Wo schlägt, wo schlägt denn Deutschlands Herz?
Wo lebt sein bestes Leben?
O schau' nicht meer-, nicht alpenwärts,
Schau' in die Mitten eben,
Wo zwischen Harz und Werrastrand
Mein Eichsfeld ruht, mein Heimatland!
(aus dem Eichsfeldlied)
Geteilt, katholisch, Mittelpunkt Deutschlands
Sagen Sie nie "im Eichsfeld", das verrät den Ignoranten! Kenner sagen "auf dem Eiksfeld".
Wo aber liegt das Feld, von dem Theodor Storm so schwärmt? Der Schriftsteller,
von 1856 bis 1864 Kreisrichter in Mühlhausen, schreibt über das Eichsfeld: Ich weiß nicht, dass ich jemals von der zauberhaften
Schönheit eines Erdenfleckens so innerlichst berührt worden wäre.
Besagtes Feld - das nördlichste Tabakanbaugebiet Deutschlands - ist die geographische Mitte Deutschlands, was dafür gesprochen hätte,
Mühlhausen zur Hauptstadt Deutschlands zu machen.
Mühlhausen nämlich liegt nur etwa 5 km nördlich von Deutschlands Mittelpunkt, dort, wo auf dem
Eiksfeld am Mittelpunktstein die Kaiserlinde auf 51°09'48'' N und 010°26'52'' E ihre Wurzeln schlägt.
Das Eichsfeld ist ein Plateau von etwa 1.540 km² Fläche, ca. 450 m hoch zwischen der Helme und Rhume im Norden,
der Werra im Westen und Südwesten und es umfasst die Quellgebiete der Unstrut, Wipper und Leine.
Südlich liegt das größere Obereichsfeld, eine raue Hochfläche, die nach der Werra und Leine mit steilem,
zerrissenen Rand abfällt, in der Goburg 566 Meter erreicht.
Die Tradition gliedert das Eichsfeld in Ober- und Untereichsfeld. Es verteilt sich auf die drei Bundesländer Hessen,
Niedersachsen und Thüringen. Das Obereichsfeld liegt nicht etwa oben und das Untereichsfeld unten auf der Landkarte.
Die Bezeichnung betrifft die Höhenlage.
Zentrum des tiefer gelegenen Nordeichsfeldes ist Duderstadt, städtisches Herz des
höher gelegenen Südeichsfeldes schlägt im Heilbad Heiligenstadt. Im Untereichsfeld erheben sich einzelne Höhenzüge,
wie das Ohmgebirge, in der Wilden Kirche 523 Meter hoch.
Die Doppelstadt Leinefelde-Worbis liegt
auf der Grenze zwischen Nord- und Südeichsfeld.
Seine Insellage als ein Teil des Fürstbistums Mainz hat das Eichsfeld jahrhundertelang geprägt.
Auch nach der Reformation bleibt es fast ausschließlich katholisch, der gemeinsame Glaube und das Brauchtum
bilden die Grundlage seiner Identität. Als größte Region in der DDR mit mehrheitlich katholischer Bevölkerung
bleibt das kirchliche Leben im Obereichsfeld intakt, noch heute gehen hier mehr Menschen regelmäßig
in die Kirche als im Bundesdurchschnitt. Prozessionen und Wallfahrten sind zahlreich,
es gibt sogar Pferdewallfahrten, bei denen der Segen den Tieren gespendet wird.
Zum Jahresende beschreiten Einheimische und Touristen den Südeichsfelder Krippenweg:
Zehn Kirchengemeinden laden zur Besichtigung der Weihnachtskrippen in ihren Kirchen ein.
Eine Eichsfeld-Hymne gibt es selbstredend auch ...
Nur als 1524 der Bauernkrieg in Mühlhausen ausbricht und Heinrich Pfeiffer, Mitstreiter Thomas Müntzers,
gegen das Eichsfeld zieht, Klöster und adelige Höfe plündert und verbrennt, wenden sich viele Bewohner
dem Protestantismus zu. Ab 1575 aber führen die Jesuiten gnadenlos die Gegenreformation durch, innerhalb von 50 Jahren
ist das Eichsfeld bis auf wenige Dörfer zum katholischen Glauben zurückgezwungen.
Als eine der schönsten Fachwerkstädte Deutschlands gilt Duderstadt.
Architektonisches Prunkstück ist das Rathaus, von drei Turmspitzen gekrönt und Harmonie
aus Gotik und Renaissance.
Die Drehung der Turmspitze des Westerturms, markantes Wahrzeichen Duderstadts,
hat der Teufel zu verantworten. Sein Baumeister, in Zeitnot geraten,
schließt, um sein Werk pünktlich übergeben zu können, einen Pakt mit dem Teufel: dieser soll
für ihn den Turm vollenden - Zug um Zug gegen die Seele des Architekten.
Als der Baumeister Erfüllung verweigert, schwingt der Teufel sich in wildem Zorn um die Turmspitze.
Und seither sind deren Balken verbogen.
Durch seine günstige Lage an der Kreuzung zweier Handelsstraßen, nämlich der „Nürnberger Straße“ von Italien zu den Hansestädten
Nordeuropas sowie der West-Ost-Verbindung vom belgischen Raum über Köln und Leipzig nach Osteuropa, wird
Duderstadt im Spätmittelalter zu einem wohlhabenden Ort. 450 Jahre gehört die Stadt den Mainzer Fürstbischöfen,
mit etwa 4000 Einwohnern damals fast so groß wie Hamburg.
Parallel zum Niedergang der Hanse im 15. Jahrhundert und durch Verlagerung der Handelsstraßen
stagniert Duderstadt, der wirtschaftliche Abschwung beginnt.
Seit 1450 nimmt die Einwohnerzahl spürbar ab. Dennoch baut Duderstadt einen neuen Befestigungsring und Kirchen.
Seitdem verändert es sich kaum, bis heute bleibt das mittelalterliche Stadtbild aus Fachwerk erhalten,
in dieser Geschlossenheit nur noch selten zu finden.
Erwähnenswerte Besonderheit:
Beim Besuch der Fachwerkhäuser von Duderstadt stören keine hohen Bordsteinkanten, Rollstuhlfahrer rollen
problemlos über die Pflasterung der Stadt zu jedem Platz, den sie besichtigen möchten.
Diaschau
Heiligenstadt liegt an der Deutschen Märchenstraße im Obereichsfeld an der Leine, die in die Aller mündet und in die mitten
in der Stadt die Geislede mündet.
Der Hausberg Heiligenstadts, der 453m hohe Iberg gibt dem jährlich stattfindenden Ibergautorennen seinen Namen.
Wegen des 1929 errichteten Kneippbads trägt die Stadt seit 1950 den Titel 'Heilbad'.
1994 wird Heilbad Heiligenstadt Kreisstadt des Landkreises Eichsfeld, die aus der Fusion der Kreise Heiligenstadt und Worbis hervorgehen.
Wie das ganze Eichsfeld ist auch Heiligenstadt katholisch geprägt.
1571 führen Jesuiten die "Leidensgeräte des Herrn" bei der Fronleichnamsprozession mit, was dafür sorgen soll,
"dass die Bittgänge oder Prozession fürderhin mit größerer Frömmigkeit und Glanz stattfinden".
Seither tragen am Palmsonntag Männer sechs schwere, überlebensgroßen Figuren durch die Innenstadt von Heiligenstadt, begleitet von tausend Katholiken, bundesweiter Anziehungspunkt.
Juden in der Stadt sind seit 1212 Verfolgung und Pogromen ausgesetzt, ihre 1873 eingeweihte Synagoge schänden 1938 Heiligenstädter
Nazis.
Freitags und sonntags hält der IC Frankfurt/M. - Leipzig hier, im Geburtsort von Tilman Riemenschneider.
Der Kurpark ist nach Heinrich Heine benannt, weil er sich hier taufen lässt und der Anwesenheit der Brüder Grimm verdankt die Stadt
ihre Aufnahme in die Märchenstraße, der die Kinder eine Traumwelt verdanken. Im Märchenpark
sind die gesammelten Märchen der Brüder ausgestellt.
Auch Thomas Müntzer war hier. 1525 kommt er mit seinem Bauernheer nach Heiligenstadt.
Der Rat der Stadt beugt sich dem Druck: Er schafft alle Vorrechte der Stiftsherrschaft ab.
Nach Müntzers Predigt stürmen die aufgebrachten Bürger die Stiftshäuser
und vernichten die Privilegienbriefe. Die Bürger der Stadt versorgen die aufständischen Bauern mit Proviant,
bevor diese in Richtung Duderstadt weiterziehen.
Wer sich für Phanerogamen, Gefäß-Kryptogamen und Laubmoose interessiert, die bei Heiligenstadt zu beobachten sind, kann
bei Friedrich Wilhelm Grimme nachlesen...
Das "Heiligenstädter Testament" verfasst Beethoven 1802 übrigens nicht in Heilbad Heiligenstadt, sondern in Heiligenstadt bei Wien,
wo es eine mineralhaltige Quelle gibt, die ihm Heilung seiner fortschreitenden Otosklerose verschaffen sollte...
Und sonst?
Da ist die Rhumequelle.
Die Rhume entspringt im östlichen Teil des Höhenzugs Rotenberg nahe Rhumspringe,
neben Aach- und Blautopf eine der stärksten Quellen Deutschlands.
Jeder Einwohner Deutschlands könnte theoretisch täglich über zwei Liter Wasser aus ihr erhalten mit einer
ganzjährig konstanten Temperatur von 8 bis 9 °C, daher friert der Quellsee im Winter nie ein.
Das Wasser stammt nur zu 4 % aus oberirdischem Einzugsgebiet, der Rest aus unterirdischen Zuflüssen
des Südharzer Gipskarstgebiets, in dessen Hohlräumen ein Teil der wasserreichen Harzflüsse Oder und Sieber versickert.
Da ist weiter das Benediktinerkloster Gerode
Weitab von jeder Alltagshektik, ohne Telefon und Fernseher, genießt der Kurgast Ruhe in
der fast zehn Hektar großen Anlage mit uraltem Baumbestand und bezauberndem Kräutergarten. Mithilfe im Haus oder Garten,
regelmäßige Yoga-Stunde und gemeinsame stille Einstimmungen sind wichtige Bestandteile des Klosterlebens.
Da ist die Doppelstadt Leinefelde-Worbis
wo Leine und Wipper entspringen. Die Wipper entwässert in die Elbe, die Leine in die Weser.
Leinequelle
Wipperquelle
In Worbis
haben es Bären besonders gut. Oberstes Ziel des Alternativen Bärenparks ist, Tiere wildlebender Arten naturgemäß
und seltene Haustierrassen zu erhalten. Die Bären und Wölfe stammen aus vormals oft tierquälerischen Haltungen,
z. B. zu kleinen Zwingern oder Zirkussen. Man trifft auch die Thüringer Waldziege, das Leineschaf, Rosenköpfchen,
Nymphen- und Wellensittiche.
Der Bärenlehrpfad informiert über die Lebensweise und Missbräuche von Bären weltweit.
Der "Eichsfeldplan" der SED verfolgte das Ziel, bestehende Strukturen aus Landwirtschaft, Kleinhandwerk und
katholischem Glauben zu zerstören, Leinefelde soll zum industriellen Zentrum des Obereichsfelds ausgebaut und die
Gesellschaft durch Ansiedlung von Arbeitern aus anderen Teilen der DDR „sozialistischer“ werden.
In der 1961 errichteten Baumwollspinnerei sind 4.500 beschäftigt, weite Plattenbaugebiete folgen. Zur Wendezeit
hat Leinefelde 16.500 Einwohner, 2004 wird es mit Worbis zusammengelegt.
Stadtumbau heißt seitdem die Devise. Von Maßnahme zu Maßnahme wird man mutiger,
bei den ersten Abrissen herrscht Unverständnis und Entsetzen. Die neu geschaffene Lebensqualität aber ist unübersehbar:
mehr Grün, Stellplätze und Spielmöglichkeiten, Skepsis weicht der Neugierde und Ablehnung dem Wunsch,
teilhaben können, eine Erfolgsgeschichte in Leinefelde. Dennoch sind die Bevölkerungszahlen stark rückläufig.
Worbis liegt an der Deutschen Fachwerkstraße.
Dann ist da der Kerbsche Berg in Dingelstädt
Das Franziskanerkloster gibt es nicht mehr, dafür ein Familienzentrum und ein
Landschaftsschutzgebiet, umgeben von etwa 200 fast 300 Jahren alten Linden und einem Kreuzweg aus Sandstein.
Schließlich ist da das „Auge des Eichsfeldes"
So wird der Seeburger See in Niedersachsen genannt, 15 Kilometer östlich von Göttingen, durch den die Aue fließt.
Und endlich sind da "Arme Ritter"
eine Spezialität zum Essen aus dem Eichsfeld. Und die gehen so:
Man nehme
- 6 mittelgroße, mehlig kochende Kartoffeln oder Reste vom Kartoffelpüree
- 1 bis 2 Eier
- Salz
- Muskat
- 2 Eßl. Mehl
Kartoffeln schälen, weichkochen, abschütten, zerstampfen und abkühlen lassen.
Das Kartoffelpüree mit den Eiern vermengen, das Mehl hinzugeben, mit Salz und Muskat würzen und zu einem
festen Teig kneten.
Zu dem Teig je nach Geschmack eine kleingeschnittene mittelgroße Zwiebel und etwas gehackte Petersilie geben.
Ca. 10 cm große, fingerdicke Plätzchen formen, diese in einer Pfanne in heißem Fett von beiden Seiten goldbraun
braten.
Guten Appetit!