Viele Geschichten ranken sich um ihn:
Schon als 13jähriger soll er Bandenchef von Strolchen gewesen sein, die das friedliche Hafenstädtchen terrorisieren. Der Versuch, ihn durch den Pfarrer auf den rechten Weg zurückzuführen, misslingt, Selkirk brennt durch und heuert auf einem Schiff an. Nach sechs Jahren kehrt er als vollbefahrener Seemann zurück.
Da er wegen seiner Neigung zu Alkohol und Schlägerei häufig mit dem Gesetz in Konflikt kommt, heuert unser Schotte 1704 auf dem britischen Kaperschiff St. George als Segelmeister an, um der Gerichtsbarkeit zu entgehen. Die St. George soll zusammen mit der Cinque Ports - ausgestattet mit Kaperbriefen der Krone - vor Südamerikas Küste Jagd auf französische und spanische Schiffe machen.
Selkirk gerät mit dem Käptn in Streit und wechselt auf die Cinque Ports .

1704 erreicht das Schiff den Juan-Fernández-Archipel im Pazifik. Man benötigt Proviant und Süßwasser.

Nach Landung auf der unbewohnten Isla Más a Tierra - 325 sm vor der chilenischen Küste - stellt sich heraus, dass der berühmt-berüchtigte tropische Schiffsbohrwurm Teredo navalis den Schiffs-boden zerfressen hat, die Eichenplanken gleichen einer Bienenwabe, das Schiff ist dem Untergang geweiht. Selkirk will auf der Insel bleiben, da er fürchtet, dass das Schiff sinkt. Als er merkt, mit seinem Plan allein zu sein, ruft er: "Ich habs mir anders überlegt!" "Ich aber nicht" erwidert der Kapitän kühl und lässt sich zum Schiff zurückrudern. Das Schiff sank wenig später, fast die gesamte Mannschaft ertrinkt!

Die Insel bietet Trinkwasser, Früchte, Fisch und Robben, Selkirk beweist Geschick in der Ausnutzung dieser Ressourcen, es gelingt ihm, vier Jahre und vier Monate zu überleben.

Jeden Tag sucht er das Meer nach Rettung ab, leidet unter Einsamkeit und Depressionen.
Von Seefahrern eingeschleppte Ratten bleästigen und beißen ihn nachts. Er zähmt verwilderte Katzen, nun kann er ruhig schlafen.
Selkirk zimmert zwei Hütten aus Pimentbäumen. Als sein Schießpulver ausgeht, jagt er zu Fuß.

Er liest die Bibel, fertigt sich ein Gewand aus Ziegenleder, Schuhe braucht er nicht mehr, seine Füße sind abgehärtet und gefühllos geworden.
1707 sichtet er ein Schiff: Feindliche Spanier! Sie entdecken Selkirk, verfolgen ihn in den Insel-Urwald, wo sie ihn aber verlieren.

Am 2. Februar 1709 geht die Duke, ein britisches Kaperschiff, vor der Insel vor Anker, nimmt Selkirk an Bord: Ein kaum mehr menschenähnliches, behaartes und in Fellfetzen gehülltes Wesen tritt ihnen entgegen, wirft sich vor ihnen auf den Boden, der Sprache kaum mehr mächtig ...

Mit 41 trifft er in seinem Geburtsort die 16-jährige Sophia Bruce, ein Milchmädchen, entläuft mit ihr nach London. Binnen eines Jahres aber ist er wieder auf See; bei einem Besuch in Plymouth heiratet Selkirk eine verwitwete Gastwirtin, worauf man ihn des Heiratsschwindels bezichtigt.

1721 stirbt unser toller Abenteurer im Alter von 46 Jahren an Bord der Weymouth. Vor der afrikanischen Westküste erhält er ein Seemannsgrab.
All das ist die Quelle für den Weltbestseller "Robinson Crusoe".

Daniel Defoe

1660 - 1731, weltberühmt durch "Robinson Crusoe".
Sohn eines wohlhabenden Londoner Talghändlers, geboren als Daniel Foe, fügt er seinem Namen ein De an, wodurch dieser einen aristokratischen Klang bekommt.
1666 erlebt er den Großen Brand von London (siehe W. G. Sebald am Ende der Schwindel.Gefühle). Das Feuer zerstört fast ganz London, macht 100.000 Einwohner obdachlos. 1667 Überfall im Medway: Niederländische Schiffe dringen über die Themse in den Fluss Medway ein, erobern oder verbrennen dort viele Kriegsschiffe der Royal Navy.
Als er 10 ist, stirbt die Mutter. Defoe wird Kaufmann, betreibt Import-Export-Handel mit den englischen Kolonien in Amerika, handelt mit Wein, Tabak und Lebensmitteln und unternimmt ausgedehnte Reisen nach Frankreich, Holland, Italien und Spanien. Während der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen England und Frankreich Bankrott.

1719, mit 59, veröffentlicht Defoe seinen ersten Roman The Life and Strange Surprizing Adventures of Robinson Crusoe, der schlagartig zu seinem bekanntesten Werk wird, ihm aber nur 50 Pfund einbringt, sein Verleger kauft sich vom Erlös einen neuen Laden und hinterlässt 50.000 Pfund.

PS
1966 wird die Insel, wo Selkirk überlebte, in Robinson Crusoe umbenannt und Isla Más Afuera, die westlichste der Juan-Fernández-Inseln, in Alejandro Selkirk.

PPS
2005 finden David Caldwell und Daisuke Takahashi auf einer gemeinsamen Grabungsexpedition Selkirks Lagerplatz in 300 Meter Höhe am Berghang. Unter den Grabungsfunden befindet sich das Teil eines Stechzirkels, der sich Selkirk zuordnen ließ. Anderes behaupten Andreas Mieth und Hans-Rudolf Bork aus Kiel: Die Selkirk zugeschriebene Behausung sind Überreste eines spanischen Stützpunktes. Die Strandhöhle, in der Selkirk sich aufgehalten haben soll, haben höchst-wahrscheinlich englische Seefahrer in den Fels gesprengt.