1980, ALL'ESTERO, fährt Sebald nach Wien, in der Hoffnung, über eine besonders ungute Zeit hinwegzukommen.
Endlose Wege legt er zurück, Mathild Seelos, den Dorfschmied Fürgut und sogar Dante trifft er, und
sicher besucht er das Josephinum im 9. Wiener Bezirk, wo früher die Medizinisch-Chirurgische Militärakademie war
und heute sich das Institut für die Geschichte der Medizin befindet.
Bekannt sind die anatomischen Wachspräparate in den Rosenholz- und Palisandervitrinen hinter venezianischem Glas.
Wie groß die Aufklärung in Wien ist, sieht man hier besonders, da eine Menge Frauenzimmer herkommen, um Anatomie zu
studieren, und ohne Erröthen vor allen Präparaten stehen bleiben. Ich bin wenigstens kleinstädtisch genug, um nicht begreifen
zu können, wie eine Mannsperson das Herz hat, ein Frauenzimmer hierher zu bringen, und dieses hier einen Augenblick verweilen kann.
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