Heimatland gezwungen war, all das ging ihm nicht aus dem Kopf.
Die hunderttausend Mann starken Ulster Volunteers wurden gegründet, und auch im Süden formierte sich ein Heer von
Freiwilligen. Casement beteiligte sich an der Rekrutierung und Ausrüstung der Kontingente. Seine Ordensinsignien
schickte er nach London zurück. Die Pension, die man ihm ausgestellt hatte, nahm er nicht mehr in Anspruch. Anfang 1915 ging er in geheimer Mission nach Berlin, um die Reichsregierung zur Lieferung von Waffen an die irische Befreiungsarmee zu bewegen und um die irischen Kriegsgefangenen in Deutschland zu überreden, sich zu einer irischen Brigade zusammenzuschließen. Beide Vorhaben schlugen fehl, und Casement wurde in einem deutschen U-Boot nach Irland zurückgebracht. Auf den Tod erschöpft und vom eisigen Wasser durchfroren, watete er in der Bucht von Banna Strand, in der Nähe von Tralee, an Land. Einundfünfzig Jahre war er nun alt. Seine Verhaftung stand unmittelbar bevor. Casement saß, als der Aufstand niedergeschlagen wurde, bereits in einer Zelle im Londoner Tower. Einen Rechtsbeistand hatte er nicht. Zum Vertreter der Anklage wurde der inzwischen zum Generalstaatsanwalt aufgestiegene Frederick Smith bestellt, wodurch der Ausgang des Prozesses von vornherein so gut wie festgelegt war. Um allfällige Gnadengesuche von einflußreicher Seite zu unterbinden, wurden Auszüge aus dem bei der Durchsuchung der Wohnung Casements aufgefundenen, sogenannten schwarzen Tagebuch, das eine Art Chronik der homosexuellen Beziehungen des Angeklagten enthält, an den englischen König, an den Präsidenten der Vereinigten Staaten und an den Papst weitergeleitet. Die Authentizität des bis vor kurzem im Public Record Office in Kew, im Südwesten von London, unter Verschluß liegenden schwarzen Tagebuchs Casements galt lange als überaus fragwürdig, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, daß bis in die jüngste Vergangenheit hinein die bei Verfahren gegen angebliche irische Terroristen mit der Beistellung des Beweismaterials und der Ausarbeitung der Anklageschrift befaßten staatlichen Exekutiv- und Gerichtsorgane wiederholt nicht nur fahrlässiger Mutmaßungen und Unterstellungen, sondern vorsätzlicher Fälschung der Tatbestände sich schuldig gemacht haben. Für die Veteranen der irischen Freiheitsbewegung war es ohnehin undenkbar, daß einer ihrer Märtyrer mit dem englischen Laster behaftet gewesen sein soll.
Nichtsdestoweniger besteht seit der im Frühjahr 1994 erfolgten Freigabe der Tagebücher keinerlei Zweifel mehr daran, daß sie geschrieben sind in Casements eigener Hand. Der einzige Schluß, der daraus gezogen werden kann, ist der, daß es möglicherweise gerade die Homosexualität Casements war, die ihn befähigte, über die Grenzen der gesellschaftlichen Klassen und der Rassen hinweg die andauernde Unterdrückung, Ausbeutung, Versklavung und Verschrottung derjenigen zu erkennen, die am weitesten entfernt waren von den Zentren der Macht. Wie nicht anders zu erwarten, wurde Casement am Ende der Verhandlungen im Old Bailey des Hochverrats für schuldig befunden. Der den Vorsitz führende Richter, Lord Reading, vormals Rufus Isaacs, gab Casement seinen letzten Bescheid. You will be taken hence, so sagte er zu ihm, to a lawful prison and thence to a place of execution and will be there hanged by the neck until you be dead.
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Der Kongo (DR), flächenmäßig zweitgrößter, nach Einwohnzahl (etwa 80 Millionen)
viertgrößter Staat Afrikas und ärmstes Land der Welt mit mehr als 200 Ethnien.
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