Diomedes-Inseln

Wenn es auf der großen Insel am 1. Januar 2018 12 Uhr ist, zeigt der Kalender der kleinen, nur knapp 4 km entfernten Insel als Datum den 31. Dezember 2017 und es ist 15 Uhr. Wer um diese Zeit mit einem Schneemobil in 20 Minuten von der zu den USA gehörenden Kleinen Diomedes-Insel nach Westen über das Eis der gefrorenen Beringsee, über die russische und über die Datums-Grenze fährt, kommt auf der Großen Dieomedes-Insel 12-20h an, aber am 1. Januar 2018. Er ist in der knappen halben Stunde um 1 Jahr gealtert, vom Gestern ins Heute gereist und hat unterwegs vielleicht ein paar Eisbären getroffen. Auf der großen (Ratmanow-) Insel kontrollieren ihn russische Soldaten.

Am 16. August feiern die orthodoxen und katholischen Kirchen den Hl. Diomedes als Märtyrer. An eben diesem Tag im Jahr 1728 entdeckt Vitus Bering während seiner Ersten Kamtschatka-Expedition (dänischer Seefahrer in russischen Diensten ) unsere Inseln und benennt sie nach dem Heiligen.

Während des Kalten Kriegs heißt die Grenze dort zwischen der Sowjetunion und den USA Ice Curtain („Eis-Vorhang“).

1987 schwimmt Lynne Cox von der Kleinen zur Großen Diomedes-Insel. Sie erzählt:
Der Tag, auf den ich elf Jahre hingearbeitet hatte, begann mit einem Schock: Wo war meine Crew? Wir wollten um acht Uhr morgens los, die Presse war pünktlich da gewesen, die Ärzte auch, ich war startklar - nur die Einheimischen, die mich in zwei Booten auf die sowjetische Seite begleiten sollten, fehlten immer noch. Die Inuit hatten die Nacht gefeiert, verständlich, denn an diesem 7. August 1987 würden die Bootsbesatzungen ihre Verwandten am anderen Ufer wiedersehen. 48 Jahre, nachdem Sowjets und die USA die Beringstraße abgeriegelt und viele Familien auseinandergerissen hatten. Aber warum mussten sie ausgerechnet an diesem wichtigen Tag zu spät sein?

Schon als ich das Beringmeer vor mir gesehen hatte, war ich heftig erschrocken. Es war rauer als jeder Ozean, den ich je gesehen hatte. Rauer als alles, was ich mir in meinen schlimmsten Alpträumen vorgestellt hatte. Die sowjetische Insel Big Diomede konnte ich vom Ufer aus sehen: ein schneebedeckter Vulkankegel, der sich majestätisch aus dem Beringmeer erhob. Plötzlich tauchte das nächste Problem auf: dichter Nebel. Das andere Ufer verschwand, die Sichtweite fiel auf hundert Meter.

Meine Crew kannte sich in sowjetischen Gewässern nicht aus, sie kannte die Strömungen zwischen den Inseln nicht. Da drüben, auf der anderen Uferseite, sollten wir die Sowjets treffen - aber jetzt konnten wir sie nicht sehen und sie konnten uns in dem Nebel nicht finden. Die Strömungen waren unberechenbar - wenn wir nicht aufpassen würden, könnten wir das Ufer verfehlen und in der Tschuktschensee landen. Ich fühlte das Wasser mit den Füßen und dachte: Oh mein Gott, das ist ja flüssiges Eis!

Das Schwimmen über die Beringstraße zwischen Alaska und der Sowjetunion war eine der größten Herausforderungen meines Lebens.


Michail Gorbatschow und Ronald Reagan beglückwünschen die kühne Schwimmerin.

2012 folgt ihr der vierfach amputierte Franzose Philippe Croizon, 44, ohne Arme ohne Beine. Croizon, der speziell angefertigte Prothesen mit Schwimmflossen sowie einen Neoprenanzug benutzt, braucht für die knapp vier Kilometer rund eine Stunde und 20 Minuten.
Croizon:
Es war die härteste Prüfung meines Lebens. So wie Meerengen die Kontinente verbinden, habe er die Menschen zusammenbringen wollen – und er habe bewiesen, dass es zwischen Menschen mit und ohne Behinderung keinen Unterschied geben müsse. Es spielt keine Rolle.

Die Inselgruppe in der Mitte der Beringstraße besteht aus der westlichen Ratmanow-Insel (auch Große Diomedes-Insel, Big Diomede, russsich) und der östlich gelegenen Kleinen Diomedes-Insel (oder Little Diomede, US-amerikanisch). Ihre Küsten sind stark zerklüftet, mit steil zum Meer abfallenden Felsen, während die im Inneren der Inseln gelegenen Plateaus relativ flach sind.

















Die Sowjets vertreiben die Ureinwohner Ratmanows (etwa 400) aufs Festland und errichten eine Militärbasis, Wetter- und Polarforschungsstation, die Ostspitze der Insel ist der östlichste Punkt Russlands.

Die Kleine Diomedes-Insel gehört zum Us-Bundesstaat Alaska, 2010 leben hier 115 Menschen, hauptsächlich indigene Einwohner der Iñupiat. Zwei Mal im Jahr laufen Kreuzfahrtschiffe die Insel an.

Einziger Zugang zur Insel ermöglicht ein Hubschrauberlandeplatz, und im Winter, wenn die Beringstraße zufriert, eine Landepiste auf dem Eis. Die Insel selbst erschließen Fußwege und Holzstege. Es gib eine Schule mit Bücherei, eine Kirche, eine kleine Klinik, ein öffentliches Waschhaus. Die Stromversorgung stellt ein Dieselgenerator sicher. Ein Wassertank dient zur Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser. Eine geregelte Entsorgung existiert nicht.







Ein ehemaliger russischer Grenzsoldat, seit 1995 für zwei Jahre im Dienst, erzählt:

Man befindet sich in einer Zeitmaschine. Wir beobachteten im jetzigen Moment, was gestern passiert. Sich frei zwischen den beiden Inseln zu bewegen, steht nur dem indigenen Volk, den Eskimos, zu, um ihre Verwandten besuchen zu können, auch wenn auf der russischen Insel schon lange keine einheimischen Staatsbürger mehr leben.

Man munkelt, dass, nachdem die Eskimos die Insel bereits verlassen hatten, ein örtlicher Schamane dorthin kam und sie verfluchte. Seitdem kommen aus diesem Grund dort scheinbar immer wieder Menschen ums Leben.

Das Inselleben ist hart, neun Monate herrscht dort Winter mit eisiger Kälte, Frost und starken Windböen. 300 Tage umgibt die Insel ein dichter Nebel, weshalb Hubschrauber nur selten dorthin fliegen, einmal in zwei bis vier Monaten, um Nahrungsmittel und die Post zu bringen. Die Soljanka-Suppe wird für gewöhnlich in einem Tankfahrzeug gebracht.

Man wird von all dem Weiß ganz müde, überall liegt Schnee, wohin das Auge reicht. Zu meiner Zeit gab es nur abgetragene Kleidung und Schuhe sowie dürftige Nahrungsmittelrationen – ich hatte immer ein leichtes Hungergefühl. Allein um das Essen zu kochen oder sich zu waschen, musste man tonnenweise Schnee schmelzen. Es gab kein Fernsehen, keine Zeitungen, kein Telefon. Ständig muss man etwas im Haushalt machen, seinen Dienst in der Dienstkleidung absolvieren, und in die Sauna konnte man einmal pro Woche. Auch die Vorgesetztenwillkür hatte niemand abgeschafft.

Heute hat sich vieles zum Besseren verändert. In der Militärtruppe dienen nur die, die einen Vertrag haben. Es gibt in Flaschen abgefülltes Wasser, einen Fernseher, ein Telefon und andere „Güter der Zivilisation“.

Ich habe es übrigens nie bereut, dass ich dorthin versetzt wurde. Ich hatte Glück. Wo sonst hätte ich in meinem Leben Hundeschlitten sehen können, oder Rentiere sowie tausende von Vögeln auf hohen Felsen, Kraniche, die im Frühling nach Eurasien fliegen, und im Herbst in die USA zurückkehren, Rauchschwalben, die Jagd auf Walrösser machen, Wale, Polarfüchse und Polarbären? Hier ist die Natur noch ganz wild, alles ganz echt. Und die Seeschiffe. Im Winter – die Polarlichter, im Herbst – die weißen Nächte. Auch auf Kamtschatka war ich mal. Ich habe Russland gesehen, als ich mit dem Zug von Ufa nach Chabarowsk fuhr. Es ist ein besonderer Ort, wo sich viele Dinge überschneiden. Auch ich bin ein anderer geworden.



















Die Diomedes-Inseln in der Beringstraße sind nicht die einzigen, die diesen Namen tragen.

Da sind noch die die Tremiti-Inseln, vor der Küste Apuliens, 12 sm nördlich der Gargano-Halbinsel (siehe das Fundstück Tremitis ).
Und da sind weiter die Palagruza-Inseln, im Jahr 1947 von Italien an Jugoslawien abgetreten, heute eine eine zu Kroatien gehörende unbewohnte kleine Inselgruppe mitten in der Adria, ein Naturreservat und die vom Festland am weitesten entfernten adriatischen Inseln, 124 km südlich von Split. Seit 1875 befindet sich auf dem 90 m hohen Berg der Hauptinsel ein wichtiger bemannter Leuchtturm.