Chemnitzer Kulturpalast Hellenistisch-sowjetisches Nationaltheater oder Fitzcarraldos Traum heute oder DDR-Fernsehstudio hinter Stacheldraht |
Wer im Südwesten von Chemnitz im Stadtteil Rabenstein die gleichnamige Burg oder das gleichnamige DRK-Krankenhaus, die gleichnamigen Felsendome oder den gleichnamigen Eisenbahnviadukt sucht, wer am Pelzmühlenteich oder Stausee Oberrabenstein spazieren geht, stößt unweigerlich auf ein Objekt, das an |
So sieht Fitzcarraldos
Traum heute aus. Er, der Exzentriker aus Werner Herzogs Kultfilm, steht 2001 in der F.A.Z. zu lesen, hätte seine
Freude gehabt an diesem Bau, dessen Dekor und Dimension an die Nationaltheater des 19. Jahrhunderts erinnern.
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Bis 1945 existiert hier das Ausflugsrestaurant "Pelzmühle" mit Wasserspielen, Tiergehegen,
einem Teich mit Gondelbetrieb, sogar
ein kleines Dampfschiff zieht seine Runden.
Noch ahnt keiner, welchen Auftrag die Offiziere mit sich tragen. Nur ausgewählte Geologen,
im Gefolge der Roten Armee kennen den Stoff, den sie suchen: Uran für die russische Atombombe.
Die sowjetischen Forscher arbeiten fieberhaft daran, das US-Kernwaffenmonopol
zu brechen [köstlich geschildert im absolut lesenswerten "Hundertjährigen, der aus dem
Fesnster stieg..."]. Aber Uran fehlt, im eigenen Land nicht zu finden.
Im Erzgebirge wird es bereits vor dem Krieg
in kleinen Mengen abgebaut, u.a. für medizinische
Zwecke, das haben russische Geheimdienste in Erfahrung gebracht, und das macht das Erzgebirge
zum Strategischen Ziel Nummer Eins.
1947 haben die Sowjets in Moskau die Sowjetische, später Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft
Wismut gegründet.
Die Schaltzentrale des Bergbauunternehmens errichtet die Besatzungsmacht im Dreieck
Siegmar, Rabenstein und Reichenbrand, Chemnitzer Ortsteile.
Zur Verschleierung nennt man den Betrieb harmlos "Wismut" - ein chemisches
Element der Ordnungszahl 83 aus der Stickstoffgruppe mit äußerst geringer
Radioaktivität, für den praktischen Gebrauch ohne Bedeutung.
Der Prachtbau beherbergt ein großes Foyer, einen umfangreichen Theatersaal mit ca. 1.000 Plätzen für Varieté, Konzert und politische Inszenierungen, weiter den Rosettensaal, einen Tanzsaal, daneben Räume für Bildung und Unterhaltung: Bibliothek, Musik-, Billard- und Kinderzimmer, Restaurant, Café und Bar auf der Empore des Rosettensaals. Die Architektur des stalinistischen Neoklassizismus und die prunkvolle Inneneinrichtung mit Säulen, Lüstern und kunstvollen Treppengeländern kontrastieren mit den Ruinen im fast völlig zerstörten Chemnitzer Zentrum. Von Volksvergnügen bis zu Theater-Hochkultur reicht ein in der Region konkurrenzloses Programm.
Gegenüber entsteht das Haus für Körperkultur (HfK) mit Schwimm- und Sporthalle, alles umgeben
von umfangreichen Parkanlagen mit Wasserspielen, Pergolen und Pavillons.
Dazwischen sprudelt der große, nachts beleuchtete Springbrunnen.
Namenlose Frauen, deren Männer im Krieg gefallen oder noch
in Kriegsgefangenschaft sind oder schon unter Tage für die Wismut schuften,
errichten den Palast, den die Bergleute mitfinanzieren müssen: sie fahren
unbezahlte Sonderschichten oder erbringen Eigenleistungen.
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Was die grau-tristen Fassaden des real existierenden
Sozialismus' nicht ahnen lassen, in Ulbrichts und Honeckers Stasiland war privates Vergnügen der breiten Bevölkerung lebendig und vielfälig,
vom Staat großzügig mit gestützten Gaststätten- und Eintrittspreisen gefördert, um damit gegen Platzangst
im eingemauerten Land und wachsenden Unmut über Mangelwirtschaft anzugehen.
Die Kneipen sind voll, es darf gefeiert werden, dass das Ganze unpolitisch bleibt, dafür sorgen die IM's der Stasi. Ab Mitte der 80er Jahre
wird der Niedergang der sozialistischen Planwirtschaft auch im “Kultur- und Saufsektor” deutlich, eine Einrichtung nach der anderen
bricht marode zusammen.
Das DDR-Fernsehen zieht ein, erweitert den Palast an der Rückseite,
ein Teil der Inneneinrichtung weicht Aufnahmestudios, das
ganze Gelände umschließt ein hoher Stacheldrahtzaun, es gleicht nun eher
einer Stasizentrale als einem Kulturpalast.
Die friedliche Revolution übersteht der Fernsehstudio-Palast unbeschadet. Ab Ende 1990 sendet das Fernsehen der DDR nicht mehr, 1991 übernimmt der MDR das Studio Chemnitz, 2000 zieht er aus, seitdem steht der Palast leer, verfällt, ist Anziehungspunkt für Vandalen. |
Gespenstig muten die leeren Hüllen des monumentalen Gebäudes in dem verwahrlosten Umfeld an. Trotz seines Zustandes stellt es eine Sehenswürdigkeit der besonderen Art dar, Zeitzeuge der Nachkriegsgeschichte Sachsens. Viele Einheimische haben dort so manche schöne Stunde im Kulturzentrum erlebt, Fremde staunen.
Im "Haus für Körperkultur" haben fast alle Kinder der umliegenden Stadtteile und Gemeinden
über Jahrzehnte das Schwimmen erlernt. “HfK” war regelmäßiges Ziel,
privat oder in Vereinen zum Hallen- oder Schwimmsport. Der Wasserrettungsdienst
bildete hier seine Kräfte aus...
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2. admiral übrigens wohnte ab 1992, als er sich in die Neuen Bundesländer abordnen ließ, im heutigen DRK-Schwesternhaus, damals
hinter dem MDR. Aber das ist wieder eine andere Sernschnuppe ...
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