ArchivarbeitBeginnt man das letzte Kapitel - überschrieben "Zur Melancholie in Sebalds Werken" - in des Norwegers Espen Ingebrigtsen Buch mit dem schönen Titel "Bisse ins Sacktuch", fragt man, was die x-te Erörterung des Themas bringen soll. Ingebrigtsen stellt aber unter dem Vorzeichen des Melancholie-Diskurses überraschend die stets ignorierte Frage nach dem Humor in Sebalds Texten und konturiert tatsächlich das etablierte Sebald-Bild ein gutes Stück neu, indem er sich mit "Sebalds schiefem Lächeln" beschäftigt.
Biografische und textuelle Belege versammelnd zeigt er, dass der besondere Humor Sebalds die gerne übersehene Kehrseite seiner Stilisierung zur gramgebeugten Leidensfigur ist - war er doch jemand, mit dem man im persönlichen Umgang ganz hervorragend gemeinsam lachen konnte.
Zur Rezeption Wittgensteins bringt Ingebrigtsens Untersuchung eine ganze Reihe von Aufschlüssen und Einsichten, wie er auch einige biografische Fehldarstellungen durch Sebald korrigieren kann. Immer wieder zeigt er anhand angestrichener Textpassagen des Philosophen, wie Sebald diese in ihrer tatsächlichen Bedeutung verfälschend in seine Literatur 'übersetzt'.
Quelle: Uwe Schütte in Weimarer Beiträge 64 (2018) 4
*) Prosawerk Hugo von Hofmannsthals 1902. Zentrale Themen sind Kritik der Sprache als Ausdrucksmittel und die Suche nach einer neuen Poetik. |