Es gibt einen Asteroiden mit der großen Halbachse 2,7542 AE,
der Exzentrizität 0,1041, der Neigung der Bahnebene von ä,ä406°,
der Länge des aufsteigenden Knotens von 296,0696°
und der mittleren Orbitalgeschwindigkeit von 17,94 km/s.


Antonius und Paulus

Die Einzelheiten betreffs Asteroid Grünewald sind - für den Laien - genau so unklar wie das Leben seines Namensgebers .
Wenn wir uns den zwei menschlichen Wesen und der faszinierenden Natur, in der sie sitzen, und die Grünewald schuf, zuwenden, wird es einfacher.
Wir schauen in einen Wiesengrund, durch zentral aufgehende Bäume werden wir geführt zu den weißen Gipfeln entfernter Berge.



Links sitzt Antonius, er hat den Einsiedler in der Wüste aufgesucht, um mit ihm spirituelle Gespräche zu führen.
Antonius trägt die zeitgenössische Kleidung eines Antoniterabts mit weitem Mantel, der seinen Körper fast vollständig umhüllt. In zurückhaltendem Redegestus hat er die rechte Hand erhoben, mit seiner Linken umfasst er den Antoniter-Krückstock. Eine rote Kappe umrahmt sein Gesicht mit dem prüfenden, aber auch ehrfürchtigen Blick auf Paulus; sein gepflegter weißer Bart breitet sich über dem Mantel aus und endet in zwei Spitzen. Grünewald hat Guido Guersi porträtiert, dessen


Wappen unten links den Felsen ziert.



Antonius (um 251–356) - Vater des Mönchstums - lebt als Einsiedler im Wüstengebirge zwischen Nil und Rotem Meer und ist der Ordenspatron der Antoniter.
Rechts sitzt Paulus von Theben, der bis ins hohe Alter (113!) in der Wüste lebt und die Züge Grünewalds trägt.
Er hat eine vom Wetter gegerbte Haut, zerzaustes Haar, einen struppigen Bart und lange Fingernägel. Antonius (als der jüngere von beiden) und Paulus streiten mit lebhaften Gesten darüber, wem die Ehre zusteht, das Brot – wie beim Abendmahl mit Jesus – zu brechen.
Über Paulus geht durch die Palme, über Antonius durch Feld und Baum eine höhere Vertikale aufwärts.
Nach langer Irrfahrt findet Antonius an einem heiteren Morgen, geführt durch eine Hindin, Paulus in seinem Versteck; nach vielen Bitten kommt dieser aus seiner Höhle, von der aus der Maler in die Szene schaut. Der Einsiedler ist von der Welt längst vergessen. Erst ein Traum offenbart dem 90-jährigen Antonius, dass in der Wildnis ein noch älterer heiliger Anachoret sich verbirgt. Eine Dattelpalme gibt ihm Nahrung und Kleidung, als Zusatz sendet Gott ihm täglich durch den Raben ein Brot. Trank findet er in dem Quell, der in ganz roher Fassung gesammelt und durch ein ausgehöhltes Holz in ein tieferes Becken fällt, dann nach rechts abfließt. Eine Umfriedung aus Stämmen, hinter Antonius sichtbar, ist zwischen den Einsiedlern ausgehängt, die Stange fällt links neben Paulus ins Wasser.

Diese geringen Spuren menschlicher Kultur verschwinden im Bild, sie sind uralt, vermodert und von Moos überzogen. In dieser von der Welt abgeschlossen Schlucht umgibt den Einsamen ursprüngliche Natur, Bedürfnislosigkeit und Tiere des Waldes sind seine Gesellschaft, ein Hirsch zieht äsend ein durch den Zugang der Mitte; es ist sein gewohnter Wechsel und ihn stört es nicht, dass, von Gott hergeführt, ein Zweiter heute die Einsamkeit teilt. Denn sie sind eins geworden im Gespräch über letzte Dinge. So wie die Felsenkulissen oben in betonter Zuneigung sich verbinden, versinnbildlichen sie die im Geist und Anschauung des Ewigen vereinten Freunde.
Da sieht Paulus den schwarzen Boten herab fliegen, der heute statt des einen zwei Brote in die Zwiesprache der Heiligen bringt.
Mit einer, durch die Berechnung unsagbar fein betonten Armbewegung, die die Ablenkung entschuldigen will, wird Paulus jetzt dem Gast das sich vollziehende Wunder erklären.

Paulus sitzt auf einem aus alten Balken zusammengefügten Stuhl, Antonius auf einem aus Ästen und geflochtenen Sitz.





Hieronymus hat uns in Vita Pauli von 377 die Szene überliefert, die Jacobus de Voragine aum 1228–1298) in seiner Legenda aurea ausschmückt.
In wie unerhörte Grüße hat hier der Vollender gotischer Seelenkunst einer Grundstimmung, dem mystischen Einswerden der Seelen im Höchsten, durch den Bildorganismus Ausdruck gegeben! Alle Formen von Mensch, Tier und Natur, ihre Sonderbewegung und Beziehungen zueinander, der Hochdrang des Vertikalismus wie Pfeiler im gotischen Dom, sind nur dienende Glieder zu Erschaffung der Fantasielandschaft der große Stille, in der leise Worte, rinnende Wasser und das Pochen der Herztöne dem Flügelschlag des Wunders eine Märchenstätte bereiten.

Wie die Palme fremd in dieser deutschen Wildromantik steht, ist es auch der Gast Antonius und statt die Wüste von Theben sehen wir das Elsass.
Und im Vordergrund die naturgetreu gemalten Pflanzen:

Spitzwegerich



siehe auch
Eisenkraut
Breitwegerich
Knolliger Hahnenfuß
Queckengras
Braunwurz
Dinkel
Wundklee
Taubnessel
Klatschmohn
Kreuzenzian
Ehrenpreis
Schwalbenwurz
Cypergras

Die Legende meldet, dass Paulus noch an diesem Frühlingstage stirbt und Besucher Antonius ihn begräbt ...

Im Mittelalter leiden viele Menschen am Antoniusfeuer. Diese Krankheit, auch das heilige Feuer genannt, verursacht vom Mutterkorn, einemn Getreidepilz, ist eine regelrechte Plage. Nach Verzehr von Mehl, das Mutterkorn enthält, kommt es zur Verengung der Blutgefäße, die zu Brand oder Nekrose führen kann.
Antoniter-Mönche nehmen die Kranken auf, pflegen sie mit nahrhaftem Brot und dem „Saint-Vinage”, einem Heiltrank auf der Basis von Wein und Kräutern, in den sie die Reliquien des hl. Antonius tauchen. Die Mönche brauen und verabreichen auch einen entzündungshemmender Kräuterbalsam.

Der Antoniter-Orden ist ein christlicher Hospitalorden, 1095 als Laienbruderschaft in St.-Didier-la-Mothe/Südostfrankreich gegründet, benannt nach Antonius dem Großen (um 251–356), dem ersten christlichen Mönch. Aufgabe: Pflege und Behandlung am Antoniusfeuer Erkrankter, einer im Mittelalter in Europa weit verbreiteten Krankheit.
Im 15. Jahrhundert unterhalten die Antoniter annähernd 370 Spitale in ganz Europa.
1597, mit Entdeckung des Zusammenhangs zwischen Mutterkornpilz und Antoniusfeuer, sinkt die Zahl der Erkrankungen merklich und geht die Bedeutung des Ordens stark zurück. 1777 inkorporiert der Papst ihre letzten Klöster in den Malteserorden.
1852 siedelt der Isenheimer Altar in die Kirche Unterlinden um und wird zum berühmtesten Werk des Museums.
Seine größte Nachwirkung entfaltet der Altar in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1917 bringen die Deutschen den Altar aus „Sicherheitsgründen“ nach München, und zeigen ihn bis zum 27. September 1919 in der Alten Pinakothek mit überwältigendern Erfolg; der Altar wird zum Sinnbild der deutschen Kriegserfahrung.
Thomas Mann notiert: „Starker Eindruck. Die Farben-Festivität der Madonnenscene geht mir in süßem Geschiller fast etwas zu weit. Das groteske Elend der Kreuzigung wirkt als mächtiger Kontrast. Flaubert-Reminiszenz vor der Antonius-Szene. Im Ganzen gehören die Bilder zum Stärksten, was mir je vor Augen gekommen.“ Der Transport zurück nach Colmar wird visueller Ausdruck der Verluste durch den Versailler Vertrag.